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Tobias Schick (SPD) holte bei der Wahl zum Oberbürgermeister in Cottbus 31,8 Prozent der Stimmen.

© Foto: dpa/Frank Hammerschmidt

Update

AfD-Kandidat unterliegt im ersten Wahlgang: Die SPD gewinnt mit Tobias Schick in Cottbus – vorerst

Cottbus steht vor einer Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten von SPD und AfD um das Amt des Oberbürgermeisters. Die CDU verliert einen wichtigen Posten.

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Bei der Wahl des Oberbürgermeisters von Cottbus hat der SPD-Kandidat Tobias Schick vorerst einen klaren Sieg errungen – es kommt jedoch zur Stichwahl gegen den AfD-Kandidaten. Schick, der Geschäftsführer des städtischen Sportbundes ist, vereinte 31,8 Prozent der Stimmen für sich. Der AfD-Kandidat und Landtagsabgeordnete Lars Schieske kam auf 26,4 Prozent. Damit treten beide am 9. Oktober zur Stichwahl an.

Ein drohender Wahlsieg des AfD-Politikers in Cottbus hat offenbar die Wähler mobilisiert. Die Wahlbeteiligung unter den 79.000 Stimmberechtigten lag bei 53,3 Prozent. Bei der vorherigen Oberbürgermeisterwahl 2014 waren es knapp 49 Prozent. Für die Stichwahl ist damit zu rechnen, dass die demokratischen Parteien zur Unterstützung des SPD-Politikers Schick aufrufen. Grüne und Linke hatten erst gar keine eigenen Kandidaten aufgestellt.

Der AfD waren gute Chancen ausgerechnet worden

Dem AfD-Kandidaten Lars Schieske, der seit 2019 Landtagsabgeordneter per Direktmandat ist, waren gute Chancen auf einen Wahlsieg ausgerechnet worden. Aus der Kommunal- und der Landtagswahl 2019 war die AfD in Cottbus jeweils als stärkste Kraft hervorgegangen. Bei der Bundestagswahl 2021 ging das Mandat an die SPD, die AfD lag dahinter. Die AfD hatte die Wahl in Cottbus als „Zeichen der Wende“ deklariert, sogar AfD-Co-Chefin Alice Weidel war zum Wahlkampfabschluss nach Cottbus gekommen. Ein Oberbürgermeister der AfD in einer deutschen Großstadt wäre ein Novum.

Der AfD-Kandidat Lars Schieske ist seit 2019 Landtagsabgeordneter per Direktmandat ist. Er landete mit 26,4 Prozent in Cottbus auf Platz zwei.

© Foto: dpa/Silke Nauschütz

Schieske wird im Gegensatz zu anderen Mitgliedern der Partei und der Landtagsfraktion bislang nicht vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft, die Partei selbst ist in Brandenburg ein Verdachtsfall. Schieskes Verbindungen in die rechte Szene sind dennoch deutlich. Er selbst bezeichnet sich als Mitbegründer des Treffpunkts „Mühle“ in der Innenstadt, der Verfassungsschutz spricht offiziell von einem rechtsextremistischen Szeneobjekt.

Das rechte Milieu hat sich in Cottbus über Jahre verfestigt und auch wirtschaftlich über Unternehmen etabliert. Es gibt ein Netzwerk aus Hooligans, Sicherheitsunternehmen, Neonazis und Modelabes. Die Region ist der Hotspot der rechtsextremen Szene in Brandenburg.

In der Flüchtlingskrise ab 2015 und in der Corona-Pandemie war Cottbus das Zentrum von Protesten, die von der AfD und anderen rechtsextremen Gruppen angefeuert und von ihnen für ihre Zwecke genutzt wurden. Die Menschen in der Region leben seit Jahren in Unsicherheit. Die Stadt steht mit dem geplanten Braunkohleausstieg vor einem erneuten Strukturwandel.

Bei der Wahl am Sonntag traten insgesamt sieben Kandidaten an. Die Wählergruppe Unser Cottbus landete bei sechs Prozent, die FDP knapp dahinter, ein Einzelbewerber bei 1,7 Prozent. Die AfD dürfte wichtige Stimmen an die Kandidatin der aus dem Querdenker-Milieu hervorgegangenen Partei „Die Basis“ verloren haben. Diese kam immerhin auf knapp vier Prozent. Der Abstand der AfD zur SPD betrug fünf Prozent. Deutlich war der Unterschied bei den Briefwählern: Der SPD-Kandidat kam hier auf 34 Prozent, der CDU-Kandidat auf 32,5 Prozent, der AfD-Politiker Schieske nur auf 15,5 Prozent.

Wir brauchen nicht nur Protest, sondern wir wollen nach vorn kommen.

Tobias Schick (SPD)

Er sei unglaublich dankbar, als erster über die Ziellinie gegangen zu sein, sagte SPD-Kandidat Schick der Deutschen Presse-Agentur nach der ersten Wahlrunde. „Ich weiß natürlich auch, was das bedeutet, dass die AfD mit in die Stichwahl gekommen ist. Deshalb geht es wirklich darum zu vermitteln: Wie können wir in Cottbus gemeinsam die Zukunft gestalten? (...) Wir brauchen nicht nur Protest, sondern wir wollen nach vorn kommen“, sagte der Politiker. Auch AfD-Bewerber Schieske zeigte sich mit dem ersten Wahlgang zufrieden. „Wir sind in der Stichwahl, das ist schon erstmal ein großer Erfolg“, sagte der Berufsfeuerwehrmann. „Wir haben gezeigt, dass wir die Leute an die Urne bringen können.“

Die Brandenburger SPD nahm den ersten Wahlgang mit Freude auf, die CDU zeigte sich enttäuscht. „Es war unser Ziel und wir freuen uns natürlich sehr, dass das geklappt hat, dass Tobias Schick die Cottbusserinnen und Cottbuser überzeugt hat“, sagte SPD-Generalsekretär David Kolesnyk. CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann sagte: „Das tut natürlich weh, dass wir da jetzt nicht in der Stichwahl sind.“

CDU verliert wichtigen Posten in Brandenburg

Die CDU verliert mit der Wahl einen wichtigen Posten in Brandenburg, es gibt im Land nur in den vier kreisfreien Städten Oberbürgermeister. CDU-Amtsinhaber Holger Kelch war in Cottbus aus gesundheitlichen Gründen zur Wahl nicht wieder angetreten. Die Amtsübergabe im Rathaus erfolgt erst am 1. Dezember. Bis dahin führt Kelch die Stadtgeschäfte.

Bislang hatte die CDU zwei Oberbürgermeister – neben Cottbus mit Steffen Scheller einen weiteren in Brandenburg/Havel. In Potsdam führt mit Mike Schubert ein Sozialdemokrat das Rathaus, in Frankfurt (Oder) der Linke-Politiker und frühere Landtagsabgeordnete René Wilke. In Cottbus landete nun der CDU-Kandidat und Leiter des Cottbuser Ordnungsamtes, Thomas Bergner, mit 24,7 Prozent knapp hinter dem AfD-Politiker Schieske.

Rechte Kreise versuchten, den Vorwurf des Wahlbetrugs zu lancieren. In der Gruppe Cottbus Widerstand beim Messengerdienst Telegram hatte ein Nutzer geschrieben, wer als potenzieller AfD-Wähler verortet werde, bekomme entwertete Stimmzettel – weil die rechte obere Ecke des Stimmzettels fehle. Das Rathaus wies das als falsch zurück. Die Ecke sei „nur ein Hinweis für Menschen mit Sehbehinderungen, um den Zettel mit Schablone richtig einlegen zu können“, sagte Wahlleiter Carsten Konzac. „Das ist bei allen Wahlzetteln so.“ (mit dpa)

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