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Bedrohtes Oderbruch.

© Reuters

Von Alexander Fröhlich und Matthias matern: CCS-Gegner warnen Christoffers vor Harakiri

Wirtschaftsminister will Vattenfalls Pläne zur Erkundung von CO2-Endlagern genehmigen

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Potsdam - Vertreter von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen haben Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) vor voreiligen Schritten bei der Genehmigung von Untersuchungen möglicher Endlager für das Klimagas Kohlendioxid (CO2) gewarnt. Mitglieder des Erkundungsbeirats rechnen fest damit, dass der Minister am heutigen Mittwoch in dem Gremium die Genehmigung des vom Energiekonzern Vattenfall beantragten Hauptbetriebsplans verkündet. „Das wäre eine Provokation“, sagte Mike Kess, Sprecher der Beeskower Initiative „CO2-Endlager stoppen“. Christoffers würde damit eine weitere Eskalationsstufe erklimmen.

Vattenfall will in Ostbrandenburg CO2 unterirdisch speichern, dass bei der Verstromung von Lausitzer Braunkohle anfällt. In Jänschwalde plant der Konzern ein Kraftwerk mit CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage), mit der das Klimagas abgeschieden wird. Gegen die Endlager-Pläne formiert sich in den Regionen um Beeskow (Oder-Spree) und Neutrebbin (Märkisch-Oderland), im derzeit überschwemmten Oderbruch, Widerstand.

Zahlreiche Indizien sprechen jedenfalls dafür, dass Christoffers die Genehmigung erteilt. In der Einladung für die heutige Sitzung des Erkundungsbeirats wird der Betriebsplan als „eines der Hauptthemen“ genannt. „Der Plan ist mittlerweile genehmigungsfähig“, heißt es. Ministeriumssprecher Steffen Streu wollte nicht kommentieren, was Mitglieder des Gremiums befürchten. Axel Kruschat, Landes-Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), ist sich „relativ sicher“, dass Christoffers die Entscheidung verkündet. Auch Sabine Niels, Grüne-Abgeordnete im Landtag, hat entsprechende Signale erhalten. „Wenn sich das bewahrheiten sollte, wäre das ein Schock, der Erkundungsbeirat wäre nur noch ein Feigenblatt für den Minister“, sagte Niels, die den Oder-Spree-Kreistag vertritt. „In unserer Region begeht der Minister damit ein politisches Harakiri“, setze damit „Pflöcke für ein CCS-Gesetz des Bundes in den Brandenburger Boden“ und könne sich „nicht rausreden, dass er keine Lobbyarbeit für Vattenfall macht“.

Tatsächlich gibt es noch kein Gesetz. In der Bundesregierung liefern sich die Ministerien für Umwelt und Wirtschaft ein Tauziehen um die Details, auch weil Niedersachsen und Schleswig-Holstein auf eine Ausstiegsklausel pochen. Ein Kabinettsbeschluss war mehrmals verschoben worden. „Damit wäre der Hauptbetriebsplan ohne gesetzliche Grundlage“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Kruschat. „Für Vattenfall wäre das bislang wie eine Erkundung unterirdischer Sole.“ Tatsächlich hatten Gutachter im Beirat angemahnt, das Erkundungsgebiet über die Speicherregionen hinaus zu erweitern, um mögliche Folgen komplex untersuchen zu können – etwa austretendes CO2 wie derzeit in Kanada und Druckveränderungen in tiefen Salzwasserschichten. Initiativen-Sprecher Kess sagte, mit einem CCS-Gesetz wären die Anforderungen an die Erkundung weitaus schärfer.

Allerdings ist selbst mit genehmigtem Hauptbetriebsplan noch alles offen. Es fehlen noch Sonderbetriebspläne. Der Beirat befasst sich heute mit Gutachten zum Teilplan Seismik. Ohnehin steht derzeit alles auf Stopp. Die Stadt Beeskow klagt vor dem Verwaltungsgericht Cottbus gegen die Erkundungserlaubnis. „Frühestens im Sommer wird sich das Gericht mit dem Fall befassen. Die Klage hat eine aufschiebende Wirkung“, sagte Bürgermeister Frank Steffen (SPD). Was immer genehmigungsfähig sei, könne vorerst nicht genehmigt werden. Zu der anstehenden Genehmigung des Hauptbetriebsplans sagte er: „Ich hätte vom Landesbergamt erwartet, dass es erstmal alles aussetzt, bis das Gericht eine Entscheidung getroffen hat.“ Steffen glaubt, dass das Land „vor allem ein Signal an Vattenfall senden“ wolle.

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