zum Hauptinhalt
Henri Kramer, Redakteur

© Foto (2018): Sebastian Gabsch

Gegen SPD-Vorstoß für erweitertes Amtsblatt: Der Oberbürgermeister benötigt kein weiteres Sprachrohr

Aus vielen guten Gründen gilt das Gebot der Staatsferne für den Journalismus - das Rathaus sollte diese Grenzen nicht austesten.

Ein Kommentar von Henri Kramer

Das Ansinnen der SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, ein Amtsblatt mit „verlässlichen Nachrichten“ erstellen zu lassen, ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Es mangelt der Stadt Potsdam und ihren Vertretern beileibe nicht an Formen der Außendarstellung. Betrieben werden neben der Homepage potsdam.de eine Facebook-Fanseite, ein Twitter- und ein YouTube-Kanal und Profile bei Instagram, Xing und LinkedIn. Analog wird mit Broschüren, Handzetteln und mehr vielfach über die Dienstleistungen und Services der Verwaltung informiert.

Anwohner vor vollendete Tatsachen gestellt

Trotz all dieser Angebote gibt es immer wieder Kritik an der Informationspolitik der Stadt. Zugespitzt gesagt: Das einzig Verlässliche in den vergangenen Wochen war, dass vielfach zu spät kommuniziert wurde. Nur zwei der jüngsten Beispiele: Der Ortsteil Fahrland, wo die Planungen für neue Flüchtlingsunterkünfte viel zu spät bekannt gemacht worden sind und sich Anwohner so vor vollendete Tatsachen gestellt sahen, was bei dem sensiblen Thema unnötigerweise für zusätzlichen Unmut sorgte.

Symptomatisch war zudem der aus Energiespargründen gecancelte Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters, dessen Absage erst auf Pressenachfragen bestätigt wurde. Dass sich solche Pannen durch ein erweitertes Amtsblatt beheben lassen, darf bezweifelt werden – Personal und Strukturen, um rechtzeitig die eigenen Pläne darzustellen, sind im Bereich Öffentlichkeitsarbeit bereits vorhanden.

Doch vor allem gilt das Gebot der Staatsferne für den Journalismus – eine Stadtverwaltung kann nicht unabhängig und kritisch über ihr eigenes Tun berichten. Es ist für eine funktionierende Demokratie essentiell, dass der Journalismus seine Informations-, Kritik- und Kontrollfunktion wahrnimmt und wahrnehmen kann. Damit sind die Möglichkeiten der Öffentlichkeits- und Informationsarbeit von Hoheitsträgern wie der Stadtverwaltung zu Recht eingeengt.

Diese Grenzen haben diverse deutsche Gerichte immer wieder klar gezogen, damit sich Behördenspitzen keine eigenen, ihnen gegenüber unkritischen Sprachrohre schaffen können. Dass ausgerechnet die Potsdamer Sozialdemokraten in Gemeinschaft mit den Bündnisgrünen diesen Vorstoß machen, ist vielsagend - noch dazu ein Jahr vor der Kommunalwahl. Die Stadtpolitik sollte im Sinne der Demokratie nicht versuchen, Grenzen auszutesten, und den SPD-Antrag ablehnen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false