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Die Visualisierung des umgebauten Staudenhofs.

© Hütten & Paläste

Debatte um Potsdamer Staudenhof: Gegner des Abrisses präsentieren Alternative

Initiative „Rettet den Staudenhof“ verlangt ein Moratorium für den DDR-Bau. Der Pro Potsdam werfen die Aktivisten Trickserei bei den Kosten vor.

Die von bekannten Klimaschützern unterstützte Initiative „Rettet den Staudenhof“ hat ihre Pläne für eine Sanierung des Wohnblocks am Alten Markt vorgestellt – und zugleich dem Rathaus und der kommunalen Bauholding Pro Potsdam die Nutzung falscher Zahlen vorgeworfen. Ein Abriss des DDR-Baus plus anschließendem Neubau wäre klimaschädlich und würde rund 3000 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente verursachen, hieß es bei einer Pressekonferenz am Freitag, bei der sich nun auch die Sprecherin des offiziellen Klimarats der Stadtverwaltung, Sophie Haebel, für den Staudenhof-Erhalt stark machte.

Dem ab Sommer geplanten Abriss und dem Neubau, der wegen anderer Bauarbeiten in der Potsdamer Mitte erst ab 2027 erfolgen würde, setzte die Initiative eine eigene Variante entgegen. Sie sieht vor, den Staudenhof durch drei ergänzende Holzbauten einzufassen. Diese könnten für die Zeit der Staudenhof-Sanierung als Ersatzwohnfläche genutzt werden, so ein Gedanke dabei. Zugleich könne man die Einraumwohnungen im Staudenhof durch „geringe Eingriffe in die Substanz“ zu Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnungen umbauen, heißt es im Konzept der Initiative. Um diese nachhaltigere Variante ausführlich den bisherigen Plänen auch mit Blick auf die Öko-Bilanz realistisch gegenüberstellen zu können, forderte die Initiative ein neues Moratorium für den Block.

Vorschlag für den Umbau vom Staudenhof
Vorschlag für den Umbau vom Staudenhof

© Rita Boettcher

Zugleich warf der frühere Chef des Landesbetriebes für Liegenschaften und Bauen (BLB), Norbert John, der Pro Potsdam Zahlentricksereien vor. So spreche ein Gutachten, das die Pro Potsdam im Zuge der Kündigungen der Staudenhof-Mieter als Begründung mitsendete, nur von 6,5 Millionen Euro Kosten für die Sanierung – statt von 17,9 Millionen Euro, wie bisher von der Pro Potsdam behauptet. Dem widersprach der SPD-Stadtverordnete und Pro-Potsdam-Aufsichtsrat Pete Heuer: Bei der genannten Studie gehe es nur um die Widerherstellbarkeit der Wohnfähigkeit, nicht aber um eine hochwertige energetische Sanierung.

Kämpfen für den Staudenhof: Die Architekt Daniel Fuhrhop udn Frank Schönert sowie Sophie Haebel vom Klimarat der Stadt Potsdam und Ex-BLB-Chef Norbert John.
Kämpfen für den Staudenhof: Die Architekt Daniel Fuhrhop udn Frank Schönert sowie Sophie Haebel vom Klimarat der Stadt Potsdam und Ex-BLB-Chef Norbert John.

© Foto: Andreas Klaer

Von Pro-Potsdam-Vertretern hieß es, die nötige Herstellung der Barrierefreiheit und die notwendige Brandschutzsanierung seien in der niedrigeren Summe nicht enthalten. Generell gebe es auch noch keine Klage und keinen Widerspruch der gekündigten Mieter, sagte eine Pro-Potsdam-Sprecherin auf PNN-Anfrage. Aus der Holding hieß es weiter, eine von der Initiative behauptete Instandsetzungsrücklage für den Staudenhof in Höhe von zwei Millionen Euro sei nicht vorhanden – Überschüsse aus der Hausbewirtschaftung seien in andere Neubauvorhaben geflossen. Auch könne es bei den geplanten Ergänzungsbauten zu Problemen wegen der Einhaltung von Abstandsflächen oder der statischen Realisierbarkeit kommen, so das Unternehmen.

Eigentlich galt der seit Jahrzehnten kontrovers diskutierte Abriss des Staudenhofs lange als beschlossene Sache, auch weil das Haus der Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte im Wege steht und die Fläche nach dem Abriss für die nötige Baustellenlogistik bei den Neubauten nebenan benötigt wird. Doch mit der neuen Initiative ist die Debatte wieder da.

Nun wird sich die Stadtpolitik noch einmal mit dem über Jahre kontrovers debattierten Thema befassen, schon weil über eine der Forderungen im Bürgerhaushalt – die Sanierung des Wohnblocks – noch abgestimmt werden muss. Allerdings rumort es speziell bei den Grünen, die seit Jahren gegen den Erhalt des DDR-Baus votiert hatten – und sich nun mit der neuen Initiative und ihren bekannten Köpfen aus dem Umwelt- und Klimaschutz auseinandersetzen müssen.

Die Grüne Jugend hatte sich bereits für die Sanierung des Staudenhofs ausgesprochen. Für den kommenden Donnerstagabend ist nun eine Mitgliederversammlung durchgesetzt worden. Dort stehen nach PNN-Informationen zwei Anträge auf der Tagesordnung: Einmal will die Partei beschließen, dass beim Neubau des Staudenhofs aus Klima- und Umweltschutzgründen auf die Errichtung einer Tiefgarage verzichtet wird. Zum anderen sollen deutlich höhere und damit teurere Klima- und Öko-Standards für den Neubau festgeschrieben werden. Nur wenn sich das sicherstellen lasse, wolle die Partei noch Abriss und Neubau unterstützen. Ob die Vorstöße beschlossen werden, ist offen. Im Zuge des parteiinternen Streits war Anfang des Jahres bereits der Kreischef Ken Gericke zurück- und aus der Partei ausgetreten.

Die Fraktion Sozial.Linke stellt indes Abrisse in Potsdam generell infrage. Per Antrag für die Sitzung der Stadtverordneten am 27. Januar will die Fraktion einen Klimacheck bei allen Gebäudeabrissen durchsetzen. So sollen Bauträger dazu verpflichtet werden, die ökologischen Folgen von Abriss und Neubau einer Gebäudesanierung gegenüberzustellen. „Die Kosten zur Erstellung tragen die Bauträger“, heißt es in dem Antrag. Man müsse in allen Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens gegen die fortschreitende Klimakrise kämpfen, lautet die Begründung der Fraktion. Fast 40 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen würden durch den Gebäude- und Bausektor verursacht. Insofern sollten Abrisse in einer nachhaltigen Stadtpolitik vermieden werden, so die Fraktion.

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