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Mindestlohn und Mietenbremse : Das planen Brandenburgs Parteien gegen Armut und Wohnungsnot
In Brandenburg ist die Arbeitslosigkeit gering wie nie seit 1990. Trotzdem verschärfen sich soziale Probleme im Land. Was die Parteien zur Landtagswahl 2024 versprechen.
Stand:
Brandenburg, einst Schlusslicht im Osten, ist wirtschaftlich zu einem Spitzenreiter geworden. Im Wirtschaftswachstum lag das Land 2023 bundesweit auf dem zweiten Platz. Während andere neue Länder an Bevölkerungsrückgang leiden, erlebt Brandenburg mit der Metropole Berlin in der Mitte Zuwachs und Zuzug. Auch wegen dieser Dynamik spitzen sich soziale Probleme und Wohnungsnot zu.
Die Arbeitslosigkeit liegt aktuell mit 6,1 Prozent etwa im Bundesschnitt. Die Zahl der Erwerbstätigen ist auf 1,148 Millionen der 2,6 Millionen Einwohner gestiegen. 250.000 Menschen arbeiten auf Mindestlohnniveau. 7,4 Prozent der Haushalte verfügen monatlich über weniger als 1000 Euro, ein Viertel lebt von 1000 bis 2000 Euro. 258.000 Haushalte sind zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigt. 13,4 Prozent der Haushalte gelten als armutsgefährdet.
Die Mieten sind mittlerweile auch fernab von Berlin gestiegen, besonders stark in Potsdam, aber auch Städten wie Ludwigsfelde, Oranienburg oder Teltow. Für 19 Gemeinden gilt bereits eine Mietpreisbremse. Der Leerstand liegt in Potsdam bei 0,3 Prozent, in Spree-Neiße bei zehn Prozent. Es gibt nur noch knapp 20.000 Sozialwohnungen, Tendenz sinkend, da alte Bindungen auslaufen und kaum neue Wohnungen gebaut werden. Die Grunderwerbssteuer gehört mit 6,5 Prozent zu den bundesweit höchsten.
SPD
Die SPD will Sozialwohnungsbau weiter mit 200 Millionen Euro jährlich fördern, Kommunen beim Erwerb von Grundstücken unterstützen, die Mietpreisbremse in weiteren Kommunen einführen sowie die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unterbinden.
Versprochen werden eine „Vorreiterrolle“ beim Mindestlohn, eine Erhöhung des Vergabemindestlohns bei öffentlichen Aufträgen auf 15 Euro und ein Tariftreue-Gesetz, das öffentliche Aufträge nur noch an tarifgebundene Firmen zuließe. Das wurde schon 2019 angekündigt, aber nicht umgesetzt. „Wir wollen Bürgerservicestellen/Sozialbüros einführen“, heißt es in dem Programm. „Für Sozialberatung aus einer Hand.“
CDU
Die Union will das Bürgergeld durch eine Grundsicherung ersetzen, bei der „Fördern und Fordern“ wieder gelten soll: „Wer arbeitsfähig ist und zumutbare Arbeit ablehnt, ist nicht bedürftig“, heißt es. Die CDU will die Grunderwerbssteuer für selbst genutzten Wohnraum über Freibeträge senken. „Wir wollen die Eigentumsquote steigern, egal ob mit Blick auf die städtische Eigentumswohnung oder den Dreiseitenhof.“ Für Wohnungsbau sollen mehr Flächen ausgewiesen werden. Außerdem sollen Auflagen im Baurecht, vor allem im Naturschutz, reduziert werden. In der Landesbauordnung soll eine „Genehmigungsfiktion“ eingeführt werden: Wenn ein Bauantrag nach einer bestimmten Zeit nicht bearbeitet wurde, gilt er als genehmigt.
Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen wollen mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, legen den Fokus dabei aber auf die Sanierung von Wohnungen und nicht auf Neubau. Kommunen und gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen sollen unterstützt werden, Mieter vor „Luxussanierungen und starken Mieterhöhungen“ geschützt.
Der Verkauf von landeseigenen Grundstücken an private Investoren wird ausgeschlossen. Wohnungslose sollen nach dem Prinzip „Housing First“ bedingungslos eine Bleibe bekommen. Die Grünen treten zudem für eine Kindergrundsicherung, einen höheren Vergabemindestlohn und ein Tariftreuegesetz ein.
AfD
Die AfD will Steuern senken und die Grunderwerbssteuer für Einheimische abschaffen – für „Nicht-Deutsche“ jedoch auf 20 Prozent erhöhen. Sie will private Wohnungsbaugenossenschaften und deren Neugründung fördern, die Bauordnung stark vereinfachen und mehr Bauland ausweisen.
Wohneigentum für „einheimische“ Familien soll gefördert und das Wohngeld erhöht werden. Gebäudeenergiegesetz und die kommunale Wärmeplanung will die AfD abschaffen. Versprochen wird auch ein sogenanntes Landesbaukindergeld.
Linke
Die Linke fordert höhere Mindestlöhne, ein Recht auf Homeoffice und Modellprojekte der Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich. Die Partei will eine landeseigene Wohnungsgesellschaft gründen. Gefördert werden sollen nicht mehr Investoren, sondern nur noch gemeinnützige Wohnungsunternehmen.
Die Mietpreisbremse soll ausgeweitet werden, das Wohngeld aufgestockt und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen beschränkt. Die Linke will auch „Bodenspekulation unterbinden“ – beispielsweise durch einen Verkaufsstopp für öffentliche Flächen. Bauwerke der „Ostmoderne“ sollen erhalten werden.
BVB/Freie Wähler
BVB/Freie Wähler fordert kostenlose Erstausbildungen und Unterstützung für junge Menschen und Langzeitarbeitslose sowie zielgruppengerechte Projekte gegen Altersarmut. „Die Tafeln sollen langfristig aus dem Landeshaushalt unterstützt werden“, heißt es in dem Programm. Kommunen sollen mehr Befugnisse für neue Baugebiete erhalten. Die Grunderwerbssteuer soll unter 5,5 Prozent gesenkt und die Gründung von Wohnungsbaugesellschaften auf Kreisebene unterstützt werden. „Die Landesbauordnung soll bezüglich der Gebäudegeschossigkeit flexibler werden.“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Das BSW will sozialen Wohnungsbau stärker fördern, vor allem durch kommunale oder gemeinnützige Träger. Der Anstieg der Mieten soll durch einen bundesweiten Mietendeckel begrenzt werden. Eine Erhöhung der Grundsteuer soll zudem ausgeschlossen werden.
„Eine weitere Privatisierung von Wohnungen und Grundstücken der öffentlichen Hand darf es nicht geben“, heißt es in dem Parteiprogramm. Das BSW will, dass künftig kein Arbeitnehmer in Brandenburg weniger als 14 Euro in der Stunde verdient und kein Rentner mit einer Rente unterhalb von 2000 Euro Steuern bezahlen muss.
FDP
Die FDP will Landesflächen verkaufen, Bauvorschriften reduzieren sowie Baugenehmigungsverfahren digitalisieren und beschleunigen. Denkmalauflagen sollen nur noch für sichtbare Fassadenbereiche verhängt werden.
Die Liberalen wollen die Grunderwerbsteuer auf 3,25 Prozent senken und fordern einen Freibetrag beim Kauf von selbst genutztem Wohnraum. „Die beste Altersvorsorge ist das Wohneigentum“, heißt es. Aussagen zu Armut oder Mieterschutz gibt es in dem Parteiprogramm keine. „Unternehmen müssen in Ruhe arbeiten können. Wir werden für geringere Frequenzen bei Sozialversicherungs- und Betriebsprüfungen sorgen.“
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