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DEU/Deutschland/Illustration, 09.11.2022, Symbolfoto Schweinehaltung, Schweine stehen in einem Stall eines Landwirtschaftsbetriebs bei Finsterwalde in Brandenburg.

© pa/Andreas Franke

Feuerwehr übt in Brandenburg Tierrettung: 150.000 Tiere starben 2021 bei Stallbränden  

Auf einem Kongress wurden Konzepte erarbeitet, wie der Brandschutz in der Nutztierhaltung verbessert werden kann. Kleinere Ställe könnten ebenfalls helfen.

Von Silvia Passow

Rund vier Minuten braucht das erste Löschfahrzeug aus Groß Kreutz, bis es an der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierhaltung und Tierzucht (LAVG), gleich hinter dem Ortsausgang der Gemeinde in Potsdam-Mittelmark, ankommt. Vier Minuten nach Auslösen des Alarmes ist nicht realistisch, sagt Claudia Possardt, sie leitet den Tierschutzberatungsdienst der LAVG. Die Übung ist schließlich geplant. Sie steht vor dem Stall, der zur Übung ausgesucht wurde. Hinter ihr wird das Gebäude von den Feuerwehrleuten in Augenschein genommen, Schläuche verlegt, jemand ruft: „Wasser marsch!“ Tiere werden für die Übung nicht gerettet. Die Rettung von Tieren, die in brennenden Ställen eingesperrt sind, stand im Mittelpunkt des Kongresses. Ein Novum, zu dem Feuerwehrleute aus zwölf Bundesländern angereist waren.

Zwei Jahre nach dem Brand in Alt-Tellin

Zwei Jahre ist es her, dass bei einem Großbrand in einer Schweinemastanlage in Alt-Tellin in Mecklenburg-Vorpommern ungefähr 50.000 Sauen und Ferkel in den Flammen starben. Nur 1300 Tiere konnten gerettet werden. Kein Einzelfall, im Jahr 2021 sollen laut dem Deutschen Tierschutzbüro rund 150.000 Tiere bei Stallbränden gestorben sein. Neben den geringen Brandschutzauflagen für Ställe befinden sich oft brennbare Materialien wie Heu und Streu darin. Rettungswege sind auf die Rettung von Menschen ausgelegt. Löschwasser ist nicht immer zugänglich, Betriebe liegen weit ab, Zufahrten sind beschwerlich. Für Rettungskräfte der Feuerwehr stellt sich, auch in ländlichen Regionen, die Frage, wie bekommt man die 44.300 Rinder, 641.100 Schweine und 11.342 Federtiere im Land im Brandfall sicher aus den Stallungen?

Hier setzte der dreitägige Kongress zum Brandschutz in der Nutztierhaltung an. Die Rettungskräfte mit den speziellen Herausforderungen in der Tierrettung vertraut machen. Neben den Feuerwehrleuten waren auch die Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Behörden vor Ort, denn der Brandschutz in der Nutztierhaltung berührt gleich mehrere Behörden. Was auffällt, keine von ihnen hatte genaue Zahlen zu Stallbränden in Brandenburg. Auf dem Kongress vorgestellt wurden die Zahlen der „Initiative Stallbrände“. Für Brandenburg hat sie 93 getötete Tiere im Jahr 2020, 84 in 2021 und 8662 im Jahr 2022. Auch im letzten Jahr hatte es wieder Schweine getroffen, als bei einem Waldbrand die Flammen auf einen Schweinemastbetrieb übergingen. Und auch in diesem Jahr brannten bereits Ställe im Land. In Zehdenick im Landkreis Oberhavel konnten Rinder aus einem brennenden Stall gerettet werden, bei einem Brand in einem Milchviehbetrieb in Steinhöfel (Oder-Spree) kamen 27 Kälber ums Leben.

Wenn das Schwein nur den Stall kennt

In Groß Kreutz wurden die Feuerwehrleute drei Tage zum Thema Tierrettung unterwiesen. Denn Schweine, besonders Muttertiere, verhalten sich anders als Rinder. Hat das Tier noch nie in seinem Leben den Stall verlassen, wird es auch im Brandfall nicht dazu neigen. Erst recht nicht, wenn Muttertiere ihre Jungen im Stall wähnen. Dann treibt sie der Mutterinstinkt wieder zurück. Pferde sind Fluchttiere, wenn die Box sie nicht daran hindert. Sind die Tiere erst einmal aus dem brennenden Gebäude, müssen sie gesichert werden. Nicht jeder Tierhalterin oder Tierhalter verfügt über eingezäunte Freiflächen.

In Groß Kreutz probten Feuerwehrleute für den Ernstfall eines Stallbrandes.

© dpa/Cevin Dettlaff

Und nicht jedes Tier wird einfach zu retten sein, sagt Landwirt Detlef May. Ein panischer Bulle könnte zur Gefahr für Rettungskräfte werden, gibt er zu bedenken. „Auch wir Landwirte wollen unsere Tiere schützen. Dabei dürfen Menschen aber nicht zu Schaden kommen“, sagt er.

Tierschutz fordert: Stallgrößen reduzieren

Die Landestierschutzbeauftragte, Anne Zinke, sieht in dem Kongress einen großen Erfolg. Man habe erfolgreich die Hemmschwellen im Umgang mit den Tieren abbauen können. „Ich bin absolut zufrieden, die Veranstaltung sollte dringend wiederholt werden“, sagt sie.

Für die Tierschutzorganisation PROVIEH wäre nicht nur eine bessere technische Ausstattung in den Haltungsbetrieben zur Brandbekämpfung wünschenswert. Die Tierschützer fordern auch „Stallanlagen in Ihrer Größe deutlich zu reduzieren“. Für weniger Tiere im Stall spricht sich auch der Deutsche Tierschutzbund aus. Und warnt: Mit Blick auf die Hitze und Trockenheit in den kommenden Sommern könnten Wald- und Feldbrände zunehmen, die dann auch auf Tierhaltungsanlagen übergehen.

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