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Jahrelang wurde das Bergwerk Gorleben instand gehalten. Ende September fiel es aus dem Verfahren der Endlagersuche.

© Kay Nietfeld/dpa

Wohin mit dem Atommüll?: Umweltministerium legt Bergwerk Gorleben endgültig still

Lange wurde um Gorleben als Standort für ein Endlager gekämpft. Das Bergwerk, extra für die Einlagerung des strahlenden Schrotts gebaut, wird nun zugeschüttet.

Wenn irgendein Ort in Deutschland für den Konflikt um die Atomkraft und für den Verbleib seiner Hinterlassenschaften stand, dann war es Gorleben, das Symbol eines gesellschaftlichen Großkonflikts. Jahrzehntelang wurde der Salzstock im Wendland ab 1977 für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle erkundet, Milliarden Euro wurden investiert. Und gerade Gorleben erfuhr den Widerstand der Anti-Atom-Bewegung, jeder Castor-Transport in das Zwischenlager des Standorts wurde massiv behindert. Wohl an keinem anderen Ort in der Bundesrepublik gab es derart starke zivile Gegenwehr.

Nun hat das Bundesumweltministerium (BMU) entschieden, dass das Bergwerk stillgelegt werden soll – es wird zugeschüttet. „Das Kapitel Endlager Gorleben wird ab dem heutigen Tag geschlossen. Ich hoffe, dass im Wendland nun die Wunden heilen können, die der jahrzehntelange Streit um Gorleben gerissen hat“, sagte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Freitag. „Aus diesem Konflikt hat die Politik für die Endlagersuche gelernt: Am Ende muss gut nachvollziehbar sein, aus welchen Gründen ein Standort gewählt wurde“, sagte Flasbarth weiter. „Ab heute gibt es keine Hintertür mehr für ein Endlager in Gorleben“, sagte Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) am Freitag.

Gorleben seit Herbst nicht mehr als Endlager-Standort im Rennen

Die Entscheidung kommt nicht unerwartet. Vor Jahren war die Endlagersuche neu aufgesetzt worden, gerade um den langen Streit um den Standort Gorleben zu beenden. Es galt die „weiße Landkarte“: Kein Ort in Deutschland sollte vom Verfahren ausgeschlossen sein, Salz-, Ton- und Granitgestein als geologische Formationen infrage kommen. Nie wieder sollte einem Standort der Verdacht des politischen Hinterzimmers anhängen.

Im vergangenen Herbst, als die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ihren ersten Zwischenbericht vorstellte, fiel der Salzstock aus dem Verfahren. „Gorleben ist nicht der bestmögliche Standort“, sagte Steffen Kanitz, einer der Geschäftsführer der BGE, im September 2020 in Berlin. Unter anderem weise der Salzstock ein nicht intaktes Deckgebirge auf, auch die Gewässerchemie spreche gegen den Standort. Damals betonte er auf Nachfrage, dass die Entscheidung rein wissenschaftlich erfolgt sei, es habe keinen politischen Druck gegeben.

„Unsere Kollegen haben hier im Sturm gestanden“

Nun freut sich die BGE über den Auftrag. „Damit findet ein Kapitel ein Ende, das auch für die Belegschaften unseres Vorgängerunternehmens schmerzhaft war. Unsere Kollegen haben hier genauso im Sturm gestanden, wie viele Akteurinnen und Akteure in der Region“, sagte Stefan Studt, ebenfalls Geschäftsführer der BGE. Das Unternehmen profitiere sowohl in den Bergwerken als auch in der Standortauswahl von Arbeiten, die hier gemacht worden sind.

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„Der Bau des Bergwerks selbst war ebenfalls anspruchsvoll“, sagte Studt. Teuer war er auch. Fast zwei Milliarden Euro sollen in das Bergwerk und die Erkundung des Standorts investiert worden sein. Nun soll die vormalige Investition mit der Salzhalde und teils mit Beton verfüllt, Schächte verschlossen, Elektroinstallationen entfernt und Gerätschaften abtransportiert werden. Studt sprach in Gorleben vom „Rückbau zur grünen Wiese“, der gut zehn Jahre dauern werde. Die Kosten hierfür lassen sich noch nicht abschätzen, werden aber aus jenem Fonds beglichen, der einst für die Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung der hochradioaktiven Abfälle eingerichtet wurde. Das Unterfangen in Gorleben bleibt also kostspielig.

BGE will Endlager-Region bis 2031 finden

Die BGE sucht derweil weiter nach einem Ort für das Endlager für die insgesamt 1900 Castoren und ihren hochradioaktiven Inhalt. „Das Endlager Gorleben ist Geschichte - die Aufgabe der Lösung der Endlagerfrage bleibt. Das letzte Kapitel des Ausstiegs aus der Hochrisikotechnologie muss noch gemeinsam geschrieben werden“, sagte Wolfram König, Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung.

90 Regionen und immerhin 54 Prozent des Bundesgebiets kommen dafür weiter in Betracht, so steht es im ersten Zwischenbericht der BGE, den ihre Geschäftsführer im September 2020 vorstellten. Die Schwierigkeit der kommenden Jahre liegt nun in ihrer Eingrenzung. Schon 2031 soll der Standort gefunden sein. Wo auch immer die Suche wieder konkret werden wird, sind neue Widerstände jedoch nicht unwahrscheinlich.

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