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Von Sabine Schicketanz: Griebnitzsee: Stadt plant Mini-Uferweg

Potsdam streicht Uferpark – zugunsten von Privatland / Klipp: Anrainer erproben „materielle Macht“

Babelsberg - Im seit Jahren andauernden Streit um den Uferweg am Griebnitzsee hat die Stadt Potsdam ihre Ansprüche deutlich zurückgenommen: Der neue Bebauungsplanentwurf, den die Stadt gestern vorstellte, sieht lediglich einen „Uferwanderweg“ vor. Zuvor hatte Potsdam einen Uferpark geplant; das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hatte den Bebauungsplan dafür jedoch im Frühjahr 2009 für nichtig erklärt. Die Stadt habe „zu geringwertig gewichtet“, dass Weg und Park über Privateigentum führen sollen, hatte OVG-Präsident Jürgen Kipp damals geurteilt. Außerdem habe die Stadt schwere Verfahrensfehler gemacht. Zuvor hatte das OVG bereits entschieden, dass es kein Betretungsrecht für die Privatgrundstücke gibt. Daraufhin hatten vor knapp zehn Monaten rund ein Dutzend Anrainer ihre Grundstücke gesperrt. Der Weg, der seit dem Mauerfall öffentlich war, ist seitdem nicht mehr passierbar.

Das neue Signal der Stadt ist klar: Sie will den Uferweg durchsetzen, allerdings in einer Minimalvariante. „Beschränkung auf das Wesentliche“ nannte der Potsdamer Baubeigeordnete Matthias Klipp (Grüne) den neuen Uferweg-Vorschlag. Dafür würden für den 2,8 Kilometer langen Weg 6300 Quadratmeter privater Flächen in Anspruch genommen werden, erklärte gestern Stadtplaner Andreas Goetzmann. Zum Vergleich: Beim Uferpark waren es noch 16 500 Quadratmeter Privatland, das die Stadt verplante. Jetzt soll über die privaten Grundstücke nur der Uferweg verlaufen – ob dicht am Wasser oder ein paar Meter höher, sollen die Eigentümer sich aussuchen können. Wollten sie einen „Seegarten“ am Wasser unterhalb des Weges einrichten, könnten sie einen privaten Sitzbereich abschirmen, jedoch nicht den gesamten Blick der Spaziergänger aufs Wasser. Auf Uferflächen, die Stadt, Land oder Bund gehören, soll es Aussichtspunkte und Bänke geben. Bootsstege will die Stadt allen Anrainern genehmigen, Bootshäuser je nach Lage.

Der neue Bebauungsplanentwurf soll den Potsdamer Stadtverordneten nach der Sommerpause vorgelegt werden. Am heutigen Donnerstag beginnt die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung, am 18. Januar will die Stadt den Entwurf auf einer Versammlung vorstellen. Bis zum 5. Februar können Bürger in der Stadtverwaltung und im Internet den Plan einsehen und Eingaben machen. Besonders Eigentümer von Ufergrundstücken sollen sich äußern. Nach Beschluss des Plans können Bürger erneut Einspruch erheben.

Gebe es trotz rechtskräftigem Bebauungsplan keine Einigung mit Privateigentümern, seien Enteignungen als letztes Mittel nicht auszuschließen, sagte Bürgermeister Burkhard Exner (SPD). Man setze aber auf Gespräche und Kompromisse in Form eines Wegerechts. Die von den Stadtverordneten als „Ufer-Diplomaten“ eingesetzten Alt-Politiker Lothar de Maizière und Hans Otto Bräutigam stünden weiter für Verhandlungen mit Anrainern zur Verfügung. Gleichwohl rechnet Exner mit einer Klage von Eigentümern auch gegen den neuen Bebauungsplan.

Dass die früheren Uferpark-Pläne verfehlt oder überdimensioniert gewesen seien, wollten gestern weder Exner noch Stadtplaner Goetzmann einräumen. Beide erinnerten daran, dass der Uferweg vom OVG nicht abgelehnt worden sei. Baubeigeordneter Klipp, erst seit September 2009 im Amt, wies auf die „politische Dimension“ eines öffentlichen Uferwegs auf dem ehemaligen Postenweg der DDR-Grenzer hin. Der Konflikt fokussiere auf die Frage, ob die Stadt das öffentliche Interesse gegen „finanziell gut ausgestattete Eigentümer“ mit „gut bezahlten Rechtsanwälten“ durchsetzen könne. Anrainer versuchten, „materielle Macht“ auszuspielen und die „finanzielle Schmerzgrenze hoch zu drücken“, so dass die Stadt ihre Uferweg-Pläne letztlich aufgebe. Dazu gehöre der Versuch einer Gruppe von Anrainern, dem Bund seine Ufergrundstücke abzukaufen. Dessen gesamten Besitz von 31 700 Quadratmetern wollte die Kommune ursprünglich für 2,6 Millionen Euro von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) erwerben. Den Verkaufspreis habe ein von Stadt und Bima beauftragter Gutachter ermittelt. Die Anrainer haben jedoch ein höheres Gebot abgegeben: dem Vernehmen nach drei Millionen Euro. Über der Frage, ob der Bund nach Bundeshaushaltsordnung meistbietend verkaufen oder zumindest ausschreiben muss, brüten die Juristen im Bundesfinanzministerium und in der Stadtverwaltung.

Bürgermeister Exner sagte gestern, die Stadt richte „die nachdrückliche Bitte an den Bund, die Flächen jetzt an uns zu verkaufen“. Die Anrainer hätten ihr Angebot mit dem Ziel gemacht, den Uferweg zu verhindern. Dies sei juristisch ein „Affektionsinteresse“, welches das Angebot unwirksam mache. Nach Angaben der Stadt gehören derzeit 48 300 Quadratmeter Uferland Privateigentümern und 13 300 Quadratmeter der Stadt.

Die Informationsversammlung zum Uferweg Griebnitzsee findet am Montag, dem 18. Januar, ab 19 Uhr, auf dem Campus Griebnitzsee der Uni Potsdam, Hörsaal 09 Raum 2.14 im Haus 1, Nordflügel, statt. Im Internet ist der Bebauungsplanentwurf unter www.potsdam.de/beteiligung zu finden. In der Stadtverwaltung liegt er im Haus 1, Hegelallee, Zimmer 825 aus.

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