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Zahlreiche Kita- und Schulkinder sind derzeit krank.

© Getty Images/Stockphoto

Ärzte überlastet, Klinik voll: Krankheitswelle bei Potsdamer Kindern

Atemwegserkrankungen breiten sich derzeit stark in ganz Deutschland aus - auch in Brandenburgs Landeshauptstadt. An einer Schule fehlt fast die Hälfte der Schüler.

Die Zahlen sind alarmierend: 240 von 550 Schüler:innen der Rosa-Luxemburg-Grundschule waren Anfang der Woche krankgemeldet - fast die Hälfte. Hohes Fieber, Husten und Magen-Darm-Probleme nennt die Schulleitung in einem Schreiben an die Familien als Hauptgründe. Auch zahlreiche Erzieher:innen seien erkrankt, heißt es dort, der Frühhort bleibt deshalb in dieser Woche geschlossen. Bei Krankheitszeichen empfiehlt die Schulleiterin einen Influenza-Test.

Dem Potsdamer Gesundheitsamt ist bislang nach Angaben einer Sprecherin nur die Situation an der Rosa-Luxemburg-Grundschule bekannt - allerdings besteht auch keine Meldepflicht über den allgemeinen Krankheitsstand. Die Lage an der Grundschule in der Innenstadt scheint kein Einzelfall zu sein. Offenbar rollt durch Potsdam derzeit eine Krankheitswelle. Bis zu 70 Prozent Krankenstand in den Klassenstufen fünf und sechs, berichtet eine Lehrerin an einer Gesamtschule. Zehn von 26 Kinder krank, meldet eine Mutter aus der Klasse ihres Sohnes an der Evangelischen Grundschule. Auch in Kitas gibt es teils erhöhte Krankenstände.

In der Kinderklinik steigen die Patientenzahlen

Potsdams Kinderärzte scheinen ebenfalls unter der hohen Zahl an Infektionen zu ächzen. „Aufgrund des erhöhten Patientenaufkommens können wir keine Anrufe entgegen nehmen“, lautet die automatische Telefonansage der Praxis Koblauch und Rohbeck am Luisenplatz. Die Kinderarztpraxis am Kirchsteigfeld zieht radikale Konsequenzen: „Aufgrund der Vielzahl von Erkrankungen sehen wir uns zu einem Annahmestopp zu 10 beziehungsweise 16 Uhr gezwungen!“

Auch in der Kinderklinik in Potsdam ist die Welle angekommen. Seit Oktober steigen die Patientenzahlen kontinuierlich, erläuterte eine Sprecherin des Bergmann-Klinikums auf Anfrage. „Bedingt ist dieser Anstieg vorwiegend durch schwer verlaufende Atemwegs-Erkrankungen bei Kindern, die einer stationären Überwachung, einer Sauerstofftherapie oder einer Atmungsunterstützung bedürfen.“ Bis zu 80 Prozent der Patient:innen der Kinderstation seien aufgrund einer RSV-Infektion in Behandlung. Gemeint sind Respiratorische Synzytial-Viren, die insbesondere bei Babys und jüngeren Kindern eine akute Atemwegserkrankung hervorrufen können.

Solche saisonalen Anstiege seien nicht unüblich. „Allerdings übersteigt die Anzahl der gleichzeitig stationär behandlungsbedürftigen RSV-erkrankten Kinder die übliche saisonale Häufung deutlich“, so die Sprecherin. Täglich seien etwa zehn bis 14 Patient:innen mit einer RSV-Erkrankung in stationärer Behandlung. Bei der Influenza, also Grippe, entspreche die Fallzahl der üblichen Größenordnung vor der Corona-Pandemie. Das sind derzeit zwei bis drei Kinder pro Tag, die aufgrund einer Influenza behandelt werden. Magen-Darm-Infekte spielten in der Kinderstation aktuell keine größere Rolle.

Die Anzahl der gleichzeitig stationär behandlungsbedürftigen RSV-erkrankten Kinder übersteigt die übliche saisonale Häufung deutlich.

Sprecherin des Bergmann-Klinikums

Atemwegserkrankungen haben aktuell ganz Deutschland im Griff. Etwa sieben Millionen Menschen sind laut Bericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) betroffen - weit mehr als vor der Pandemie zu dieser Jahreszeit üblich, und besonders viele Schulkinder. „Die Erkältungswelle schlägt früher ein, als wir es gewohnt sind. Wir haben ordentlich zu tun“, sagte Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, am Dienstag. Verschiedene Erkältungsviren, Influenza und RS-Viren seien momentan im Umlauf. Dabei seien es oft einfach viele Infekte, die aufeinanderfolgten und in der Regel harmlos seien.

Durch die Corona-Pandemie und das Tragen von Masken hätten viele Kinder nicht die Möglichkeit gehabt, ihr Immunsystem zu trainieren. „Es sind winterliche Verhältnisse, die wir derzeit haben“, berichtet Maske, der mit einem Kollegen am Montag allein in seiner Praxis in Berlin 160 junge Patienten behandelte - statt 90 bis 110 Kinder und Jugendliche wie üblich. Die Kunst bestehe darin, die wirklich kranken Kinder herauszufiltern. Die Situation mache ihm und Kollegen sehr zu schaffen. „Im Moment ist es eher ein Durchschleusen als eine gute Medizin.“ (mit dpa)

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