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Landeshauptstadt: Der Hirsch zum Elch

Das Potsdamer Startup-Unternehmen New Swedish Design verkauft Zusatzprodukte für Ikea-Möbel

Bei nicht wenigen Menschen hat Ikea den Ruf, das rundum glücklich machende Möbelhaus zu sein, bei dem es einfach alles gibt. Doch verbessern kann man immer etwas, meint der Potsdamer Oliver Götze: Sein Startup-Unternehmen New Swedish Design hat sich auf eine besondere Marktlücke spezialisiert – nützliche Zusatzprodukte für Ikea-Möbel zu produzieren, die es bei der schwedischen Firma selbst nicht zu kaufen gibt. „Pimp deine schwedischen Möbel“ lautet der Slogan des 2011 gegründeten Unternehmens.

Einen Laden für die sogenannten Möbel-Apps gibt es nicht, laut Götze wird „New Swedish Design“ wohl ein reiner Online-Handel bleiben. Auf dessen Internetseite findet man über 20 Produkte, zum Beispiel „Holger“, eine Hakenleiste für „Molger“-Regale, „Buxenvoll“, ein Universal-Baby-Wickelaufsatz für „Malm“-Kommoden, oder Zeitschriften-Fächer für „Billy“-Regale. Alle Zusätze sind so gestaltet, man sie ohne zusätzliches Bohren oder Sägen an die eigenen Ikea-Möbel anbringen kann.

Die Renner seien derzeit die CD- und DVD-Einsätze für „Expedit“- und „Billy“-Regale, die gerne auch zweckentfremdet würden, verrät Götze: „Ich kenne ein Käsegeschäft in Wien, die machen da ihren Käse rein.“ Ähnlich kreativ gehen seine Kunden mit dem „Kaltern“ um, einem „Expedit“-Regaleinsatz für neun Weinflaschen: „Ich habe schon gesehen, dass dort stattdessen zusammengerollte Handtücher, Flyer oder Wollknäuel reingetan wurden.“ Alle Möbel-Apps sind dabei bewusst im typischen Ikea-Design gehalten, so Götze: „Schlicht und skandinavisch.“

Der 45-jährige Potsdamer ist seit Langem Skandinavien-Fan, unter anderem hat er schon zwei Volvos sein Eigen nennen können. Vor allem aber schwört er selbst auf die Möbel unter dem Label des Elchs: „Als Student habe ich fast alles vom Besteck bis zum Badvorleger bei Ikea gekauft.“ Sein früherer Beruf hatte mit Wohnungseinrichtung wenig zu tun: Götze ist gelernter Maschinenbau-Ingenieur und arbeitete zuletzt als Verkaufsleiter für Werkzeugmaschinen. Vom Arbeitspensum frustriert und kreativ unterfordert schmiss er den Job eines Tages einfach hin: „Ich hörte auf, ohne eine Idee zu haben, was ich danach machen sollte.“

Statt zum Jobcenter ging Götze erst mal zu Ikea und kaufte sich einen neuen Schreibtisch. Als er so davorsaß, fiel ihm auf, dass er einen Ständer für seinen Computer-Monitor gebrauchen könnte. Nach einigen unbefriedigenden Improvisationen mit Kartons und Telefonbüchern schaute er bei Ikea nach – und fand nichts. Also baute sich Götze einfach selber einen Monitorständer – jetzt bei New Swedish Design unter dem Namen „Fakktop“ zu finden. „Ich dachte mir: Dieser Tisch ist über zwei Millionen Mal verkauft worden, andere müssen das Problem doch auch haben.“ Eine Geschäftsidee war geboren und nach einem Blick auf sein restliches Ikea-Mobiliar erkannte Götze, dass es noch zahlreiche andere Verbesserungsmöglichkeiten für „Billy“ und Co. gab.

Zuerst trug Götze seine Idee Ikea direkt vor, um eventuell auf Provisions-Basis für das Möbelhaus zu arbeiten – doch das Unternehmen lehnte ab. „Die verfügen über ein riesiges Designer-Team und haben es nicht nötig, externe Vorschläge anzunehmen“, sagt Götze. Also wurde schnell ein eigenes Unternehmen gegründet. Rechtlich ist New Swedish Design auf der sicheren Seite, solange die Artikel deutlich als unabhängige Zusatzprodukte für Ikea-Möbel gekennzeichnet sind. Das schwedische Möbelhaus steht dem Potsdamer Unternehmen keineswegs negativ gegenüber, Ikea habe New Swedish Design sogar ein „Gefällt mir“ auf Facebook gegeben, wie Götze stolz erzählt: „Außerdem machen wir ja quasi Werbung für sie, denn um unsere Produkte zu erwerben, muss man erst mal was von Ikea kaufen.“

Derzeit hat New Swedish Design zwei feste Mitarbeiter, als Büro nutzt Götze seine – zu 90 Prozent mit Ikea-Möbeln eingerichtete – Privatwohnung. Er selbst kümmert sich mittlerweile mehr ums Geschäftliche als ums Design neuer Produkte – dafür gibt es genügend Ideen von außen. Etwa zweimal pro Woche trudeln neue Produkt-Vorschläge bei New Swedish Design ein, einige davon wurden bereits umgesetzt. Wer eine solche Idee erfolgreich einschickt, erhält drei bis acht Prozent Provision für seine Produkte, je nachdem, wie detailliert Skizzen, Bauanleitungen oder Angaben zum Material sind. „Wir bekommen so viele Vorschläge, dass wir sie gar nicht alle verarbeiten können“, sagt Götze, „manche Leute schicken komplette Machbarkeitsanalysen mit.“ Sogar einen Wettbewerb für die besten Ikea-Pimps 2013 hat Götze schon ausgerufen – auf Platz eins landeten selbstgebaute Schiebetüren für das „Besta“-Regal. Auch das Unternehmen selbst konnte sich über einen Preis freuen: 2013 wurde es mit der Auszeichnung „Kultur- und Kreativpilot“ geehrt, einer vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Initiative.

Das Potsdamer Startup ist auf der Erfolgsspur, laut Götze habe sich der Umsatz bislang jedes Jahr verdreifacht, der Jahresumsatz sei mittlerweile im sechsstelligen Bereich angekommen. Und der Firmengründer sieht noch gewaltiges Potenzial, denn obwohl in fast jeder zweiten deutschen Wohnung Ikea-Produkte stehen, wissen viele noch nichts von New Swedish Design – vom internationalen Markt ganz zu schweigen. Im Laufe des Jahres soll die englische Webseite online gehen, von der sich Götze viel verspricht: „Im englischsprachigen Raum ist die Do-It-Yourself-Bewegung viel stärker als hier, und in den USA gibt es etliche Wohn-Blogger.“

Auch in Zukunft wird New Swedish Design immer als deutsches Unternehmen erkennbar bleiben, denn das Firmen-Logo zeigt nicht die Silhouette eines Elches, sondern eines Hirsches. „Zuerst wollte ich wirklich einen Elch haben, aber das sah einfach blöd aus. Also wurde es ein Hirsch“, erklärt Götze. „Viele denken trotzdem zuerst, es sei ein Elch.“

www.new-swedish-design.de

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