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Unerklärliche Expansion. Anhand der Bewegungen von Supernovae – hier im Krebsnebel – können Astronomen auf die Ausdehnung des Universums schließen.

© Nasa/ESA/JPL

Wissenschaft in Potsdam: „Eine mysteriöse Kraft“

Dunkle Energie: Philipp Richter erklärt, warum wir die wesentlichen Kräfte, die im Universum vorherrschen, noch nicht kennen.

Herr Richter, ich befürchte, wir haben ein schwieriges Gespräch vor uns.

Warum?

Weil wir über etwas sprechen wollen, das wir weder wahrnehmen können noch kennen.

Keine Sorge, das macht nichts. Es mag zwar im ersten Moment schwierig erscheinen, über die sogenannte Dunkle Energie zu sprechen, über die wir in der Tat sehr wenig wissen. Andererseits ergeben sich dabei auch neue Einblicke und Erkenntnisse. Wir Forscher haben hier noch eine lange Reise vor uns. Das motiviert uns natürlich.

Worum geht es also?

Der Hintergrund ist, dass wir Astronomen Beobachtungen vom sichtbaren Teil unseres Universums machen, also von Sternen und Galaxien beispielsweise. Von der Bewegung der Galaxien kann man wiederum auf die Kräfte schließen, die zwischen ihnen herrschen. Dabei geht man von einem bestimmten physikalischen Modell aus. Genauso wie ich erwarte, dass ein nach oben geworfener Apfel wieder nach unten fällt, weil die Gravitationskraft ihn anzieht, erwarte ich eigentlich, dass sich das Auseinanderdriften der Galaxien aufgrund der Gravitationskraft verlangsamt. Als man nun aber vor ein paar Jahren beobachtete, dass dem nicht so ist, dass vielmehr im All der Apfel nicht nach unten fällt, sondern nach oben und dabei sogar noch beschleunigt wird, mussten wir unser physikalisches Weltbild überdenken.

Mit welchem Ergebnis?

Mit der Erkenntnis, dass es eine bislang unbekannte Energie-Komponente des Universums geben muss, die zu dieser beschleunigten Bewegung der Galaxien führt. Eine Art Gegenspieler zur Gravitation. Diese Komponente wurde dann Dunkle Energie genannt. Auch wenn wir nicht wissen, was genau die Dunkle Energie ist, wissen wir, dass sie da ist. Wir Astronomen versuchen, die physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die auf der Erde gelten, auch auf den Kosmos anzuwenden. Da dies nicht gelingt, folgern wir, dass es noch unbekannte Komponenten geben muss.

Wie sähe unser Universum ohne diese Dunkle Energie aus?

Ganz anders. Die Dunkle Energie ist nicht nur für die beschleunigte Expansion verantwortlich, sondern auch für den strukturellen Aufbau des Universums, also die Verteilung von Galaxien und deren Sterne und Planeten. Ohne die Dunkle Energie hätte sich das Universum zweifellos anders entwickelt.

Warum wird diese Energie als dunkel bezeichnet?

In der Astronomie hat es sich so eingebürgert, dem Unbekannten den Begriff „dunkel“ zuzuordnen. Weil wir diese Energie nicht sehen können und von ihr keine Strahlung messen können, wird sie entsprechend „Dunkle Energie“ genannt. Wir Astronomen sind auf Informationen aus dem Kosmos angewiesen, in Form von Strahlung, Teilchen oder Gravitationswellen. Wenn wir all diese Informationen nicht direkt bekommen, handelt es sich für uns erst einmal um etwas Dunkles.

Das klingt recht mysteriös.

Ja, das ist es ja auch. Die wesentlichen Kräfte, die im Universum vorherrschen, kennen wir noch nicht. Was auf den ersten Blick erschreckend klingt, ist aber auch eine Herausforderung. Hierüber gab es übrigens auch einen jahrelangen Konflikt zwischen Astronomen und Physikern. Viele Physiker waren anfangs sehr skeptisch, dass sich aus den Beobachtungen der Astronomen herleiten ließe, dass unser physikalisches Weltbild so unvollständig ist. Aber mittlerweile haben sich die Physiker und Astronomen einander angenähert und ziehen an einem Strang.

Lesen Sie das Interview in voller Länge in der Mittwochausgabe der Potsdamer Neuesten Nachrichten.

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