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Wulffs Aussage: Was ist eine geschäftliche Beziehung?

Hat der damalige Ministerpräsident Christian Wulff die ganze Wahrheit gesagt, als er trotz des Kreditvertrags mit dessen Ehefrau "geschäftliche Beziehungen" zum Unternehmer Egon Geerkens vor dem niedersächsischen Landtag verneinte?

Die ganze Wahrheit soll eine Regierung sagen, wenn das Parlament sie fragt. Am Mittwoch tauchte erneut die Frage auf, ob der damalige Ministerpräsident Christian Wulff dies tat, als er trotz des Kreditvertrags mit dessen Ehefrau „geschäftliche Beziehungen“ zum Unternehmer Egon Geerkens vor dem niedersächsischen Landtag verneinte. Wulffs Anwalt bestätigte, auch Egon Geerkens sei an den Absprachen zu Kreditformalitäten für den privaten Hauskauf beteiligt gewesen.

Wo also beginnt eine „geschäftliche Beziehung“? Folgt man der Argumentation des Wulff-Anwalts Lehr, so soll es dabei nur um den Abschluss des Kreditvertrags gehen. Weil der nur mit Frau Geerkens geschlossen wurde, nicht mit ihrem Mann, habe Wulff die Wahrheit gesagt. Aber sind geschäftliche Beziehungen nicht doch mehr als nur Vertragsabschlüsse? Müsste nicht auch die Anbahnung von Verträgen dazuzählen, Absprachen, die zum Geschäft führen? Die Grenzen sind fließend, zumal wenn es „unter Freunden“ geschäftlich wird. Andererseits hatten die Grünen im Landtag nicht nach konkreten Geschäften oder Verträgen gefragt, sondern, allgemeiner, nach „Beziehungen“. Die Frage, ob Wulff gemäß Niedersachsens Landesverfassung „nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig“ geantwortet hat, ist damit nach wie vor offen. Es wäre nach Ansicht des Landtags-Ältestenrats Sache des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs, sie im Rahmen eines möglichen Organstreits zu klären. Ein solches Verfahren könnte allerdings Monate dauern. Und bislang hat sich noch kein Antragsteller aus dem Parlament gefunden.

Auch ein Verstoß gegen das Ministergesetz des Landes ist noch nicht ausgeräumt. Mitglieder der Regierung dürfen danach „keine Belohnungen und Geschenke in Bezug auf ihr Amt annehmen“. Einen solchen „objektiven Verstoß“ hatte Wulff gestanden, als ihm eine Fluggesellschaft ein kostenloses „Upgrade“ in die Business- Klasse bescherte. Geschenke können nach einem Landes-Erlass aber auch „zinsgünstige Darlehen“ sein. Ob der Geerkens-Kredit dieses Merkmal erfüllt, kann man ebenso diskutieren wie die Frage, ob er dem Freund des Paares in Bezug auf sein Amt angeboten worden war. Die strengen Maßstäbe, die in vergleichbaren Fällen an einfache Beamte gelegt werden, sollen nach Auffassung der damaligen Landesregierung aber bei Ministern oder Ministerpräsidenten nicht gelten: Das Gesetz lege hier die Verantwortung für ein angemessenes Verhalten in die Hände der Regierungsmitglieder selber – „nämlich als politische Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und dem Wähler“.

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