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Brandenburg: Im Land der billigen Zapfhähne

Seit die Spritpreise steigen, tanken immer mehr Deutsche in Polen. Und kaufen dort auch gleich ein.

Seit die Spritpreise steigen, tanken immer mehr Deutsche in Polen. Und kaufen dort auch gleich ein. Frankfurt (Oder) – Rund 30 Cent pro Liter kann der Autofahrer beim Tanken in den polnischen Grenzstädten sparen. Dort zeigten die Tafeln gestern 4,48 Zloty für den Liter Super, umgerechnet 1,12 Euro. Entsprechend groß war in den vergangenen Tagen der Andrang an den Zapfsäulen in Slubice gegenüber von Frankfurt (Oder), in Küstrin oder in Hohenwutzen. Teilweise mussten Autofahrer zwischen 20 und 30 Minuten vor der Abfertigung warten. Allerdings fiel auf, dass die Tankstellen unmittelbar hinter der Grenze vor allem von Autofahrern mit Berliner Kennzeichen angesteuert wurden. Die Bewohner des Grenzgebietes fahren einfach einige Kilometer ins Landesinnere, wo der Sprit noch um drei bis vier Cent billiger ist. Dort gibt es zwar keine Markenstationen von Aral, Shell oder Jet. Aber kaum ein Fahrer befürchtet eine mindere Qualität des Treibstoffes aus polnischen Zapfsäulen: Wie Nachfragen ergaben, stammt ein großer Teil des Benzin im Grenzgebiet aus der großen Raffinerie in Schwedt an der Oder. Vom so genannten deutsch-polnischen Tanktourismus profitieren nicht nur die Tankstellen, sondern auch die eigentlich schon tot gesagten Billigmärkte. Hier läuft das Geschäft insbesondere beim Verkauf von Zigaretten, die im Vergleich zu Deutschland rund ein Drittel weniger kosten. Außerdem kaufen die deutschen Besucher Getränke, Käse und Süßwaren. Oft wird der Ausflug hinter die Grenze noch mit einem Besuch beim Friseur verbunden, dessen Preise sogar um drei Viertel unter dem deutschen Niveau liegen. Wenn dann noch ein oder zwei Kanister mit dem preiswerten Sprit gefüllt werden, lohnt sich sogar die rund 120 Kilometer lange Anfahrt aus Berlin in die Grenzstädte. Das besagen jedenfalls die Berechnungen der befragten Touristen. Diese Rechnung geht aber nur mit den erwähnten Zusatzgeschäften auf. Im Juli betrug der Abstand zwischen den Liter-Preisen in Deutschland und Polen noch mehr als 40 Cent. Im Laufe der Woche wird nach Auskunft von polnischen Tankstellenbetreibern mit Preiserhöhungen gerechnet. Allerdings konnten sie nicht sagen, wie hoch diese ausfallen werden. Sie dürften jedoch kaum noch große Sprünge machen, weil sich schon jetzt viele einheimische Autofahrer die Preise nicht mehr leisten können. Flaute herrscht dagegen bei den Tankstellen im deutschen Grenzgebiet. Wegen des fehlenden Wettbewerbs mit freien Stationen liegen die Preise hier sogar noch um zwei bis drei Cent über dem Berliner Niveau. Ein Drittel der rund 50 Stationen im brandenburgischen Hinterland der deutsch-polnischen Grenze steht vor der Schließung, schätzt der Tankstellenverband. Schon nach dem Wegfall der Zollkontrollen nach dem EU-Beitritt Polens am 1. Mai 2004 und dem Ende der Wartezeiten waren die Umsätze in den grenznahen deutschen Tankstellen um 50 bis 60 Prozent zurückgegangen. Wer nicht tankt, kauft hier auch keine Zigaretten, Süßwaren oder Getränke. Im Shop-Geschäft fiel der Umsatz daher im Schnitt um 40 Prozent. Claus-Dieter Steyer

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