zum Hauptinhalt

Brandenburg: Mentalitätswechsel nötig

Regierungs-Experte: Im demografischenWandel liegen auch Chancen

Regierungs-Experte: Im demografischenWandel liegen auch Chancen Von Thorsten Metzner Potsdam - Die Staatskanzlei von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) will einen „Demografie-Check“ für alle Förderprogramme und Planungen im Land Brandenburg durchsetzen. „Wir müssen unsere gesamte, bisher auf Zuwachs ausgerichtete Politik verändern“, sagte Hans-Ulrich Oel, Leiter des neuen Referats „Demografischer Wandel“ in der Staatskanzlei, gestern auf einer Fachtagung in Potsdam. Als exemplarisches Beispiel nannte Oel die Förderprogramme des Agrar- und Umweltministeriums für den Bau von Abwasseranlagen, die immer noch „auf Zuwachs ausgerichtet“ seien. Sie müssten novelliert werden, um den Bau neuer überdimensionierter Trassen zu vermeiden. In den dünn besiedelten Regionen wie der Uckermark und der Prignitz, wo wegen sinkender Einwohnerzahlen künftig nur noch 20 Einwohner je Quadratkilometer leben, werde aber sogar ein „schwieriger Rückbau von Infrastruktur“ nötig. Oel betonte, dass es vor diesem Hintergrund zu dem von Platzeck eingeleiteten Kurswechsel in der Förderpolitik, die jetzt „auf das Berliner Umland und auf Wachstumskerne“ in den Randregionen ausgerichtet wird, keine Alternative gebe. „Wir müssen uns davon verabschieden, dass jedes Dorf gefördert werden kann.“ Nach Einschätzung von Oel ist das Bewusstsein, dass der demografische Wandel das Alltagsleben verändern wird, bislang aber kaum verbreitet. Nötig sei ein „Mentalitätswechsel.“ Dass die Brandenburger weniger und älter werden, müsse dabei auch als Chance begriffen werden. „In Japan spricht man vom Land des langen Lebens. Wir reden immer von Vergreisung“, so der Demografie-Experte. Unter seiner Federführung wird bis Frühsommer der neue „Demografiebericht“ erarbeitet, der erstmals konkrete Schlussfolgerungen und Strategien zum Umgang mit den sinkenden Einwohnerzahlen und den sich leerenden Regionen enthalten soll. Oel betonte, dass der demografische Wandel selbst unaufhaltsam sei: Denn der Geburtenknick von 1990, der erst zur Schließung von Kitas, dann von Grundschulen und jetzt der weiterführenden Schulen sorgt, pflanzt sich immer weiter fort. Die nicht geborenen Mädchen fehlen als Mütter – so schrumpft jede folgende Generation um ein Drittel. „85 Prozent der Bevölkerungsrückgänge in den Randregionen resultiert daraus. „Nur zu 15 Prozent ist Abwanderung der Grund“, sagte Oel. Nach den Prognosen der Staatskanzlei werden schon ab 2010 Pflegekapazitäten und Fachkräfte in Brandenburg knapp. Oel: „Wir können uns deshalb gar nicht mehr leisten, auch nur einen Schüler aus der Schule zu entlassen, der nicht wenigstens einen Hauptschulabschluss hat.“ Nach Worten von Oel kann Brandenburg ein „Vorreiter“ sein, Anpassungsstrategien für sinkende Einwohnerzahlen zu entwickeln. Das Problem stelle sich in der ganzen Bundesrepublik, sogar in den osteuropäischen Beitrittsländern. Oel: „Die nächstgelegene Region, in der die Bevölkerung zunimmt, ist Anatolien.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false