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Homepage: Generation Praktikum ein Mythos? Debatte zu Perspektiven der Akademiker

Ist die Krise nur eingebildet? „Generation Praktikum“ nur Medienmache?

Ist die Krise nur eingebildet? „Generation Praktikum“ nur Medienmache? Die Praxisferne des Hochschulstudiums ein Mythos? Zu diesem Eindruck konnten die Teilnehmer der Diskussionsrunde „Wohin nach dem Studium?“ kommen. Am Dienstagabend hatte die Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg zusammen mit der Grünen Alternativen Liste (GAL) ins Neue Palais eingeladen. Diskussionspartner waren Karl-Heinz Minks von der Hochschul-Informations-System GmbH in Hannover (HIS) und Wolfgang Neumann vom Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg. Mehr als 20 Studierende folgten der streckenweise faktenarmen Diskussion zweieinhalb Stunden lang.

„Keinen Grund zur Panik“ sieht Karl-Heinz Minks, der am HIS seit 25 Jahren Absolventenbefragungen auswertet, und erntete Ungläubigkeit. Veranstaltungsleiterin Tina Kaufmann, studentische Mitarbeiterin in der Böll-Stiftung, hat die Perspektivlosigkeit unter den Studierenden „in vielen persönlichen Gesprächen“ beobachtet. Auch Martin Bär von der GAL hatte erwartet, „dass sich das deutlicher in den Zahlen spiegelt“. Die steigende Verunsicherung unter Studierenden hält Minks allerdings für „gemacht“. Die Diskussion unter dem „Schlagwort Generation Praktikum“ sei „durch keinerlei Zahlen“ belegt. Mit aktuellen Zahlen konnte Minks am Dienstag aber auch nicht aufwarten, die Ergebnisse der letzten Befragung stünden noch aus.

Wolfgang Neumann bewertete die Situation in Deutschland vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Frankreich. Dort war es im März und April landesweit zu Protesten von Schülern, Studierenden und Absolventen gekommen – Auslöser war ein neues Gesetz, das eine zweijährige Probezeit für Berufseinsteiger vorsah. Im Vergleich zu Frankreich stelle sich die Situation hierzulande tatsächlich weniger dramatisch dar, bestätigte auch Neumann. Dafür spräche allein ein Blick auf die Akademikerarbeitslosenquoten: mit vier Prozent liege sie in Deutschland immer noch deutlich unter der Gesamtquote. In Frankreich seien dagegen auch unter den Akademikern neun Prozent arbeitslos.

Grund zur Entwarnung sieht Neumann deshalb aber nicht. Die Absolventen befänden sich heute im doppelten Dilemma. Ihre Hochschulausbildung hat sie angeblich nicht auf die Wirtschaftswelt vorbereitet, was nachträglich durch Praktika kompensiert werden soll. Hier liegt laut Neumann das erste Problem: Nach allgemeinem Vorurteil werde in der Unternehmenswelt „effizient“ gearbeitet, während die Wissenschaft „irgendwie hinterher“ sei. „So einfach ist das nicht“, meint Neumann und spricht von der „Mystifizierung des Praxisbegriffs“. Denn nicht einmal innerhalb der beiden Sphären wäre man sich über seine Effizienzkriterien einig. „Wenn Sie ein Praktikum bei Daimler machen, werden Sie etwas anderes vermittelt bekommen als bei Siemens.“ Von den Hochschulabgängern werde eine enorme Flexibilität erwartet. Diese Flexibilität werde dann aber – zweites Problem – nicht entsprechend honoriert. Während die deutschen Absolventen, so Neumanns kritisches Fazit, „auf diese Flexibilitätsanforderungen richtig gut antworten“, hätte die französische Jugend das Dilemma durchschaut und dagegen protestiert. Jana Haase

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