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Brandenburg: Polizei nimmt abgelenkte Lkw-Fahrer ins Visier

Die Zahl der Verstöße steigt. Ein neues Kontrollfahrzeug soll dokumentieren, was bei Tempo 80 hinterm Steuer so passiert

Frankfurt (Oder) – Sie rasieren sich, lösen Kreuzworträtsel, lesen oder sehen fern – was manche Lastwagenfahrer bei voller Fahrt hinterm Steuer so treiben, ist kaum zu glauben. Und doch ist dieser Leichtsinn Alltag auf den Autobahnen – mit häufig tödlichen Folgen. Doch die Polizei rüstet auf. Sie schaut ab sofort mit einer in einem Kleintransporter versteckten Kamera beim Vorbeifahren in die Fahrerkabinen und dokumentiert alle Verstöße.

Bislang können sich Lkw-Fahrer in ihrem Fahrerhaus ziemlich sicher sein. „Vom Straßenrand aus oder vom überholenden Pkw ist meistens nicht erkennbar, womit sich die Fahrer beschäftigen“, sagt André Noack vom brandenburgischen Innenministerium. Die für Brandenburg so typischen Autobahnen mit ihren wenigen Kurven sind verführerisch für die Fahrer, sich mit anderen Dingen als dem Steuern zu befassen. Sie können den Tempomaten benutzen, der die vorgegebene Geschwindigkeit durch eine automatische Kraftstoffzufuhr hält.

Doch mit Entertainment bei Tempo 80 dürfte es nun bald vorbei sein. Der Experte vom Innenministerium preist die Vorzüge des neuen Kontrollfahrzeugs: „Die Beamten können dank besonders hoher Aufbauten direkt mit einer versteckt angebrachten Kamera in die Fahrerkabine hineinschauen und alle Vorgänge aufzeichnen.“ Die Kameras sind sowohl seitlich als auch am Heck montiert. Ertappte Fahrer will die Polizei sofort stoppen und ihnen an Ort und Stelle den Videobeweis zeigen und Strafen verhängen.

In anderen Bundesländern gibt es bereits ähnliche Fahrzeuge, in Brandenburg aber fährt der Messwagen erst seit einigen Tagen. Als Haupteinsatzgebiet wurde nicht ohne Grund die Autobahn A 12 von Berlin nach Frankfurt (Oder) gewählt. Hier ereignen sich die meisten Unfälle, die nach Polizeiangaben sehr oft auf eine mangelnde Aufmerksamkeit von vorwiegend aus Osteuropa stammenden Fahrern zurückzuführen sind. Oft erkennen sie vor Baustellen einen Stau viel zu spät und krachen dann in die stehenden oder langsam fahrende Kolonne.

Die kürzlich vorgelegte Bilanz über das Verkehrsgeschehen im ersten Halbjahr verwies zwar auf eine Abnahme der Lkw-Unfälle um 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 6035. Doch bei diesen Unglücken starben 41 Menschen, sieben mehr als von Januar bis Juni 2007. Bei 39 154 kontrollierten Lkw wurden insgesamt 27 445 Verstöße registriert. Wie Innenminister Jörg Schönbohm mitteilte, machten Verstöße gegen die Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten ein knappes Drittel aller Beanstandungen aus. Als besonders besorgniserregend bezeichnete es Schönbohm, dass die Polizei immer öfter die Führerscheine von Lkw-Fahrern wegen grober Verstöße einbehalten muss. Die Zahl der in Verwahrung genommenen und beschlagnahmten Führerscheine hat sich von 24 auf 153 Führerscheine mehr als versechsfacht. 2022 Lkw-Fahrern wurde zudem die Weiterfahrt unter anderem wegen technischer Defekte an ihren Fahrzeugen versagt.

„Die Polizei wird mit gezielten Kontrollen den Druck auf Einhaltung der Vorschriften weiter erhöhen“, sagte Schönbohm. „Wir werden nicht zulassen, dass andere Verkehrsteilnehmer durch übermüdete Fahrer und technisch mangelhafte Lastkraftwagen in Gefahr gebracht werden.“. Der neue Kamerawagen soll dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

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