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Das Schild an der Wand der Friedrich-Wilhelm-von-Steuben Gesamtschule in Potsdam. Die Schule wurde 2009 Teil des Netzwerks.

© Sebastian Gabsch PNN/Sebastian Gabsch PNN

Netzwerk „Schule ohne Rassismus“ : „Situation in Brandenburg ist herausfordernd“

Das bundesweite Projekt soll Diskriminierung und Mobbing an Schulen bekämpfen. Doch ein Schild an der Wand oder Tür allein reicht nicht. Das zeigt sich auch in der Mark.

Vor mehreren Hundert Menschen ins Mikrofon zu singen, erfordert Mut. Den zeigte einer der Teilnehmer des Treffens des Netzwerks „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ am Donnerstag im Potsdamer Landtag. Mut erfordert es auch, ein Gedicht vorzulesen vor all diesen Menschen, wie es eine Schülerin einer Potsdamer Schule tat. Und erst recht viel Mut braucht es, als Lehrerin oder Lehrer in einem öffentlichen Brief rechtsextreme Vorfälle an der eigenen Schule und ein fehlendes Einschreiten der Schulleitung anzuprangern, wie vor einigen Wochen geschehen an einer Oberschule in Burg im Spreewald.

„Das gefährliche Schweigen der Mehrheit, Ihr kennt das. Eine Ungerechtigkeit geschieht und niemand sagt etwas. Vielleicht meldet sich nur einer von Euch zu Wort. Vielleicht auch ganz alleine. Diesen Mut brauchen wir“, sagte Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) zur Begrüßung. Zu dem Treffen im Plenarsaal kamen rund 120 Jugendliche sowie 40 Lehrerinnen und Lehrer von über 40 Schulen aus Brandenburg, um über den Umgang mit Mobbing und Rassismus zu sprechen.

100 Schulen aus Brandenburg im Netzwerk

Kaum zu glauben, dass Rassismus noch immer ein Thema sei, sagte Liedtke weiter. Rechtsextreme Umtriebe an Schulen seien kein Einzelfall, wie die Reaktion mehrerer Schulen auf den Brandbrief vor einigen Wochen gezeigt habe. Wer etwas anderes behaupte, der verharmlose die Lage, so Liedtke.

Ulrike Liedtke (SPD), Präsidentin des Brandenburger Landtages
Ulrike Liedtke (SPD), Präsidentin des Brandenburger Landtages

© dpa / Soeren Stache

Insgesamt sind mehr als 100 Schulen aus Brandenburg in dem Netzwerk vertreten. Das bundesweite Projekt bietet Lehrkräften die Möglichkeit, das Klima an ihrer Schule aktiv mitzugestalten, indem sie sich bewusst gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt wenden. Die mehr als 4000 beteiligten Schulen werden von mehr als 120 Koordinierungsstellen und rund 400 außerschulischen Kooperationspartnern dabei unterstützt, verschiedene Aktionen gegen Rassismus und Ausgrenzung in die Tat umzusetzen.

„Das Schild ist keine Auszeichnung“

Mit diesen Zahlen liegt das Bundesland nicht unter den Spitzenreitern, sagt Eberhard Seidel, Geschäftsführer des Netzwerks, auf Nachfrage dieser Zeitung. Auch die Oberschule in Burg, in der nach den Schilderungen der beiden Lehrer Laura Nickel und Max Teske Nazi-Parolen auf Schulfluren und Hakenkreuz-Schmierereien auf Schulmobiliar zum Alltag gehören, nimmt nicht teil. „Die Situation in Brandenburg ist herausfordernd“, sagte er. Das sei bekannt. Aber es gebe auch viele engagierte Leute.

Doch auch die Schule, die teilnehme und ein Schild mit dem Titel des Netzwerks an der Tür trage, sei nicht automatisch von Rechtsradikalismus und Mobbing frei, betont Seidel. „Das Schild ist keine Auszeichnung.“ Wer meint, dass es an solchen Schulen kein Mobbing und keinen Rassismus gebe, lebe in einer Fantasiewelt. Aber es werde sichtbar, die Schule tue etwas dagegen. Mit diesem Titel werde eine Mission beschrieben, wo es hingehen soll.

Gedicht macht Anfeindungen deutlich

Dass es auch an teilnehmenden Schulen Probleme mit Rassismus und Ausgrenzung gibt, macht auch das Gedicht der Potsdamer Schülerin deutlich, das während einer „Mobbing-Werkstatt“ entstanden ist, an der sich 120 Schulen beteiligt haben. Sie schildert Anfeindungen, wörtlich wie tätlich, und das, was die bei den Betroffenen auslösen.

Das Schild an der Tür erinnert daran, sich dagegen stark zu machen.

Ulrike Nieter, Kunstlehrerin an der Oberschule in Luckau im kreis Dahme-Spreewald

„Natürlich gibt es auch bei uns Rassismus und Mobbing“, sagt Ulrike Nieter, Kunstlehrerin an der ebenfalls im Netzwerk organisierten Oberschule in Luckau im Landkreis Dahme-Spreewald. „Aber wir machen uns dafür stark, so bunt wie möglich zu sein.“ Die Schule wurde beim Treffen für ihr Engagement besonders gelobt. Nieter sagt, zu den Aktionen gehörten Hoffeste, Workshops und Diskussionsrunden, bei denen die Themen Rassismus und Hetze immer wieder thematisiert werden. „Das Schild an der Tür erinnert daran, sich dagegen stark zu machen.“

Um dem Netzwerk beizutreten, müssen sich mindestens 70 Prozent aller Menschen, die in einer Schule lernen und arbeiten, dazu verpflichten, in einer geheimen Abstimmung, künftig gegen jede Form von Diskriminierung an ihrer Schule aktiv vorzugehen, bei Konflikten einzugreifen und regelmäßig Projekttage zum Thema zu veranstalten. Es gibt keine Überprüfung. Aber die Landeskoordinationsstellen achteten darauf, wenn eine Schule lange untätig bleibe, sagte Seidel.

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