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Regierende. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Christian Görke, Linke-Landeschef und weiterhin Finanzminister, auf der Regierungsbank im Landtag.

© dpa

Brandenburg: Woidke bewährt sich

Dieser Sieg war alles andere als sicher im Superwahljahr. Doch am Ende regieren wie immer die Sozialdemokraten

Dietmar Woidke (SPD) hat es geschafft: Er hat der SPD auch im Jahr 25 nach der Wiedergründung des Landes die Macht in Brandenburg erhalten. Und er hat nach dem Rückzug von Matthias Platzeck gezeigt, dass er seine Partei zum Sieg führen kann. Dabei sieht es in diesem Jahr zunächst gar nicht danach aus: Noch im September 2013 hatte die CDU den Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl eine herbe Niederlage zugefügt. Auch in den Umfragen liefern sich CDU und SPD lange Zeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die CDU macht sich Hoffnung, sie setzt auf Bildung, innere Sicherheit und den Zusammenhalt des Landes, doch ihr Spitzenmann Michael Schierack bleibt blass.

Woidke kämpft seit Jahresbeginn für seine Wahl. Erst stoppt er den radikalen Personalabbau bei der Polizei. Dann zieht er ab Frühjahr durchs Land mit seinem „Küchenkabinett“ und auf Strohballenfeste. Persönlich wird es da, es menschelt gewaltig, Politik gibt’s nur am Rande. Er zeigt den Menschen: Ich bin einer von euch. Woidke setzt auf soziale Gerechtigkeit und erweitert sie sogleich: Er zählt jetzt auch die innere Sicherheit dazu.

Schon im Mai gibt es das erste Duell. Bei der Europawahl liegt die SPD mit 26,9 Prozent vor der CDU mit 25,0 Prozent. Die Kommunalwahl gewinnen knapp die Christdemokraten mit 24,8 Prozent, die SPD holt 24,5 Prozent. Die Linke verliert deutlich. Deren Ergebnis wie auch das der rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) lassen erahnen, wie es bei der Landtagswahl ausgeht. Die AfD holt bei der Europawahl 8,5 Prozent der Stimmen und zeigt, dass auch bei der Landtagswahl mit ihr zu rechnen ist. Später sollen sich alle Warnungen vor der AfD als Partei am rechten Rand in der Flüchtlingspolitik bestätigen. Die Grünen werden AfD-Chef Alexander Gauland als geistigen Brandstifter bezeichnen.

Dann am 14. September die Landtagswahl: Die seit 1990 regierenden Sozialdemokraten gewinnen erneut, bei leichten Verlusten. Woidke besteht seine Bewährungsprobe. Er und die SPD können sich entscheiden zwischen einem Bündnis mit der erstarkten CDU oder dem bisherigen Partner Linke, der die ersten fünf Jahre in der rot-roten Koalition gar nicht gut getan haben und die auf Platz drei geschwächt aus der Wahl hervorgeht – sie verliert ein Drittel ihrer Sitze. Die Grünen kommen mit einem Sitz mehr als bisher in den Landtag. Der Überraschungs-Sieger mit mehr als zwölf Prozent der Stimmen ist die AfD. Neu im Landtag sind auch die Freien Wähler, die dank eines Direktmandats für den früheren SPD-Mann Christoph Schulze drei Sitze holen – ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Die FDP scheitert mit 1,5 Prozent. Ihre ironische Kampagne „Keine Sau braucht die FDP“ haben die Wähler offenbar ernst genommen. Schon eineinhalb Wochen nach der Wahl steht fest, wer das Land weiter regiert. Brandenburgs SPD entscheidet sich nachSondierungsgesprächen mit Linken und CDU dafür, mit den Linken Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Woidke begründet die Absage an die CDU damit, dass deren Landeschef Schierack nicht bereit gewesen sei, ein Ministeramt zu übernehmen. „Ein wesentlicher Grund, um an der Führungsstärke und dem Gestaltungswillen der Brandenburger CDU zu zweifeln“, sagt Woidke. Schierack widerspricht. In den Sondierungen sei nicht über Personal geredet worden. Aber am Rande, sagt Woidke.

Wessen Version stimmt, bleibt unklar, es ist aber auch egal. Woidkes Ansage hat Wirkung gezeigt und war strategisch geschickt. In der CDU glauben viele ihrem Parteichef nicht, er ist beschädigt, ihm wird das Scheitern von Rot-Schwarz persönlich angelastet. Am Tag, als Woidke Anfang November von SPD und Linke im Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt wird, muss Schierack seinen Rücktritt vom Fraktionsvorsitz erklären. „Ich gehe einen Schritt zur Seite“, sagt Schierack. Sein Nachfolger als Oppositionsführer wird Ingo Senftleben.

Rot-Rot stellt die Zeichen auf „Weiter so“. Mehr Lehrer soll es geben, mehr Kita-Erzieher, aber alles ohne neue Schulden. Die SPD stellt sechs Minister, die Linke nur noch drei statt bisher vier. Die umstrittenste Personalie ist die Besetzung des Innenressorts mit dem für seine harte Asylpolitik bekannten früheren OberhavelLandrat Karl-Heinz Schröter (SPD), eigentlich ein Konservativer. Er soll für Woidke die umstrittene Kreisgebietsreform durchsetzen. Die gefällt auch in der SPD nicht jedem. Das zeigt sich bei Woidkes Wiederwahl zum SPD-Landeschef kurz vor Weihnachten. Das Ergebnis, 79,8 Prozent, ist für SPD-Verhältnisse in Brandenburg mager. Woidke weiß, was er tut, nur ums Gefallen geht es ihm nicht. Alexander Fröhlich

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