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Verkehrsminister Volker Wissing bei der eilig einberufenen Pressekonferenz

© dpa/Britta Pedersen

Update

Grüne werfen Minister Gesetzesbruch vor: Wissing will Verbrenner-Aus auf EU-Ebene stoppen

Die FDP hat fünf Landtagswahlen in Folge verloren und will bei ihren Anhängern punkten. Verkehrsminister Volker Wissing versucht, das Aus für Verbrenner-Motoren in letzter Minute zu stoppen.

| Update:

Die Einladung ist eine Überraschung. Volker Wissings Ministerium verschickt sie um kurz vor 11 Uhr, drei Stunden später steht der FDP-Verkehrsminister vor der Pressewand.

„Wir brauchen eine Antwort auf die Frage, wie wir mit Verbrennermotoren nach 2035 umgehen“, sagt er. Nur mit synthetischen Kraftstoffen, also E-Fuels, könnten diese klimaneutral betankt werden. Volker Wissing kündigt damit eine Einigung mit der EU-Kommission auf. In letzter Minute.

Endgültig sollte das Abkommen am 7. März auf Ministerebene beschlossen werden, doch weil der geforderte Vorschlag ausblieb, will die FDP nun nicht mehr zustimmen. Weil auch andere Mitgliedsländer dagegen sind, zum Beispiel Italien und nach Tagesspiegel-Informationen auch Polen und Bulgarien, könnte das Abkommen nun noch gekippt werden.

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Die EU-Gesetzgeber hatten sich im Trilog-Verfahren Ende November auf ein faktisches Verbrenner-Verbot ab 2035 geeinigt. Eine Mehrheit der Mitgliedsländer, auch Deutschland, hatte dem Abkommen zugestimmt.

Die FDP hatte aber damals schon darauf gedrängt, Verbrennermotoren, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben würden, nicht von einer Neuzulassung auszuschließen. Im Papier wurde die EU-Kommission aufgefordert, dazu einen Vorschlag vorzulegen.

Das Abkommen könnte noch gekippt werden

Für die Grünen im Kabinett kam Wissings Vorstoß überraschend. Die Zustimmung zum EU-Abkommen sei mit den anderen Ressorts abgestimmt gewesen, sagte ein Sprecher des grün-geführten Umweltministeriums der dpa. 

Die Grünen warfen Wissing Gesetzesbruch vor. „Verkehrsminister Wissing rutscht immer tiefer in die Gesetzeswidrigkeit, wenn sein Ministerium nicht endlich ernsthaft an der Umsetzung der Klimagesetze arbeitet“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stefan Gelbhaar, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Gelbhaar kritisierte unter anderem die von Wissing angedrohte Ablehnung des in der EU geplanten Verbrenner-Aus' bei Autos ab 2035. „Ein Minister sollte die Beschlüsse sowohl der Bundesregierung als auch der EU-Institutionen ernst nehmen“, forderte der Grünen-Politiker.

Gelbhaar verwies nun darauf, dass es E-Fuels „jetzt und in absehbarer Zukunft nicht in ansatzweisen relevanten Mengen“ gebe.

Wir setzen uns dafür ein, dass auch nach 2035 Fahrzeuge neu zugelassen werden dürfen, die so CO₂-frei betrieben werden.

FDP-Chef Christian Lindner

Für die FDP wäre ein Verbrenner-Aus auf EU-Ebene innenpolitisch schwer kommunizierbar. Die Partei geht davon aus, dass ihre Anhänger dagegen sind. Die Liberalen haben fünf Landtagswahlen in Folge verloren, in manchen Umfragen liegen sie nur noch bei fünf Prozent.

Sie sind also in einem Dilemma. Die Ampel-Regierung ist für sie alternativlos, an Neuwahlen haben sie kein Interesse, zumal in einer Kriegssituation. Ihre Anhänger aber sind unglücklich mit der Ampel-Koalition.

Ihre Lösung: Mehr Autopartei wagen. Die Analyse der Parteiführung ist, dass die FDP in der Ampel-Koalition stärker sichtbar werden müsse, gleichzeitig wollen sie aber gut regieren. In welchem Ton man den Streit mit dem Koalitionspartner suchen sollte, ist auch in der Parteiführung umstritten. Immerhin kann man sich auf das Auto als Thema einigen.

Also verkünden sie an diesem Tag nicht nur stolz, dass sie auf EU-Ebene die Einigung zum Verbrenner-Aus doch aufkündigen wollen, sie verweisen auch darauf, dass dank einer Änderung in der Immissionsschutzverordnung nun E-Fuels in Deutschland „in Reinform“ getankt werden können.

„Wir setzen uns dafür ein, dass auch nach 2035 Fahrzeuge neu zugelassen werden dürfen, die so CO2-frei betrieben werden“, schrieb Parteichef Christian Lindner auf Twitter.

Es ist für die FDP ein kleiner Sieg, der größere soll offenbar auf EU-Ebene folgen. Wissing aber macht der Kommission ein Angebot: Sollte sie noch einen Vorschlag zur Verbrenner-Zulassung mit E-Fuels bis zur kommenden Woche vorlegen, könne man sich vorstellen, zuzustimmen.

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