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An dieser Schule büffelten schon Heinrich von Kleist und Max Dortu. Zum Tag des offenen Denkmals werden hier Führungen angeboten.

© A. Klaer

Tag des offenen Denkmals in Potsdam: Bitte Kopf einziehen

Die Grand École ist Potsdams älteste Schule. Das barocke Haus mit zum Teil original niedriger Deckenhöhe kann am Tag des offenen Denkmals besichtigt werden.

Potsdam - Es ist ein Haus der Gegensätze: In Potsdams ältestem Schulgebäude in der Friedrich-Ebert-Straße 17 kann man an dem vielleicht modernsten Bildungsgang teilnehmen. In der Schule des zweiten Bildungsweges „Heinrich von Kleist“ kann man Schulabschlüsse sogar online ablegen, das Abitur in der Tagesschule oder berufsbegleitend in Abendkursen. 434 Schüler, junge Erwachsene, hat die Schule insgesamt in diesem Jahr.

Besonders ist aber auch das Gebäude. Nicht nur Schüler und Lehrer gehen hier ein und aus, sondern auch Touristen. „Jede Menge“, sagt die Schulleiterin Angela Hoffmann. Ein Problem ist das keineswegs. Die Schule möchte ein offenes Haus sein, in jeder Hinsicht. Von 8 bis 22 Uhr, solange unterrichtet wird und die Türen offen stehen, sind nicht nur Studierende, sondern auch Besucher jederzeit gern gesehen. Und sie kommen. „Die Schule wird tatsächlich in vielen Reiseführern erwähnt“, sagt die Direktorin.

Potsdams älteste weiterführende Bildungseinrichtung

Sie betreten oft neugierig und und etwas zögerlich die Toreinfahrt – „Darf man hier rein?“ – und bleiben zunächst vor den Schautafeln mit der Chronologie von Stadt- und Schulgeschichte mit den vielen historischen Fotos stehen. Dann gehen sie weiter in den Innenhof und staunen über die Ruheoase mitten im Stadtzentrum. Vor dem Haus rollt der Verkehr, im Hof ist es grün und idyllisch.

Die Große Stadtschule wurde 1739 eröffnet. Französisch war die Sprache der Wahl, vor allem der Gebildeten, und das Haus, von Anfang an schließlich als Schule gedacht, hieß Grande École. Es ist heute Potsdams älteste weiterführende Bildungseinrichtung – und eines der ältesten, gut erhaltenen barocken Gebäudeensemble der Stadt überhaupt. Zum Tag des offenen Denkmals ist es nun wieder geöffnet und kann dann auch von innen besichtigt werden. Ausnahmsweise wird dabei auch der riesige, umlaufende Dachboden aufgeschlossen.

Heinrich von Kleist ging hier zur Schule

Der Bau der Bildungseinrichtung geht auf König Friedrich Wilhelm I. zurück. Es sollte ein Ort werden, an dem man eine Art Hochschulreife erwirbt. Hier machte zum Beispiel der spätere Revolutionär Max Dortu sein Abitur. Berühmtester Schüler war Heinrich von Kleist, der der Schule später ihren Namen gab. Zwischenzeitig wurde die Schule Lyzeum, eine höhere Mädchenschule, dann Gymnasium und bis 1999 Grundschule. Damals sollte das Gebäude verkauft werden, doch man entschied sich anders: Im Jahr 2001 zog das Abendschul-Kolleg ein, Fassade und Innenhof wurden 2004 denkmalgerecht saniert.

An das historische Ambiente und die Umständlichkeiten, die so ein altes Haus mit sich bringt, haben sich Schüler als auch Lehrer gewöhnt. Aber die historisch kleinen Klassenzimmerchen passten gut zum Schulkonzept. Wunderschön sind die Treppenhäuser mit Wandmalerei und Holzgeländer inklusive kleiner gedrechselter Stopper auf den Handläufen, die ein schnelles Hinunterrutschen unmöglich oder zumindest schmerzhaft machen sollten. Erst vor zwei Jahren wurden die Flure und Treppenhäuser denkmalgerecht restauriert und sehen wieder schick aus. Bisweilen muss man sich allerdings unter der niedrigen Deckenhöhe, etwa 1,90 Meter, hinwegducken. Aber Schüler und Lehrer kennen diese Stellen.

Initialen des Soldatenkönigs

Was dem Haus allerdings fehlt, ist eine Aula, der große Raum fiel wohl Umbauten nach dem Krieg zum Opfer. Die alte Aula könnte sich einst im ersten Obergeschoss befunden haben, sagt Angela Hoffmann, etwa dort, wo sich heute Sekretariat und Direktorenzimmer mit Potsdams ältestem Balkon befinden. Der ist ein hübscher Blickfang: In das schmiedeeiserne Gitter sind die vergoldeten Initialen des Soldatenkönigs eingearbeitet.

Für größere öffentliche Veranstaltungen wie Lesungen nutzt man einen Klassenraum im Untergeschoss – oder den begrünten Innenhof, zum Beispiel für Theateraufführungen. Der Blick fällt dabei auch auf die Rückseite der Häuser am Bassin vom Holländischen Viertel – überraschend schlicht und weiß verputzt. Nur die Front der holländischen Häuser wurde mit den traditionellen roten Ziegeln errichtet.

Keine Schulklos im alten Schulgebäude

Auch ein Erbe der Historie: Im ganzen Schulgebäude gibt es keine sanitären Anlagen. Das war halt damals so, sagt Direktorin Angela Hoffmann. Man erledigte das in einem Holzverschlag auf dem Hof. Heute befindet sich dort selbstverständlich ein moderner Sanitärtrakt.

Am Sonntag wird auch der Dachboden der Schule aufgeschlossen und darf bei Führungen besichtigt werden. Das Besondere hier: Die Holzböden sind original, ebenso die Wandziegel. Und der ganze Dachboden reicht komplett und durchgängig über das gesamte Haus, man kann also längs hindurchlaufen. Nutzen kann die Schule das Dachgeschoss freilich nicht. Aus Brandschutzgründen darf hier nicht mal etwas gelagert werden.

275 Jahre Grande Ècole

Im vergangenen Jahr wurde die Grande École 275 Jahre alt. Die Schüler nahmen das zum Anlass und beschäftigten sich intensiv mit der Geschichte des Hauses. Der Deutschkurs von Christopher Brandt, Lehrer für Deutsch und Geschichte, produzierte sogar einen aufwendigen Image-Film. Hier kommen Politiker und ehemalige Schüler zu Wort, historisches Bildmaterial aus dem Stadtarchiv wird gezeigt. Zum Tag des offenen Denkmals wird der Film in Endlosschleife gezeigt.

Am Sonntag ist die Kleist-Schule in der Friedrich-Ebert-Straße 17 von 12 bis 16 Uhr geöffnet, Führungen finden um 13 und 15 Uhr statt

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