zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Als Reisetante quer durch die Welt

Wally Müller feierte ihren 100. Geburtstag

Alle schwärmen sie von Wally Müller – 100 Jahre ist sie nun alt. „Und unglaublich rege“, wie ihr enger Freund Horst Grünberg erzählt. Im Betreuten Wohnen der Hoffbauerstiftung in der Zeppelinstraße feierte die gebürtige Potsdamerin am Donnerstag ihr rundes Jubiläum – ganz in der Nähe ihres Geburtsorts.

Auf die Welt kam Wally Müller am Abend des 13. April 1906, einem Freitag. Dass sie einmal so alt werden würde, hat damals wohl noch niemand geglaubt. „Kurz nach der Geburt hat sie eine Nottaufe bekommen, weil sie noch so schwächlich war“, erinnert sich ihr Neffe Siegfried Müller an die Geschichten um die Geburt seiner Tante. Zusammen mit ihren drei Geschwistern sei sie als die „Lieblingstochter“ ihres Vaters aufgewachsen – und wie er bei der Post schlug auch sie eine Laufbahn als Beamtin ein. Wally Müller arbeitete im Fernmeldeamt. In der Zeit des Nationalsozialismus begann ihre Reiselust. Mit dem Programm „Kraft durch Freude“ fuhr sie beispielsweise mit dem Schiff nach Norwegen. Doch auch an den Schrecken der beiden erlebten Weltkriege erinnert sich die 100-Jährige, an die Verluste, die Trauer und den Trost. „Lieber Gott, ich danke dir“, sagt sie trotz solcher Erfahrungen.

In der DDR arbeitete sie weiter im Fernmeldeamt in der Yorckstraße – als Leiterin. „Sie war früher schick, charmant und beliebt“, sagt Horst Grünberg über das, was er von ihr und Bekannten gehört hat. Nach ihrem Beruf begann 1979 für Wally Müller mit ihrer Übersiedlung ins westdeutsche Hannover noch einmal ein ganz neuer Lebensabschnitt. „Sie wurde zu unserer Reisetante und schickte uns Postkarten aus allen Teilen der Welt“, sagt Siegfried Müller. „Ich stand vor der Klagemauer in Jerusalem und habe im Jordan meine Füße gekühlt“, sagt Wally Müller mit glänzenden Augen. Noch bis zum Alter von etwa 90 Jahren reiste sie allein – so genau weiß das heute keiner mehr. Noch vor drei Jahren nahm die rüstige Seniorin an betreuten Touren und Ausflügen teil. „Nur Holland und Spanien hätte ich noch gern gesehen“, bedauert sie.

Vor sechs Jahren zog Wally Müller zurück in ihre Heimatstadt Potsdam – und ist seitdem in ihrer betreuten Wohngemeinschaft fast eine Art Star. Denn noch immer schreibt sie jede Woche mit ihrer klaren Schrift einfache Gedichte über die Schönheiten von Frühling, Fasching oder Weihnachten – und klebt rundherum jeweils bunte Bilder, die sie aus Zeitschriften ausschneidet. Im Betreuten Wohnen sind deshalb zu ihrem Ehrentag überall solche Kollagen und Tischkarten aufgehängt. Helga Thorndike, die Leiterin des Betreuten Wohnens, ist regelmäßig von Wally Müller beeindruckt: „Jetzt kurz vor ihrem 100. Geburtstag hat sie fast im Akkord solche Karten gebastelt.“ Henri Kramer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false