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Brandenburg: Alter, Täter?

Mediziner der Charité bestimmen mit neuem Verfahren erstmals Strafmündigkeit auf ein Jahr genau

Mediziner der Charité bestimmen mit neuem Verfahren erstmals Strafmündigkeit auf ein Jahr genau Berlin - Für jugendliche Straftäter, die sich jünger machen wollen, als sie sind, wird es schwieriger – zumindest in Berlin. Denn erstmals kombinierten Berliner Rechtsmediziner diverse Untersuchungsmethoden und können so das Alter von Heranwachsenden mit einer Genauigkeit von plus/minus einem Jahr bestimmen. Bisher betrug diese Toleranz bis zu fünf Jahren, sagt Volkmar Schneider, Chef der Gerichtsmedizin am Berliner Klinikum Charité. Zwischen 50 und 70 Mal pro Jahr lassen die Berliner Ermittlungsbehörden das Alter von Jugendlichen an der Charité bestimmen. Die dortige Arbeitsgruppe zur Altersdiagnostik sei „die einzige in Berlin“, sagt deren Chef Andreas Schmeling. In diesem Jahr werde es mit über 70 zu begutachtenden Fällen einen neuen Rekord geben. „Es spricht sich herum, dass unsere Gutachten wissenschaftlich genau sind und deshalb vor Gericht Bestand haben“, sagt Schmeling. Eine solche Altersbestimmung sei vor allem bei ausländischen Jugendlichen nötig, die oft angeben, ihre Papiere verloren zu haben. Und das aus gutem Grunde: Nach deutschem Strafrecht sind Täter unter 14 Jahren nicht strafmündig. Heranwachsende bis 18 Jahre werden nach dem milderen Jugendstrafrecht belangt und bei Personen von 18 bis 21 Jahren haben Richter einen Ermessensspielraum, ob das Jugend- oder das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommt. Nach Angaben der Gerichtsmediziner der Charité gibt es verschiedene körperliche Marker für die Altersbestimmung. So entdeckte Schmelings Arbeitsgruppe, dass das Schlüsselbein nicht vor dem 21. Lebensjahr aufhört zu wachsen. Ein weiteres Merkmal sind laut Schmeling die Weisheitszähne. „Sind diese vollständig mineralisiert, dann ist der Proband mindestens 19 bis 20 Jahre alt“, sagt Schmeling. Am leichtesten sei die Bestimmung, ob ein Heranwachsender unter 14 Jahre alt ist. Unter 14 wachsen zum Beispiel die Handknochen noch. Außerdem kann man sich am Entwicklungsstadium der weiblichen Brust oder des Schamhaares orientieren, erklärte der Mediziner weiter. Die nun erreichte Bestimmungstoleranz von einem Jahr sei sehr gering, sagt Schmeling. „Viel genauer wird es nicht mehr“, glaubt er. Denn darunter beginnen individuelle Unterschiede in der körperlichen Entwicklung, die zum Beispiel abhängen von der Ernährung und dem sozialen Umfeld des Jugendlichen. Ingo Bach

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