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Close-up of doctor taking blood pressure of patient in medical practice

© mauritius images / Westend61 / Philipp Nemenz

Mitsprache bei Ärzteniederlassung: Funktionäre empört über Brandenburgs Gesundheitsministerin

Gesundheitsministerin Nonnemacher (Grüne) fordert im Tagesspiegel mehr Länder-Einfluss bei Ärzteniederlassung. Ärztevetreter warnen daraufhin vor „zentralistischer Staatsmedizin“.

Ärztefunktionäre laufen Sturm gegen die Forderungen von Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), wonach die Länder mehr Mitspracherechte in der Frage bekommen sollten, wo sich Ärzte künftig niederlassen. Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erklärte, man habe Nonnemachers im Interview mit dieser Zeitung getätigten Aussagen, wonach die Selbstverwaltung des ambulanten Bereichs „ein Problem für unsere Demokratie“ sei, mit Befremden und großem Unverständnis zur Kenntnis genommen. Dies weise man auf das Entschiedenste zurück.

„Der Schlüssel für unser erfolgreiches Gesundheitssystem ist die Selbstverwaltung“, erklärte der KBV-Bundesvorstand. Unabhängigkeit und Expertise stützten als Säulen den hohen Standard des deutschen Gesundheitssystems. Zudem müsse der Ministerin klar sein, dass die Länder bei mehr Mitspracherechten auch mehr Verantwortung übernehmen müssen.

Kassenärzte fürchten überbordende Regulierung

„Die Auflösung der Selbstverwaltung und der Einstieg in eine zentralistische Staatsmedizin sind kein Ansatz, um unser überaus leistungsfähiges Gesundheitswesen zu stärken“, betonen die KBV-Vorstände. „Was wir brauchen, sind Rahmenbedingungen, die es erlauben, ohne überbordende Regulierung die Menschen in diesem Land zu versorgen.“

Diese Denkweise ist zutiefst antidemokratisch.

Landesvorstand der Berliner Kassenärzte

Empört zeigte sich auch die Berliner Kassenärztliche Vereinigung. „Eine Partei, die basisdemokratische Grundelemente für sich in Anspruch nimmt, meint also, staatlich-dirigistisch vorgehen zu können bei der Frage, wo lassen sich Ärztinnen und Ärzte zukünftig nieder“, erklärte der Landesvorstand der Berliner Kassenärzte.

„Diese Denkweise ist zutiefst antidemokratisch und verkennt auf fatale Weise, dass die seit fast 100 Jahren existierende Selbstverwaltung gerade als ein Urgestein unserer Demokratie bezeichnet werden kann.“ Die Aussage offenbare, dass „Frau Nonnemacher in der Verstaatlichung des Gesundheitswesens die Lösung aller Probleme sieht“. Dabei sei es gerade die staatlich organisierte Vernachlässigung der ambulanten Versorgung, die zu den aktuellen Schwierigkeiten der Praxen geführt habe.

Nicht nur in Brandenburg würden niederlassungswillige Ärztinnen und Ärzte dringend gesucht, sondern auch in Berlin, wo aktuell allein 130 Hausarztsitze nicht besetzt werden könnten. Die KV-Vertreter warfen der Ministerin zudem vor, dass sie nicht verstanden habe, was Selbstverwaltung bedeute.

Auch der Hartmannbund übt heftige Kritik

„Die Kassenärztlichen Vereinigungen entscheiden nicht allein darüber, wohin Arztsitze vergeben werden sollen“, heißt es in der Erklärung der Berliner KV. „Zu den Einrichtungen der Selbstverwaltung gehören die gesetzlichen Krankenkassen und die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, die im Zulassungsausschuss gemeinsam arbeiten.“ Demzufolge greife Nonnemacher mit ihrer Äußerung das gesamte System der Selbstverwaltung an.

Auch der Vorsitzende des Brandenburgischen Hartmannbundes, Hanjo Pohle, kritisierte die grüne Ministerin: „Ich bin erschüttert, von einer Spitzenpolitikerin im Ministerrang solche Äußerungen zu vernehmen“, hieß es am Sonntag in einer Mitteilung des Ärzteverbandes. „Stellt doch die Selbstverwaltung im Gegensatz zu staatlich geleiteten Gesundheitssystemen wie zum Beispiel in Großbritannien die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicher und macht dies nachweislich seit Jahrzehnten besser als jede zentralistische Organisationsform.“

Hier, so Pohle, würden nicht nur die Kassenärztlichen Vereinigungen mit ihren Mitgliedern verunglimpft, „sondern im selben Atemzug auch noch die Gesetzlichen Krankenkassen und der Gemeinsame Bundesausschuss als Normgeber“. Man fordere daher den Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) auf, „sich von dieser Äußerung seiner Ministerin zu distanzieren“.

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