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Landeshauptstadt: „Erfrischend respektlos“

Es sollte ein Fest für die Potsdamer werden: Hunderte folgten am Dienstag der Einladung zu „Friedrichs Nacht“

Es war ein ganz und gar „unpreußischer“ Abend, dieses Geburtstagsfest für die Potsdamer, in „Friedrichs Nacht“. Die Einladung nahmen am Dienstagabend Hunderte wahr – sie flanierten auf mit Kerzen gesäumten Wegen zwischen Nikolaisaal, Filmmuseum und Kutschstall, wo es neue Ausstellungen zum Preußenkönig zu sehen gab – und viel Musik zu hören. Je später der Abend, desto ausgelassener die Gäste – es waren nicht die verbissenen Fritz-Anhänger, wie sie sich tagsüber noch teils abenteuerlich kostümiert am Friedrich-Grab eingefunden hatten. Als in der Gewölbehalle am Neuen Markt schließlich „Di Grine Kuzine“ mit ihre Klezmer-Balkan-Ska-Melodien aufspielten, hielt es nur noch die goldbemützten „Ehrensparlier“-Figuren von Rainer Sperl auf ihren Plätzen: Die Geburtstagsgesellschaft, darunter auch Schlösserstiftungs-Chef Hartmut Dorgerloh, tanzte stattdessen, bis auch die letzte Zugabe verklungen war.

„Erfrischend respektlos“, brachte die Potsdamerin Katrin Schneider ihren Eindruck von dem Abend auf den Punkt. Die 46-Jährige, die als stellvertretende Bibliotheksdirektorin bei der Universität arbeitet, zog den Vergleich zum Nachbarland Frankreich: Eine so „ungezwungene und unprätentiöse“ Feier für Napoleon wäre dort „undenkbar“, meint sie. Positiv überrascht zeigten sich auch Sabine Krieger und Helga Graetz: Die beiden Kartografinnen hatten Tickets für den Abend geschenkt bekommen. „Allein hätte ich das sonst nicht gemacht“, gibt Sabine Krieger zu. Besonders beeindruckt zeigte sie sich von den Worten Michael Gebührs, der im Nikolaisaal über die Friedrich-Filme mit seinem Vater Otto Gebühr in der Hauptrolle gesprochen hatte: „Die Ausstellung im Filmmuseum will ich mir nochmal in Ruhe angucken“, sagte die Potsdamerin.

Tatsächlich war der Andrang bei der Eröffnung der Ausstellung zum Friedrich-Bild im Film groß: 500 Gäste sahen sich die Schau allein in den ersten beiden Stunden an, wie Christine Handke vom Filmmuseum sagte. Das einstündige Filmprogramm mit verschiedenen Friedrich-Szenen wurde wegen der großen Nachfrage kurzfristig wiederholt.

Zufriedene Gesichter auch im Foyer des Nikolaisaals, wo das Fest mit tanzbarer Musik von DJ Ipek ausklang. Unter den Gästen dort war zum Beispiel Katharina Jung. „Ich bin Potsdamerin, Friedrich gehört einfach dazu“, sagte die pensionierte Richterin. Sie lobte die Veranstalter für die „sehr interessante Mischung“ der Feier. Für sie sei das Jubiläum Anlass, das neue Friedrich-Buch von Jens Bisky zu lesen. Auch Walther Karl will sich neu mit Friedrichs Leben, vor allem mit den von ihm geführten Kriegen, befassen: Der 50-jährige Sozialpädagoge, der seit 2010 in Potsdam wohnt, zeigte sich „positiv überrascht“ von dem Abend. „Wir hatten eine Art Revue zu Friedrichs Werdegang erwartet“, verriet der gebürtige Bayer, der mit seiner Lebenspartnerin zum Nikolaisaal gekommen war. Das vergleichsweise schlichte Bühnenprogramm mit den Reden, Musik und der Videoinstallation habe ihm gefallen, er wolle 2012 auch weitere Veranstaltungen zum Preußenkönig besuchen.

Die Geburtstags-Gegner des Bündnisses „Fuck off Fritz“, die zeitweilig mit Musik und Plakaten vor dem Nikolaisaal protestiert hatten, waren da längst wieder verschwunden. Es sei ruhig geblieben, bilanzierte die Polizei später. Auch beim Verein Kulturland Brandenburg, der das Fest koordinierte, fiel das Resümee positiv aus: Der Ton für das beginnende Friedrich-Themenjahr sei damit gut getroffen worden, meinte Kulturland-Chefin Brigitte Faber-Schmidt: Friedrich sei eine Figur, mit der man sich kreativ und kritisch auseinandersetzen wolle. „Wir wollen Lust machen, sich daran zu reiben, es aber auch nicht zu bierernst zu nehmen.“

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