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Brandenburg: "Einige fragen nach Obst für ihre Geschwister"

Manchmal braucht es keine umfassenden Sozialstudien. Dann reicht schon das Gespräch mit Praktikern, die tagtäglich sehen, wie das Leben im Berliner Speckgürtel auch sein kann.

Manchmal braucht es keine umfassenden Sozialstudien. Dann reicht schon das Gespräch mit Praktikern, die tagtäglich sehen, wie das Leben im Berliner Speckgürtel auch sein kann. "Hungrige Kinder kommen zu uns und trinken gleich fünf, sechs Becher Kakao hintereinander", sagt Sozialpädagogin Heike Kötter, "andere haben nur Gummistiefel an und möchten Schuhe aus der Kleiderkammer." Immer mehr Kinder und Jugendliche kommen nach der Schule zum Mittagessen in die Tee- und Wärmestube von Diakonie und Caritas in Königs Wusterhausen. "Einige fragen, ob sie ein wenig Obst und Joghurt mitnehmen können für die Geschwister", sagt Elke Keller, ebenfalls Sozialarbeiterin in dem früheren "PGH"-Betrieb Heizungstechnik an der Maxim-Gorki-Straße.

"Produktionsgenossenschaft des Handwerks" - dieser alte DDR-Begriff gilt gewissenmaßen auch heute. "Wir haben vor einem Jahr hier angefangen, damals ging nichts: kein Telefon, keinen einzigen Stuhl." Die Mitarbeiter packen selbst an, renovieren, füllen die Vorratskammer. Auch die Schützlinge der sozialen Einrichtungen schlüpfen in den Blaumann. Und doch wirkt die Tee- und Wärmestube für sozial Schwache und Obdachlose im Süden vor den Toren Berlins gemütlich.

Zwei Wellensittiche fiepen und zwitschern. In einem Raucherraum können sich Menschen ohne Zuhause aufwärmen, für eine Mark kann man die Wäsche waschen lassen. Auch eine Dusche gibt es - die sich Männer und Frauen allerdings teilen müssen. Im "Carisatt-Laden" können Einkommensschwache günstig einkaufen. "Mit dem Einbruch der Kälte haben wir jetzt auch unser Notbett im Büro aufgestellt", sagt die 38-jährige Heike Kötter. In jedem brandenburgischen Dorf, so die Erfahrung der Frauen, gibt es Menschen, die in fast baufälligen Häusern leben - und ein halbes Dutzend Menschen ohne Dach über dem Kopf. Mit jedem Wintertag wird es voller in dem Flachbau. Rund vierzig Prozent der Hilfesuchenden in der Tee- und Wärmestube sind Frauen. Zudem klingeln viele ehrenamtliche Helfer wie Dirk Albrecht an der Tür - an diesem Wochenende hilft er mit am Benefiz-Stand der Obdachloseneinrichtung auf dem Weihnachtsmarkt in "KW". Liebevoll verpackte Nüsse und Kekse werden noch am Sonntag auf dem romantischen Markt verkauft.

Einen warmen Regen in kalten Zeiten erhofft sich die Tee- und Wärmestube jetzt durch die Tagesspiegel-Spendenaktion. In der Umgebung gibt es keine Notübernachtung für Obdachlose - deswegen müssen BVG-Tickets für die Fahrt nach Berlin bezahlt werden. Wenn es eine Gefrier-Kühl-Kombi gäbe, könnte man Spenden der "Berliner Tafel" aufbewahren. Im Keller soll eine Fahrradwerkstatt eingerichtet werden, ein verschließbarer Rad-Anhänger wäre praktisch und ein Kopierer würde bei der Büroarbeit helfen.

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