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Musiker Thomas Kretschmer von der Kammerakademie Potsdam (KAP), KAP-Geschäftsführer Alexander Hollensteiner, Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) sowie Schulleiterin Amrei Dettbarn (v.l.) sowie Schüler und Schülerinnen der 6b freuen sich über das Tandem-Musikprojekt an der Grundschule am Priesterweg.

© Ottmar Winter PNN / Ottmar Winter PNN

Bildungsministerin besucht Potsdamer Schule : Britta Ernst (SPD) in Grundschule Am Priesterweg

Schulen in Potsdam stehen vor vielen Herausforderungen. Am Priesterweg begegnet man diesen mit viel Engagement. Davon konnte sich Britta Ernst (SPD) am Mittwoch selbst ein Bild machen.

Wer schon als Kind merkt, dass er Musik liebt, aber aus einem armen Elternhaus kommt, hat ziemlich Pech. Denn Musikinstrumente sind teuer und der Unterricht kostet Geld. Schulen wie die Grundschule Am Priesterweg sind für solche Kinder ein Glücksfall: Im Musikraum der Schule im Potsdamer Stadtteil Drewitz gibt es Keyboards und andere Musikinstrumente, dank einer Kooperation mit der Kammerakademie Potsdam (KAP) können die Schüler und Schülerinnen auch das Musizieren von Profis lernen. Wie gut das klappt, davon hat sich Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) am Mittwoch bei einem Besuch ein Bild gemacht.

„Ich will nicht nur im Ministerium sitzen, sondern auch selber schauen, wie die Lage vor Ort ist“ , sagte Ernst. Kritiker:innen der Ministerin würden vermutlich sagen, dies ist höchste Zeit: Im Herbst 2022 stellte Ernst einen Zwölf-Punkte-Plan vor, um den Unterricht in Brandenburg zu verbessern. Oppositionspolitiker:innen kritisierten, der Plan sei unkonkret: „Was zeitnah an den Grundschulen passieren muss, bleibt unklar“, sagte zum Beispiel Kathrin Dannenberg, Bildungsexpertin der Linksfraktion.

Zumindest in der Grundschule am Priesterweg geschieht jetzt schon einiges: Neben verschiedenen Projekten zur musikalischen Weiterbildung gibt es auch Ferienprogramme. „Das ist für Kinder aus schwierigen Familien ganz besonders wertvoll“, sagt Schulleiterin Amrei Dettbarn. Auch der Umgang mit Neuen Medien werde hier großgeschrieben: So ist die Schule zum Beispiel mit 180 iPads ausgestattet, auch Programme zur Audio-Bearbeitung sind verfügbar. Damit hätten Schüler und Schülerinnen zum Beispiel Goethes Gedicht „Der Erlkönig“ als Hörspiel vertont, so Dettbarn.

Profimusiker mit pädagogischem Feingefühl

Mit der Kammerakademie Potsdam gibt es außerdem ein Tandemprojekt: Musiker Thomas Kretschmer übt hier gemeinsam mit den Schüler und Schülerinnen der Klasse 6b japanische Musik. Dafür hat er die Kinder in drei Gruppen an unterschiedlichen Instrumenten eingeteilt. Eine ganze Klasse auf einen gemeinsamen Takt zu bringen, erfordert Geduld – und davon hat Kretschmer offenbar reichlich. Nach ein paar anfänglich noch schiefen Tönen funktioniert es aber und alle Kinder spielen gemeinsam eine japanische Melodie, die Thomas Kretschmer auf der Geige begleitet.

Wir wollen die Situation für Seiteneinsteiger verbessern und ihnen eine Verbeamtungsperspektive schaffen.

Britta Ernst, Bildungsministerin in Brandenburg (SPD)

Ministerin Ernst war hiervon sichtlich beeindruckt. Die Bildungsministerin versprach, den Fachkräftemangel an den Brandenburger Schulen anzugehen. „Wir wollen die Situation für Seiteneinsteiger verbessern und ihnen eine Verbeamtungsperspektive schaffen.“, sagte sie. Sie wisse, dass es für die Lehrkräfte „außergewöhnliche Zeiten“ seien. Eine der jüngsten Herausforderungen an Schulen ist die Integration ukrainischer Kinder, 464 gehen aktuell in der Landeshauptstadt zur Schule.

Integrations-Profis aus Erfahrung

Was Integration angeht, blickt man Am Priesterweg auf einen reichhaltigen Erfahrungsschatz zurück: „Mit dem Thema Migration haben wir hier ja nicht erst seit gestern zu tun“, sagt Schulleiterin Dettbarn. Aus ihrer Erfahrung weiß sie: „Migration und Herkunft sind zweitrangig und Deutsch lernen nicht das Problem. Was uns vor Herausforderungen stellt, sind soziale Probleme.“ Die Schulleiterin erinnert an eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung von 2018: Demnach sei Potsdam eine der Städte in Deutschland mit der höchsten Segregation. Das heißt: In kaum einer anderen Stadt leben Arm und Reich so getrennt wie in Potsdam. In Drewitz sind besonders viele Familien von Sozialleistungen abhängig.

Das schlechte Image des Stadtteils färbe auch auf die Schule ab, bedauert Dettbarn. „Es gibt da eine Art Negativspirale“, sagte sie: Ökonomisch besser gestellte Familien würden ihre Kinder oft nicht zur Grundschule Am Priesterweg schicken, weil sie Angst hätten, dass ihr Kind dort nicht gut lernen könne. Eine aus ihrer Sicht notwendige Durchmischung von Kindern mit unterschiedlichen Lebenszusammenhängen fände so nicht statt, so Dettbarn.

Schule anders denken

„Um solche Probleme zu regeln, ist eigentlich die Politik da“, findet Alexander Hollensteiner, Geschäftsführer der Kammerakademie. „Es wird zwar oft erwartet, aber: Schulen können solche Herausforderungen nicht alleine bewältigen“, sagt er. Hollensteiner glaubt: „Wir müssen Schule in vielerlei Hinsicht ganz anders denken.“ Die Grundschule Am Priesterweg mit ihren vielen Projekten sei da ein positives Beispiel.

Kyra aus der 6b sieht das ähnlich. Besonders toll findet sie das Tandemprojekt mit Thomas Kretschmer. „Es macht richtig viel Spaß mit Thomas und es ist toll, an den Instrumenten spielen zu können“, freut sie sich. „Das ist mal was anderes als einfach nur Unterricht.“ Dass es an ihrer Grundschule solche Projekte gibt, weiß die Zwölfjährige zu schätzen: „Ich würde mir wünschen, dass es sowas auch an anderen Schulen gibt“, sagt sie.

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