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Von Jana Haase: Eine sensible Baustelle

Marco Preßler baute den Bendlerblock für Tom Cruise um. Morgen feiert „Operation Walküre“ Premiere

Die Kulisse war längst wieder Kleinholz und dann das: Nachdreh im Bendlerblock. Ausgerechnet. „Es war ja eigentlich klar, dass wir da nicht nochmal reinkommen“, erinnert sich Marco Preßler. Der 36-jährige Potsdamer ist Bauleiter beim Art Department des Studios Babelsberg und koordinierte das mehr als 100-köpfige Handwerkerteam, das die Kulissen für den Stauffenberg-Film „Operation Walküre“ baute. Im Fall des Bendlerblocks sogar gleich zweimal: Denn wegen eines Film-Fehlers musste die Szene, in der Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg alias Tom Cruise nach dem missglückten Hitler-Attentat erschossen wird, wiederholt werden.

Dabei war das Militärgebäude am Tiergarten, das heute zum Verteidigungsministerium gehört, eine „ganz sensible Baustelle“, wie Preßler sagt. Zur Erinnerung: Die Diskussion darüber, ob der bekennende Scientologe Cruise am historischen Ort drehen darf oder nicht, bewegte die Öffentlichkeit im Sommer 2007 wochenlang. Als es schließlich das Okay gab, hatte Preßler nur vier Tage Zeit, den Bendlerblock in den Zustand der 1940er Jahre zurückzuversetzen: Ein Wachturm wurde gebaut, Sandhügel aufgeschüttet, moderne Anbauten versteckt, eine zehn mal zwanzig Meter große „Grey Screen“ sollte es möglich machen, das Grün der Bäume wegzuretuschieren. Die Anspannung im Team war groß, nicht nur wegen des Zeitdrucks: „Die Augen der Welt waren ja auf uns gerichtet“, erinnert sich der Bauleiter: „Alle wollten wissen, was da passiert.“

Außergewöhnliche Voraussetzungen also für den Einstieg ins Hollywood-Geschäft – denn „Operation Walküre“ war Preßlers erster internationaler Film als Projektleiter. Morgen Abend feiert die Studio-Babelsberg-Koproduktion von Regisseur Bryan Singer („Die üblichen Verdächtigen“) Europapremiere im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz – nur einige hundert Meter vom Bendlerblock entfernt. Die Arbeit dort hat Preßler besonders beeindruckt: „Weil man da die Geschichte spürt“, erklärt der gebürtige Babelsberger.

Und Tom Cruise? Marco Preßler zuckt mit den Schultern. Klar hat er ihn während des Drehs einige Male getroffen. Der Hollywoodstar habe sich jedes Set genau zeigen lassen, bevor dort gedreht wurde: „Er war sehr professionell“, sagt Preßler.

Begonnen hat der zweifache Vater, der selbst schon den DEFA-Kindergarten besuchte und von 1988 bis 1990 bei der DEFA das Tischlerhandwerk erlernte, mit Filmen wie „Good Bye, Lenin!“ und „Rosenstraße“. Auch das Außenset der RTL-Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ entstand unter seiner Leitung. Mit dem 2008 im Studio gedrehten Film „Pandorum“ erfüllte sich Preßlers Wunsch, einmal für einen Science-Fiction-Film arbeiten zu können.

Die bisher größte Außenkulisse baute er jedoch für „Operation Walküre“: Eine Kopie der „Wolfsschanze“, Hitlers Quartier in Ostpreußen. Der Barackenkomplex wurde auf einer Fläche von etwa zwei Fußballfeldern in einem Wald bei Groß Köris errichtet – Szenenbildnerin Lilly Kilvert entwarf ihn nach Originalbauplänen und alten Fotos, erzählt Preßler. So sei etwa der Kies auf den Wegen extra eingefärbt worden, damit das Lager genau wie sein Original aus der Vogelperspektive nicht zu sehen ist: „Das Bild musste stimmig sein.“

Eine Arbeit, für die Preßler nicht nur fest angestellte Handwerker vom Art Department, sondern auch viele Freiberufler beschäftigte – Tischler, Maler, Schlosser, Stuckateure: „Film ist eine richtige Jobmaschine“, weiß der 36-Jährige. Und das trifft in besonderem Maß auf die finanziell gut ausgestatteten US-Produktionen zu, von denen das Studio in den vergangenen Jahren etliche nach Potsdam holen konnte.

Dass die Kulissen meist nur wenige Tage überleben, stört Marco Preßler nicht: „Der Film ist ja für die Ewigkeit auf Zelluloid gebannt.“ Trotzdem kommt es vor, dass er im Kino „ganz schön enttäuscht“ ist, erzählt der Babelsberger: „Da hast du zum Beispiel einen ganzen Straßenzug gebaut und dann sind nur die ersten zwei Häuser zu sehen.“ Zuhause stellt er manchmal sogar den Ton ab, wenn er einen Film anschaut: „Damit ich mehr von der Deko sehe.“

Von den Walküre-Kulissen hat zumindest ein Teil mit Sicherheit überlebt – egal, ob das Drama es in den Filmklassiker-Himmel schaffen wird oder nicht: Denn das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden erwarb sowohl Stauffenbergs Büro, das Preßler mit seinen Leuten im Babelsberger Atelier nachgebaut hatte, als auch eine Baracke der „Wolfsschanze“. Sie lagern dort allerdings noch im Depot, erklärte Volkmar Stimpel, Restaurierungsleiter des Museums, den PNN auf Anfrage. Erst „nach 2011“, wenn der Umbau des Museums nach Plänen des Architekten Daniel Libes kind abgeschlossen ist, werden sie ausgestellt, so Stimpel – als bisher einzige Filmkulisse im Museumsbestand.

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