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Griechenlands Baneken haben wieder geöffnet. Doch wie groß ihre Kapitallücken wirklich sind, weiß aktuell niemand.

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Griechenland bekommt neue Bankenregeln: Worum es bei der Abstimmung in Athen geht

Noch ist unklar, wie viel Geld die Banken brauchen und ob ein Bail-In vom Tisch ist. Womöglich müssen sonst Gläubiger und Aktionäre zahlen.

Die Kontrolleure der Troika kehren nach Griechenland zurück, das haben die Geldgeber bei den Verhandlungen mit Regierungschef Alexis Tsipras durchgesetzt. Doch auch auf der Gläubiger-Seite versucht man es nun mit neuen Gesichtern. Wie der Internationale Währungsfonds (IWF) mitteilte, wird er seinen Verhandlungsführer Rishi Goyal durch die rumänische Wirtschaftswissenschaftlerin Delia Velculescu ersetzen. Währenddessen versucht Tsipras, die abtrünnigen Abgeordneten des Linksbündnisses Syriza zu überzeugen, Maßnahmen wie einer Regelung für die Abwicklung von maroden Banken zuzustimmen.

Nach einem Bericht der griechischen Zeitung „Kathimerini“ wurde der bisherige Verhandlungsführer Goyal wegen seiner kompromisslosen Haltung gegenüber der Regierung von Antonis Samaras ersetzt, die bis zu den Neuwahlen im vergangenen Januar im Amt gewesen war. Seit der Wahl von Tsipras am 25. Januar hatten sich die Vertreter der Gläubiger-Institutionen – also des IWF, der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des europäischen Krisenfonds ESM – kaum mehr in Athen aufgehalten, weil Tsipras bislang darauf bestand, dass die Gespräche zur Lösung der Schuldenkrise in Brüssel stattfinden sollen. Doch dies ändert sich nun nach dem Beschluss des Brüsseler Euro-Gipfels vom 13. Juli: Verhandlungsort ist nun wieder Athen.

Delia Velculescu bringt aufseiten des IWF Erfahrung im Umgang mit Euro-Krisenländern mit. Im Sommer 2009 – wenige Monate vor Beginn der Griechenland-Krise – arbeitete die Ökonomin an einer IWF-Analyse zur hellenischen Wirtschaft mit. Vor zwei Jahren war sie innerhalb der Geldgeber-Troika dann im Auftrag des Währungsfonds für die Verhandlungsführung über das Zypern-Hilfspaket zuständig. Seinerzeit wurde unter anderem ein sogenannter „Bail-in“ zur Sanierung des überdimensionierten zyprischen Bankensektors vereinbart, bei dem Guthaben über 100 000 Euro herangezogen wurden. So mancher mag diese Personalie auch als Zeichen für die Zukunft der griechischen Banken deuten.

Denn auch in Griechenland ist es grundsätzlich denkbar, dass Aktionäre und Gläubiger der Banken für die Sanierung der maroden Finanzinstitute in die Pflicht genommen werden. In der Nacht zum Donnerstag wollten die Parlamentarier unter anderem ein Gesetz zur Umsetzung einer EU-Bankenabwicklungsrichtlinie verabschieden, das einen derartigen „Bail-in“ zum Schutz der Steuerzahler laut EZB-Aussagen ab 2016 ermöglichen würde.

Wie es aktuell wirklich um die griechischen Banken steht, ist dabei nicht klar. „Bis zum Herbst wird es hoffentlich eine erste Erklärung geben, wie viel Kapital die griechischen Banken wirklich brauchen“, erklärt Manos Giakoumis, Chefanalyst der griechischen Wirtschaftswebseite „Macropolis“. „Dann wird zunächst versucht werden, private Investoren zu finden.“ In einer Entwicklung, die er als „Best case scenario“ beschreibt, hält Giakoumis es für realistisch, dass private Investoren eine Kapitallücke im einstelligen Milliardenbereich decken könnten – wenn zeitgleich positive Signale wie zum Beispiel eine Umschuldung auf der politischen Ebene beschlossen werden. „Das könnte Investoren anziehen“, sagt Giakoumis. Sollte die Lücke bei mehr als zehn Milliarden Euro liegen und sich die politische Lage nicht stabilisieren – wie zum Beispiel im Fall von Neuwahlen –, sieht die Lage womöglich anders aus. Dann, so Giakoumis, könnte es eventuell zu Zusammenlegungen von Banken oder auch zum „Bail-in“ kommen. „Noch wissen wir aber viel zu wenig, um darüber zu spekulieren“, sagt Giakoumis. Im dritten Kreditpaket der Gläubiger sind bis zu 25 Milliarden Euro für die Bankenrekapitalisierung reserviert. Diese sollen nach einem bisher noch recht vage gestalteten Plan später durch Erlöse eines neuen Privatisierungsfonds zurückgezahlt werden. Um die Liquidität der griechischen Banken zu erhöhen, stockte die EZB am Mittwoch laut Insidern die sogenannten Ela-Nothilfekredite um 900 Millionen Euro auf.

Tsipras appellierte unterdessen an den linken Syriza-Flügel, „die Wünsche und Hoffnungen“ der Gesellschaft zu akzeptieren. Erst wenn die Verhandlungen über das neue Programm abgeschlossen seien, könne die griechische Linke ihre Meinungsverschiedenheiten in den Parteigremien klären.

Doch auch auf der Seite der Geldgeber gibt es weiter Widersprüche. So ist absehbar, dass es in den kommenden Wochen weitere Diskussionen darüber geben wird, wie und in welchem Umfang der griechische Schuldenberg verringert werden kann: Der IWF will sich an einem dritten Hilfspaket nur beteiligen, wenn es Schuldenerleichterungen für Hellas gibt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will hingegen über solche Erleichterungen erst reden, wenn eine erste Bewertung der griechischen Reformbemühungen vorliegt – was im November der Fall sein könnte.

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