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Kolumne Etwas HELLA: Es lebe das gute Beispiel

Wieso werden wirklich gute Beispiele in Potsdam so wenig beachtet? Diese Frage stellt sich aktuell im Zusammenhang mit dem geplanten Abriss der Fachhochschule am Alten Markt.

Wieso werden wirklich gute Beispiele in Potsdam so wenig beachtet? Diese Frage stellt sich aktuell im Zusammenhang mit dem geplanten Abriss der Fachhochschule am Alten Markt. Vielleicht müssten wir gar nicht deren Verschwinden so forcieren, wenn wir uns die alternative Hausnutzung in der Zeppelinstraße 25/26 zum Vorbild nehmen. Da lacht einem einfach das Herz, wenn man sieht, wie diese Häuser aus dem ewigen Einerlei restaurierter oder renovierter Gebäude herausstechen und welche Kreativität allein bei der Fassadengestaltung entwickelt wurde. Im ersten Stock ziert ein Fahrrad, das nicht mehr fahren kann, eine Balkontür, die auf keinen Balkon führt. Allein dieses Kunstwerk kann Generationen von Philosophen beschäftigen. Im Parterre sind die Fenster mit Plakaten zugeklebt und die verheißen Tod und Teufel, aber meist nichts Gutes. Dafür gibt es ein Lokal, das „Antifaschistische Gastronomie“ anbietet. Wahrscheinlich ist der Kaffee nicht schwarz, sondern rot. Ach so, Essen kann man auch tauschen. Kostenlos. Na, wenn das keine Chance für die Ausgestaltung der alten Fachhochschule ist!

Der Putz an den Fassaden der Zeppelinstraße-Häuser ist leider nur noch rudimentär vorhanden, dafür werden aber ständig neue Bücher angeliefert und Flüchtlinge sind immer willkommen. Ich finde zwar, dass bei der Diskussion um die Fachhochschule genug endlich genug ist nach mehrheitlichen Abgeordnetenvoten für den Abriss, einem Gerichtsurteil, das die Unterschriftensammlung dagegen für ungültig erklärt, und einer einleuchtenden Planung zur Neugestaltung des Viertels. Aber das Beispiel Zeppelinstraße macht mich doch wankend in meinen Ansichten. Und Häuser besetzen – wie von den Linksalternativen bei der FH angedroht – ist eine schöne Alternative zum langweiligen planvollen Gang der Dinge.

Zumal in Potsdam ja die reinste Willkür herrscht. Die Potsdamer wollten ein neues Schwimmbad am Brauhausberg. Wo steht es? Ich wage es nicht zu sagen. Der Kauf des Hotelhochhauses wurde wegen heftigen Widerstandes – erinnere ich mich richtig? – abgeblasen. Und als seinerzeit der Spartakus-Club aus einem der Knobelsdorff-Häuser in der Breiten Straße ausziehen musste, wurden die Jugendlichen nicht nur obdachlos, sie mussten auch noch selbst Hand anlegen, um sich eine neue Bleibe im „Freiland“ auszugestalten. Willkür, wohin man blickt. Deshalb schwenkt die Fahnen! Blast zur Hausbesetzung, ehe die Abrissbirne anrückt!

Es gäbe allerdings auch noch eine andere erstaunliche Alternative. Selbst erzürnte Menschen könnten sich ausnahmsweise mal Mehrheitsentscheidungen beugen. Und dann nutzen sie einfach das, was schon da ist, zum Beispiel das „Freiland“ oder das Haus des Wissens um die Ecke. Das hat bei seinen Veranstaltungen immer noch Plätze frei.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.

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