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Tobias Schick (SPD) hält Blumensträuße nach der Auszählung zur Stichwahl um das Amt des Cottbuser Oberbürgermeisters.

© dpa / Frank Hammerschmidt

Update

Mehr Polizei und „klare Kante“ gegen Hass: Neuer Cottbuser Oberbürgermeister Schick will Sicherheitskonferenz einberufen

Tobias Schick will nicht nur den Strukturwandel voranbringen. Der SPD-Wahlsieger kündigt auch an, AfD-Wähler einzubinden – um die zerrissene Stadt zu einen.

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Der neue Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick will nach seinem Amtsantritt eine Sicherheitskonferenz einberufen. Er werde mit der Polizei, dem Ordnungsamt, der Jugendsozialarbeit und dem Land sprechen, um mehr Polizeipräsenz zu erreichen, sagte der SPD-Politiker am Montag, einen Tag nach der Wahl, in Cottbus. Auch Jugendliche sollten stärker integriert werden. Er kündigte an, er werde sehr schnell für Verbesserungen sorgen und sei in Gesprächen mit dem Land. Er wolle auch gegen Hass, Ausgrenzung und Diffamierung „klare Kante zeigen“.

Cottbus gilt laut Landesverfassungsschutz als Schwerpunkt des Rechtsextremismus. Schick tritt am 1. Dezember das Amt des Oberbürgermeisters in der zweitgrößten Stadt in Brandenburg an. Als zentrale Themen nannte Schick die Bereiche Familie, Fachkräfte und Finanzen.

Schick will auf alle Bürgerinnen und Bürger zugehen - auch auf die AfD-Wähler. „Das sind viele Menschen, die brauche ich genauso in der Stadt“, sagte Schick der Deutschen Presse-Agentur. „Entscheidend ist: Viel miteinander reden und dann auch die Dinge gut erklären.“

Der 41-Jährige setzte sich bei der Stichwahl am Sonntag mit 68,6 Prozent klar gegen AfD-Bewerber Lars Schieske durch, der auf 31,4 Prozent kam. Schick wurde von mehreren Parteien sowie einem breiten gesellschaftlichen Bündnis unterstützt. So kam er auf 29.520 Stimmen nach 13.300 Stimmen bei der Wahl am 11. September, als sieben Kandidaten im Rennen waren.

Woidke: Weltoffenheit Basis für wirtschaftlichen Erfolg

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht mit Schick die Grundlagen für einen Erfolg beim Strukturwandel gelegt. „Der mit dem Kohleausstieg verbundene Strukturwandel macht Cottbus interessant für Investoren. Die Ansiedlung von Unternehmen braucht jedoch Weltoffenheit, auch wegen der benötigten Fachkräfte“, teilte Woidke, der auch SPD-Landeschef ist, am Montag mit. Niemand solle um seine Sicherheit besorgt sein müssen: „Vielfalt und Zusammenhalt sind die Basis für große Entwicklungschancen. Diese Basis ist stabil.“ Das zeige das Wahlergebnis von Schick.

Bundeskanzler Olaf Scholz gratulierte ebenfalls. „Cottbus hat sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entschieden“, erklärte Scholz am Montag. Das sei eine „weitere gute Nachricht“. Zuvor hatte er seinem SPD-Kollegen Stephan Weil zum Sieg bei der Landtagswahl in Niedersachsen gratuliert.

AfD-Kandidat Lars Schieske hatte im ersten Wahlgang auf Platz zwei gelegen.
AfD-Kandidat Lars Schieske hatte im ersten Wahlgang auf Platz zwei gelegen.

© Foto: dpa/Silke Nauschütz

Auch SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil äußerte sich zu Schicks Wahl. „Wir freuen uns sehr darüber, dass er diese Wahl gewonnen hat und dass verhindert werden konnte, dass es den ersten rechtsextremen Oberbürgermeister gibt“, sagte er am Montag in Berlin. Dies sei ein großer Erfolg für die SPD und die demokratischen Parteien.

Die Wirtschaft begrüßte den Ausgang der Wahl. „Aus Sicht der Wirtschaft ist es genau das Ergebnis, was wir uns gewünscht haben, denn die Entscheidung über den Sitz, wer den Rathausstuhl übernimmt, ist eine Entscheidung, die wegweisend ist, wie erfolgreich der Strukturwandel in den nächsten Jahren verlaufen wird“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus, Wolfgang Krüger, dem rbb Inforadio. Vize-Ministerpräsidentin Ursula Nonnemacher von den Grünen beglückwünschte Schick bei Twitter: „Cottbus hat sich für Demokratie und Zukunft entschieden.“

Tobias Schick (SPD) ist der neue Oberbürgermeister von Brandenburgs zweitgrößter Stadt.
Tobias Schick (SPD) ist der neue Oberbürgermeister von Brandenburgs zweitgrößter Stadt.

© dpa/Frank Hammerschmidt

Die Wahl galt als bedeutsam über die zweitgrößte Stadt Brandenburgs hinaus, denn es ging auch darum, ob die AfD bundesweit den ersten Oberbürgermeister einer Stadt stellt. AfD-Bewerber Schieske sprach trotz der Niederlage von einem „Riesen-Erfolg“. Er habe gegen alle anderen Parteien gekämpft. „Ich denke, wir haben gut mobilisiert.“ Der AfD-Politiker holte 13.483 Stimmen, das sind 2457 mehr als in der ersten Wahlrunde am 11. September. Er forderte Schick dazu auf, die AfD-Wähler einzubinden. „Da ist er am Zug.“

Schick, bisher Geschäftsführer des Stadtsportbundes, will zahlreiche Vorhaben angehen. Er nannte Rechtsextremismus, Mobilität und die Stärkung von Stadtteilen als Beispiele für Projekte, die bereits verabschiedet seien. „Wir müssen sie auch umsetzen“, sagte Schick. Am Sonntagabend kündigte er an, einen neuen Stil einführen zu wollen. Es gehe um eine neue, parteiübergreifende Fairness.

Der noch amtierende CDU-Oberbürgermeister Holger Kelch war aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr angetreten. Sein Nachfolger beginnt das Amt am 30. November. Damit geht der Chefsessel im Rathaus wieder an die SPD. Der Sozialdemokrat Frank Szymanski führte die Stadt von 2006 bis 2014. (dpa, AFP)

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