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Harald Martenstein hat eine Idee, wie sich die Krisen in Europa mehr oder weniger elegant lösen ließen.

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Wettstreit der Systeme: Die Griechen zu Russland, die Ukraine nach Europa

Wie wäre es, wenn die EU und Russland sich auf einen Tausch verständigen? Zwei europäische Krisen - in Griechenland und der Ukraine - wären damit auf einen Schlag gelöst. Oder? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Harald Martenstein

Juden müssen in Deutschland keine Steuern zahlen. Unser Land ist Opfer einer internationalen Verschwörung. Wir brauchen ein nationales Erwachen. Dieser Sound stammt nicht von der AfD oder Pegida, sondern von Panos Kammenos, dem zweiten Mann in der neuen griechischen Regierung. Selbstverständlich bezog sich bei ihm der Vorwurf, die Juden hätten beim Steuerzahlen Sonderkonditionen, auf Griechenland. Mit antijüdischen Ressentiments machen sie Wahlkampf, gleichzeitig behaupten sie, in Deutschland herrsche das Vierte Reich. Mit Kammenos und seiner Partei Anel ziehen Antisemitismus und ein dümmlicher Nationalismus in die Regierung eines EU-Landes ein. Ich finde das ein wenig beunruhigend. Die Linkspartei schickt Solidaritätsadressen. Der Vorsitzende Riexinger hat die neue Regierung „ein Hoffnungszeichen für einen Neuanfang in Europa“ genannt. Fragt sich nur, welchen.

Niemand wirft Geld in ein Fass ohne Boden

Wenn ein Land durch ein System von Korruption, Schlamperei und maßlos aufgeblasenen Staatsausgaben in die Krise gerät, dann besteht vermutlich der erste Schritt zur Rettung darin, dieses System zu verändern. Das tut weh. Natürlich sind die Griechen in einer schlimmen Lage, aber in diese Lage hat sie nicht das Ausland gebracht, und auch nicht die Juden. Es waren die Regierungen, die sie gewählt haben, und Politiker, auf deren Sprüche sie immer wieder hereingefallen sind. Auch jetzt wieder. Die EU hat Griechenland mit weiteren Krediten geholfen, die allerdings an Bedingungen geknüpft waren. Niemand wirft Geld in ein Fass ohne Boden. Und die Regierungen der EU sind verpflichtet, sorgsam mit dem Geld ihrer Steuerzahler umzugehen. Nun heißt es, wir pfeifen auf eure Bedingungen, die alten Kredite wollen wir nicht zurückzahlen, und, ach ja, gebt uns neue Kredite. Ansonsten könnte es sein, dass wir uns an Putin wenden.

Da habe ich eine Idee. Wie wäre es, wenn die EU und Russland sich auf einen Tausch verständigen? Griechenland darf die EU verlassen und sich der eurasischen Wirtschaftszone von Wladimir Putin anschließen. Das würde ihn sicher freuen, auch die Linkspartei wäre entzückt. Im Gegenzug darf die EU die Ukraine aufnehmen und Putin zieht dort seine Truppen zurück. Der Tausch wäre fair. Griechenland ist kleiner als die Ukraine, liegt aber geopolitisch hoch attraktiv. Lage, Lage, Lage, das ist bei Immobilien immer das Wichtigste. Außerdem ist sogar Griechenland wirtschaftlich immer noch in besserem Zustand als die Ukraine nach einigen Jahren Postkommunismus. Zwei europäische Krisen wären mit einem Schlag gelöst, man könnte mit einem friedlichen Wettstreit der Systeme beginnen, und nach 20 Jahren dürften beide Völker noch einmal neu entscheiden, völlig frei.

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