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Eingezäunt. Dieser private Spielplatz in der Schlegelstraße machte im Sommer bundesweit Schlagzeilen.

©  Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Grenzenlos spielen

Private Spielplätze sollen öffentlich zugänglich sein. Doch die Stadtspitze will den Beschluss stoppen

Potsdamer Kinder sollen künftig auch auf den privaten Spielplätzen ihrer Nachbarn spielen dürfen – dafür hat der Hauptausschuss der Stadtverordneten am Mittwochabend mehrheitlich gestimmt. Doch ob diese Änderung der Spielplatzsatzung tatsächlich umgesetzt wird, ist noch unklar. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) erklärte nach dem Votum des Gremiums, dass er einen solchen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung beanstanden würde, sollte diese in ihrer nächsten Sitzung im Dezember der Empfehlung des Hauptausschusses folgen.

Ursache für Jakobs’ Widerspruch war die Einschätzung des städtischen Rechtsamtes. Das hält die Vorgabe, private Grundstücksbesitzer per Satzung zur Öffnung der von ihnen bezahlten Spielplätze für fremde Kinder zu zwingen, für möglicherweise rechtswidrig. Die Bauordnung gebe keine Grundlage für eine solche Festsetzung, sagte Rechtsamtschefin Karin Krusemark. Das Eigentumsrecht des Grundstücksbesitzers wiege schwerer als das öffentliche Interesse an der Zugänglichkeit von Spielplätzen, so ihre Einschätzung. Die Verwaltung gehe davon aus, dass die Satzung bei einer Klage vor Gericht keinen Bestand hätte.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein Streit um einen weitgehend verwaisten, umzäunten Spielplatz im neuen Wohngebiet Ruinenbergkaserne. Diesen dürfen nach Beschwerden von Nachbarn nur noch wenige Kinder aus den angrenzenden Häusern des Investors Theodor Semmelhaack nutzen – andere Kinder aus dem Viertel müssen draußen bleiben.

Damit sich ein solcher Fall nicht noch einmal in anderen Neubauvierteln wiederholt, hatten ausgerechnet Jakobs’ Sozialdemokraten die Initiative für die Änderung der Spielplatzsatzung gestartet: SPD-Fraktionsvize Pete Heuer warb am Mittwoch im Hauptausschuss für den Antrag und wies die Bedenken des städtischen Rechtsamtes zurück. Dabei handele es sich um keine Abwägung zwischen den Interessen der Grundstückseigner und dem öffentlichen Interesse, sondern lediglich um eine Behauptung, so Heuer. „Wir sollten nicht andere Investoren dazu ermuntern, dem Beispiel Ruinenbergkaserne zu folgen“, sagte er. Die Spielplatzsatzung weise ein Lücke auf, die geschlossen werden müsse. In der Satzung und auch der brandenburgischen Bauordnung ist vorgesehen, dass beim Bau von Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen auch ein Kinderspielplatz zu errichten ist. Dass dieser Spielplatz auch öffentlich zugänglich sein soll, steht dort bisher noch nicht.

Das Meinungsbild der Stadtverordneten war am Mittwoch uneinheitlich: Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg unterstützte Heuers Vorschlag. „Wir werden dem zustimmen“, sagte er. Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis – selbst in der Immobilienbranche tätig – sprach sich gegen die Änderung aus. „Auf seinem Grundstück hat der Eigentümer das Hausrecht“, sagte er. Peter Schultheiß (Potsdamer Demokraten) hielt das Ziel der Änderung für wünschenswert, zweifelte jedoch an, ob die Stadt die Regelung auch rechtssicher gestalten könne. Mit acht Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen wurde der SPD-Vorschlag schließlich angenommen.

Folgt die Stadtverordnetenversammlung dem Hauptausschuss und beharrt der Oberbürgermeister auf seiner Sicht der Rechtslage, könnte es anschließend zu einem längeren Hin-und-Her kommen: Stoppt Jakobs den Beschluss, käme es zu einer erneuten Abstimmung – dann namentlich. Der Vorgang könnte sich sogar wiederholen. Dann müsste anschließend die Kommunalaufsicht des brandenburgischen Innenministeriums entscheiden. Für die Ruinenbergkaserne würde die Änderung ohnehin nicht rückwirkend gelten. Marco Zschieck

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