zum Hauptinhalt
Baustelle in der Falkensee, auf der vier Container für geflüchtete Menschen gebaut werden.

© Silvia Passow

Angst ums Naturschutzgebiet?: Streit um Flüchtlingsunterkunft in Falkensee

Die Brandenburger Bürgerinitiative „Schützt den See“ sorgt sich um ein Naherholungsgebiet. Sie sieht es durch den Bau einer temporären Flüchtlingsunterkunft bedroht.

Von Silvia Passow

Die Menschen stehen schweigend um das mit Kerzen beleuchtete Baufeld herum, auf dem eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge entstehen soll. Viele halten beleuchtete Regenschirme in den Händen, dazu hatten die Initiatoren aufgerufen. Keine Reden, sondern eine stille Kunstaktion mit der Botschaft „Alle unter einen Schirm“. Für Kathleen Kunath von der Willkommensinitiative in Falkensee (Havelland) ist es wichtig, nicht gegen etwas zu sein, sondern für etwas. In diesem Fall für ein friedliches Zusammenleben, wie sie sagt.

Auf der anderen Straßenseite hat sich ebenfalls eine Gruppe versammelt, sie demonstriert gegen den Bau der Unterkunft. Mit einem Flyer hatte die neu gegründete Bürgerinitiative „Schützt den See“ dazu aufgerufen. Man befürchte Schaden für die Natur und eine Einschränkung des Nutzens als Naherholungsgebiet, heißt es.

Einige Teilnehmer haben Deutschland-Fahnen dabei. Mitglieder der Bürgerinitiative sind da, Anwohner, AfD-Politiker wie der Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré. Während einige der Demonstranten sich klar gegen die Anwesenheit von Menschen, die nicht in Deutschland geboren wurden, positionieren, äußern andere sich zurückhaltender, wollen nur keinen Flüchtlingscontainer an dieser Stelle, sagen sie.

Vier Container für 400 Menschen

Vier Container will der Landkreis Havelland hier, in der Spandauer Straße, ab Mitte Februar temporär aufstellen. Ende Mai soll die Anlage fertiggestellt sein. Bis zu 400 Geflüchtete, überwiegend junge Männer, sollen ab Juli 2024 in der Einrichtung eine Unterkunft finden. Gepachtet ist das Grundstück bis zum 31. Dezember 2027, der Vertrag kann maximal für drei Jahre verlängert werden. Die Spandauer Straße führt von Berlin-Spandau nach Falkensee, eine der am meist frequentierten Verkehrsadern in der 45.000 Einwohnerstadt.

Von Berlin kommend säumen erst Einfamilienhäuser, dann Geschosswohnungen die Straße. Nach dem Kreisverkehr wird die Bebauung linkerhand wieder kleiner, rechts öffnet sich der Blick, Grünland bis zu den Dünen am See. Neuer See und Falkenhagener See sind Naherholungsgebiete der Falkenseer. Etwa 400 Meter Luftlinie trennen die Grundstücksgrenze vom Landschaftsschutzgebiet.

Die Demonstranten sagen, man hätte sie nicht vorher informiert. Im Frühjahr 2023 wurde dem Landkreis, auf seine Anfrage zu geeigneten Grundstücken, das besagte Areal, ein Privatgrundstück, von der Stadt vermittelt. Im Mai wurde daraufhin die lokale Presse informiert. Im Herbst erfolgte die Ausschreibung, im Dezember die Vergabe. Die Planung einer Gemeinschaftsunterkunft war auch seit Mai immer wieder Thema in den sozialen Medien. Unbekannt war die Planung also keineswegs.

Landkreis organisiert Gesprächsrunden

Dennoch wird dies nun zum Thema, man vermisse die Bürgerbeteiligung, sagen die Anwohner. Diese sei aber, laut Landkreis, in diesem Fall gar nicht vorgesehen. Der Landkreis muss den Weisungen des Landes folgen. Um die Anwohner mit ihren Sorgen und Ängsten nicht allein zu lassen, organisierte der Landkreis gleich für den Abend nach der Demonstration eine Gesprächsrunde mit Anwohnern. Neben Vertreter des Landkreises war auch der erst im November ins Amt gekommene Bürgermeister Heiko Richter (parteilos) dabei. Er könne recht wenig dazu sagen, die Stadt habe bei Fragen der Flüchtlingsunterkunft nicht viel Mitsprache.

Zu Wort kommen nun die Anwohner, die sich laut ihrem Demonstrationsaufruf um den See sorgen. Ein Anwohner erklärt zuerst: „Ich bin kein Nazi.“ Er behauptet, es hätte mehrere Standorte gegeben, auf denen gebaut werden könnte. Das wird vom Landkreis dementiert. Teils hitzig werden Fragen gestellt, zum Ablauf der Planung und zu den Kosten. Immer wieder werden Sicherheitsbedenken genannt. Man fürchte um die Kinder, die Frauen. Nur zum Schutz der Natur fragt nun niemand mehr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false