zum Hauptinhalt

Von Jana Haase: Aufklären, helfen, mitmischen

Sophie Haebel engagiert sich seit Jahren für den Klimaschutz – heute ist die Potsdamerin Gast beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten

Brandenburger Vorstadt – Klimaschutz fängt für sie nicht vor der eigenen Haustür an. Sondern auf dem eigenen Dach. Dort, auf einer renovierten Remise in einem Hof in der Brandenburger Vorstadt, haben Sophie Haebel und ihr Ehemann eine Solaranlage installiert. Alles andere würde auch verwundern bei der Frau, die nicht nur Initiatorin und Mitbegründern des Potsdamer Solarvereins ist, sondern auch die stellvertretende Vorsitzende des Energieforum Potsdam e.V., in dem sie seit der Gründung vor fast vier Jahren mit dabei ist. Außerdem leitet die 46-Jährige die Neue Energie Genossenschaft e.G. und sitzt im Klimarat der Landeshauptstadt Potsdam. All das ehrenamtlich, versteht sich.

Soviel Klimaschutz-Engagement war dem Planungsstab von Bundespräsident Christian Wulff (CDU) jetzt eine Einladung zum traditionellen Neujahrsempfang im Schloss Bellevue wert: die Potsdamerin steht, wie auch Gabriela Schrader vom Beelitzer Verein Kindersorgen-Sorgenkinder, auf der Gästeliste des „Neujahrsempfangs des Bundespräsidenten und von Frau Bettina Wulff für Repräsentanten des öffentlichen Lebens sowie für Bürgerinnen und Bürger aus allen Bundesländern“, wie die Veranstaltung am heutigen Donnerstag etwas umständlich heißt. Sogar eine Kleiderempfehlung gibt es für den Termin in Berlin: kurzes Kleid, Kostüm oder Hosenanzug für die Frauen, dunkler Anzug für die Herren, Trachten sind ausdrücklich erwünscht.

Das strenge Protokoll ist Sophie Haebel fast etwas peinlich. Denn so wichtig nimmt die promovierte Chemikerin ihr Engagement nicht, sie spricht sogar bescheiden von einem „Nebenthema“. Dass sich bei der Energieversorgung grundlegend etwas ändern muss, das ist für die Potsdamerin, die 1995 nach langjährigen Aufenthalten in Dänemark, Frankreich und der Schweiz an die Havel zog – „Potsdam war Liebe auf den ersten Blick“ – längst eine Selbstverständlichkeit.

„Unser Lebensstandard beruht auf einem sehr hohen Energieverbrauch, aber die Energiereserven der Erde sind nicht unendlich“, erklärt die Naturwissenschaftlerin, die als Mitarbeiterin beim Projektträger Jülich in Berlin Fördergelder der Bundesregierung für Forschungsprojekte zur Energieversorgung bewilligt. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird das irgendwann ein böses Erwachen geben“, sagt sie mit Blick auf den Umgang mit Energie in der Gesellschaft. Mit ihrem ehrenamtlichen Engagement wolle sie dazu beitragen, „dass der Wandel einigermaßen glimpflich vonstatten geht“, sagt sie. Es gehe es ihr darum, „aufzuklären, zu helfen, zu beraten, in der Stadt mitzumischen“.

Erste Erfolge sind damit in Potsdam durchaus zu verzeichnen: vor gut zwei Jahren nahm die bis dato größte Solaranlage der Stadt auf dem Dach der Montessori-Schule in der Schlüterstraße den Betrieb auf. Die knapp 700 Quadratmeter große Anlage, die seitdem pro Jahr rund 55 000 Kilowattstunden ins Netz einspeist – das entspricht dem Jahresverbrauch von 18 Haushalten –, ist Aushängeschild der von Haebel mitgegründeten Neuen Energie Genossenschaft. Eine dritte genossenschaftlich finanzierte Bürger-Solaranlage auf einem Garagendach am Polizeistandort in Eiche ist momentan in Planung, sagt Haebel.

„Das sind kleine Schritte, man muss geduldig sein“, räumt sie ein. Zum Beispiel beim Thema Klimaschutzkonzept, das die Stadt im vergangenen Jahr für 250 000 Euro erstellen ließ. Erklärtes Ziel: der Kohlendioxidausstoß der Landeshauptstadt soll innerhalb von 15 Jahren um 20 Prozent zurückgefahren werden. Erstes spürbares Ergebnis war das Ende 2010 online gegangene „Solardachkataster“. Auf dieser Internetseite können Grundstückseigentümer kostenlos die Eignung ihrer Dächer für Solaranlagen prüfen.

Die Umsetzung von vielen anderen im Konzept vorgeschlagenen Maßnahmen lässt dagegen noch auf sich warten. Und das Interesse der Potsdamer war bisher gelinde gesagt miserabel: als das Konzept im Herbst 2010 auf Bürgerversammlungen diskutiert werden sollte, blieben die Stühle zum großen Teil leer. In der Verwaltung und bei den städtischen Unternehmen werde das Thema Umweltschutz mittlerweile ernst genommen, glaubt Sophie Haebel: „Aber es ist schwierig, auch die Potsdamer Bevölkerung damit zu erreichen.“

Doch Klimaschutz muss auch auf lokaler Ebene angegangen werden, davon ist Sophie Haebel überzeugt: „Hier haben wir direkt Einfluss und die besten Chancen, etwas zu verändern“, sagt sie.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false