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Brandenburg: Kameraderie in der Justiz?

Brandenburgs PDS zweifelt am Aufklärungswillen der Regierung in der Trennungsgeld-Affäre

Potsdam - Brandenburgs Links-Opposition droht jetzt mit dem Gang vor das Verfassungsgericht, um Einsicht in die Trennungsgeld-Akten prominenter Juristen zu erzwingen, die zu Unrecht Entschädigungszahlungen in zum Teil erheblicher Höhe aus der Landeskasse bezogen haben sollen. „Unter der mangelnden Aufklärung der Trennungsgeld-Affäre leidet das Ansehen der Brandenburger Justiz“, begründete Heinz Vietze, der parlamentarische Geschäftsführer der Linkspartei.PDS gestern in Potsdam das Vorgehen. Er äußerte Zweifel am „Selbstaufklärungswillen“ der Justiz und sprach von „Kameraderie“.

Nach zwei Jahren Trennungsgeld-Affäre sei „immer noch unberechenbar, an welcher Stelle in der Justiz man auf betroffene Juristen trifft“, klagte auch Stefan Sarrach, der rechtspolitische Sprecher der PDS-Landtagsfraktion. „Das ist der eigentliche Skandal.“ Weil der Vorwurf der Befangenheit gegenüber Juristen im Raum steht, ist die Akteneinsicht für Sarrach von „grundsätzlicher Bedeutung“. Es gehe nicht um einfache Beamte, sondern um Führungskräfte der Justiz.

Zuvor hatten zwei von der Trennungsgeld-Affäre betroffene Spitzenjuristen, die sich gegen die beabsichtigte Akteneinsicht durch die Opposition mit allen juristischen Mitteln wehren, vor dem zuständigen Oberverwaltungsgericht einen Sieg errungen – eine Offenlegung der Akten wurde aus Datenschutzgründen abgelehnt. Der Urteilsspruch hob eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Potsdam in erster Instanz auf.

Auch der der Landesdatenschutzbeauftragte hatte zuvor keine Einwände gegen einen Einblick in die Akten. Einer der nunmehr erfolgreichen Kläger ist der vom Amtsgericht Potsdam wegen versuchten Betruges zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung verurteilte frühere Justizstaatssekretär Gustav-Adolf Stange, der sich nach Auffassung des Gerichtes 28 000 Euro erschlichen hatte. Sein Fall hatte im Sommer 2003 die Trennungsgeld-Affäre ausgelöst.

Auch das Oberverwaltungsgericht, das jetzt die Akteneinsicht der Opposition verweigerte, war von der Affäre direkt betroffen. Gegen seinen damaligen Präsidenten Dieter Liebert hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) öffentlich den Vorwurf erhoben, sich auf Grund falscher Angaben Trennungsgeld in erheblicher Höhe erschlichen zu haben. Aus der Richterschaft des Gerichtes gab es damals Solidaritätsbekundungen für Liebert, der mittlerweile pensioniert ist. Nach einem mit Justizministerin Beate Blechinger (CDU) geschlossenen Vergleich erklärte sich Liebert jedoch bereit, mehr als 20 000 Euro an die Landeskasse zurückzuzahlen.

Wie Vietze betonte, hänge ein Gang der Opposition zum Verfassungsgericht vom weiteren Verhalten der Landesregierung ab. Es gebe keinen Automatismus, dass die Regierung die Gerichtsentscheidung in den zwei konkreten Fällen auf alle Trennungsgeld-Vorgänge ausdehne, in die die Opposition Einsicht nehmen will.

Die Justiz ist von der Trennungsgeld-Affäre besonders betroffen. Eine externe Kommission unter Vorsitz des früheren Bundesrichters Paul Schwarz hatte Anfang 2004 im Justizministerium und bei den Präsidenten der Obergerichte 33 von 70 geprüften Fällen beanstandet, darunter waren auch Behördenchefs.

Von einer weiteren externen Kommission unter Leitung des Trennungsgeld-Experten Wolfhart Schulz, der die Entschädigungszahlungen für getrennten Wohn- und Arbeitsort der gesamten Regierung untersuchte, wurden im April 2004 im Justizbereich 175 Fälle beanstandet. Der Landesrechnungshof, der die Justiz noch einmal genau unter die Lupe nahm, hatte Anfang 2006 in einem Prüfbericht 140 weitere Fälle (möglicher Schaden: 1,4 Millionen Euro) aufgedeckt. Schon damals hatte die Opposition beklagt, dass in der Justiz von den 299 bereits bekannten Fällen 217 Verfahren eingestellt und nur in 82 Fällen Rückforderungsbescheide über 356 000 Euro ausgestellt wurden. In der Justiz werden im Vergleich zu anderen betroffenen Ministerien die meisten Rückforderungs-Verfahren eingestellt. Regierungschef Matthias Platzeck hatte im Januar 2004 im Landtag eine zügige Aufklärung und Aufarbeitung versprochen.

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