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Landeshauptstadt: Einmal Fotograf, immer Fotograf

Seit 50 Jahren organisiert der Fotoclub Ausstellungen / Offenes Konzept lockte sogar Australierin an

Seit 50 Jahren organisiert der Fotoclub Ausstellungen / Offenes Konzept lockte sogar Australierin an Von Hella Dittfeld „Von Schnappschüssen halte ich gar nichts“, sagt Walter Wawra brummig. Aber dann lässt er sich doch zur Begeisterung für Beruf und Hobby hinreißen. Er öffnet seine Tasche. Natürlich ist die Kamera immer dabei, jetzt ist es eine digitale: „Einmal Fotograf, immer Fotograf. Entweder man ist es 24 Stunden am Tag oder gar nicht.“ Die Miene des Leiters vom Fotoclub Potsdam hat sich längst aufgehellt. Der innere Sucher sei immer in Bereitschaft gesteht er, das Motiv gebe aber schließlich den Ausschlag. Dass Wawra über „seinen“ Fotoclub erzählen soll, behagt ihm irgendwie nicht. Da seien viele gute Fotografen vor ihm gewesen und hätten ihn geprägt. Er setze nur die Reihe fort. Walter Wawra verweist zum Beispiel auf Günter Wilms, der 25 Jahre den Fotoclub leitete und alten Potsdamern gut bekannt ist. Die Entwicklung der Stadt habe am besten Werner Taag dokumentiert. Er sei der Bild-Chronist der Stadt gewesen und deshalb sei seine Bilder-Sammlung nach seinem Tod zu recht vom Potsdam-Museum übernommen worden. Auch heute, Wawra wehrt schon wieder von seiner Person ab, habe jeder seine Aufgabe. Gerhard Stegelin organisiere die Ausstellungen im Bürgerhaus am Schlaatz, er selbst die in der Brandenburgischen Automobil GmbH Gerlachstraße und Joachim Lehmann, der vor allem mit jungen Leuten arbeite, habe seinen Standort im Haus der Begegnung. Über 50 Jahre lang gibt es den Fotoclub Potsdam nun schon und seit 50 Jahren organisiert er Ausstellungen. Die erste fand im damaligen Heimatmuseum statt, das sein Domizil im Marstall hatte. Das war im September 1955 und die Ansprüche an die fotografische Meisterschaft waren sicher nicht allzu hoch. Dabei sein war wichtig. Und an der offenen Form der Mitarbeit hält der Fotoclub auch heute noch fest. Jeder ist willkommen, man kann einfach nur mal bei den Veranstaltungen hereinschauen, kann sich ins Internet einklinken oder über längere Zeiträume und Entfernungen mit dem Club kommunizieren. Der harte Kern trifft sich jedoch regelmäßig. Diese Offenheit hat sich weltweit herumgesprochen und so zählen sogar eine Australierin, ein Geologieforscher aus Kirgisien und ein Pariser Student zu den Mitgliedern. Zahlende Mitglieder habe der Fotoclub etwa 40, davon mindestens 20 Aktive, acht aus Berlin und Potsdamer Nachbarorten. Aber, das betont Wawra ausdrücklich, jeder Fotofreund sei ein gern gesehener Gast. Und man gibt auch Nichtmitgliedern Ausstellungschancen. Dabei ist der Fotoclub alles andere als provinziell und musste sein Licht nie unter den Scheffel stellen. Zu DDR-Zeiten erlangte er zum Beispiel überregionalen Ruhm durch seine Ausstellungen „Akt und Landschaft“, die von den Besuchern geradezu gestürmt wurden. 46 000 Besucher wurden bei der am besten besuchten gezählt. Die letzte konnte 1992 im Pavillon auf der Freundschaftsinsel besichtigt werden. „Wenn Sie wüssten, wie viel Arbeit und finanzieller Aufwand in einer solchen Präsentation stecken“, meint Stegelin, „das bewältigen wir heute einfach nicht mehr.“ Da konnte der Fotoclub vor der Wende – natürlich mit staatlicher Unterstützung – noch wesentlich stärker die Muskeln spielen lassen. Er organisierte neben Akt & Landschaft noch den „Interclub“, zu dem Fotozirkel aller sozialistischen Länder ihre Arbeiten einsandte, und im dreijährigen Wechsel die Bezirksfotoschauen der Berufs- und Laienfotografen. Apropos Beruf: So mancher Berufsfotograf ist aus dem Potsdamer Fotoclub hervorgegangen, der sich dort in die Anfangsgründe der Bildtechnik einführen ließ. Auch für Wawra wurde das Fotografieren zum Beruf. Mit 42 Jahren setzte er sich noch einmal auf die Schulbank, um für das Potsdam-Museum zu arbeiten. Nach der Wende wurde diese Stelle dann leider abgeschafft, jetzt versucht sich der 24-Stunden-Fotograf, der an mehreren Bildbänden mitgearbeitet hat, freischaffend. Bei Gerhard Stegelin, der Gründungsmitglied des Fotoclubs ist, lief es gerade anders herum. Er wurde – aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und nach einer Fotografenausbildung – bei der Volkspolizei eingestellt und lichtete dort Verkehrsunfälle, Tatorte und Straftäter ab. Schließlich wurde er in der Daktyloskopie ausgebildet und nahm Fingerabdrücke. „Da wurde dann das Fotografieren zum Hobby“, erzählt Stegelin. Seine Spezialstrecke sind Menschen, speziell Porträts, aber auch die Aktfotografie. Die sei leider jetzt ins Hintertreffen geraten, denn früher seien die Modelle stolz darauf gewesen, Bildmotiv zu sein. Heute würden sie zuerst fragen, was es einbringe. Das könne man als Amateur gar nicht mehr bezahlen, meint Stegelin. Aber nicht nur diese Schwierigkeit, auch die schnelllebige Zeit haben Gerhard Stegelin bewogen, öfter als früher durch Potsdams Straßen zu schlendern und Details zu fotografieren, um sie für die Nachwelt festzuhalten. Zum Schluss sei noch eine ganz besondere Karriere erwähnt, die von Monika Schulz-Fieguth. Sie gehört heute zur prominenten Fotografen-Riege und stieß doch zum Fotoclub aus ganz anderen Gründen: das hübsche junge Mädchen war einst Fotomodell.

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