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Das Potsdamer Karstadt-Kaufhaus in der Brandenburger Straße.

© Andreas Klaer

Update

Karstadt-Krise: Potsdamer Kaufhaus-Filiale bleibt erhalten

Galeria Karstadt Kaufhof will 52 seiner 129 Häuser schließen. Potsdam ist nicht darunter - aber Cottbus. In der Landeshauptstadt ist die Erleichterung groß.

| Update:

Die Potsdamer Filiale der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof bleibt erhalten. Diese Nachricht hat in Brandenburgs Landeshauptstadt am Montag für große Erleichterung gesorgt. „Das ist mit Sicherheit eine der schönsten Nachrichten der vergangenen Monate für die Brandenburger Straße“, teilte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) mit. Er freue sich „für unsere Stadt, die Brandenburger Straße und ihre Händler und – als ehemaliger Mitarbeiter in einem Kaufhaus – vor allem für die gesamte Belegschaft“. Laut früheren Rathausangaben geht es um rund 100 Beschäftigte.

Die von der Stadt angebotene Kooperation und Unterstützung für die künftige Angebotsgestaltung im Karstadt Stadtpalais gelte weiter, machte Schubert deutlich. Das Rathaus hatte angeboten, in dem Kaufhaus auch Bürgerdienstleistungen anzubieten - ähnlich wie dies zum Beispiel in Kassel schon geschieht.

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Zufrieden äußerte sich auch Götz Friederich, der Vorsitzende der AG Innenstadt und des Wirtschaftsrats: „Ein Glückstag für Potsdam – Karstadt bleibt der Magnet für die Innenstadt.“ Jetzt gelte es, die zuvor vielfältig entwickelten Ideen zur Neukonzeptionierung im Karstadt-Stadtpalais umzusetzen. Gleichzeitig sei die Landeshauptstadt jetzt erst recht aufgefordert, alles dafür zu tun, um den „Gesamtraum Innenstadt“ im Hinblick auf höhere Attraktivität, Aufenthaltsqualität und Erreichbarkeit zu verbessern.

Viele andere Filialen stehen vor dem Ende

Allerdings stehen bei Deutschlands letzter großer Warenhauskette dem Gesamtbetriebsrat zufolge zahlreiche Filialen vor dem Aus. Das Amtsgericht Essen hatte im Februar ein erneutes Insolvenzverfahren für den staatlich gestützten Handelsriesen eröffnet.

Nach Angaben des Gesamtbetriebsrats will der Konzern nun 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser mit rund 17.400 Beschäftigten schließen. Das teilten die Arbeitnehmervertreter des Unternehmens am Montag mit. Über 5000 Menschen drohe die Kündigung, hieß es vom Gesamtbetriebsrat: „Dies ist ein rabenschwarzer Tag.“ Nach Tagesspiegel-Informationen steht auch die Filiale in Cottbus auf der Liste der Filialen, die geschlossen werden sollen – und zwar zum 30. Juni 2023. In Berlin schließen Anfang 2024 die Filialen in Charlottenburg und in der Müllerstraße in Wedding.

Das ist bedauerlich, vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Der Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD) in einer ersten Reaktion

Der Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD) sprach von einem „herben Schlag“ für die Innenstadt und die Mitarbeiter. Die Stadt werde nun alles unternehmen, was der Belebung des Standortes dienen kann und entsprechende Aktivitäten der Gebäude-Eigentümer unterstützen. Eine Brache werde man verhindern, versprach Schick.

Die Verdi-Fachbereichsleiterin Handel in Brandenburg, Conny Weissbach, warnte vor Folgewirkungen für das Umfeld der geschlossenen Warenhäuser: „Es drohen Verödung und Leerstand.“ Hier seien nun die Verwaltungen vor Ort gefragt. Die Beschäftigten vor Ort hätten viele konkrete Vorschläge für eine erfolgreiche Zukunft gemacht, die endlich im Management Gehör finden müssen, kritisierte Weissbach. Zugleich warnte sie: „„Personalabbau darf es auch in den Filialen, die fortgeführt werden, nicht geben.“ Denn das sei der Unterschied zum Onlinehandel. Die Signa mit René Benko als Haupteigentümer müsse mehr investieren, machte die Gewerkschafterin deutlich: „Das Warenhaus der Zukunft braucht in erster Linie genug Personal, das qualifiziert und freundlich ist.“

Potsdams Karstadt könnte bald modernisiert werden

In einer Stellungnahme des Unternehmens hieß es, an 77 Standorten wolle man den Kundinnen und Kunden ein neues Konzept präsentieren. „Mit einem Sortiment, das stärker auf die lokalen und regionalen Bedürfnisse ausgerichtet ist.“

Die Filialen sollen künftig mehr über Sortimente, Schwerpunkte und Abläufe vor Ort entscheiden können. Mit „attraktiven Gastronomie-Angeboten“ und „sinnvollen Ergänzungen wie Versicherungen, Schneidereien, Reinigungen oder Bürger-Services“ sollen die Häuser zu beliebten Treffpunkten in den Innenstädten werden, hieß es.

77
Standorte bleiben erhalten, so der Konzern

Geplant sei auch, in den kommenden drei Jahren alle weiter betriebenen Filialen umfassend zu modernisieren. So könne man 11.000 Jobs sichern. Die von den Streichungen betroffenen Mitarbeiter würden das Angebot erhalten, in eine Transfergesellschaft zu wechseln. „Diese soll dabei helfen, sich weiter zu qualifizieren und eine neue Stelle zu finden.“

Der Aufsichtsrat des Konzerns sollte am Montagnachmittag zusammenkommen. Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober 2022 zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht.

Der Insolvenzverwalter hatte angekündigt, dass nur ein harter Kern an Kaufhäusern übrig bleiben werde. Auch das Potsdamer Kaufhaus gehörte zu den Schließungskandidaten. Einige Filialen könnten auch von Investoren übernommen und weiterbetrieben werden, hieß es seitens des Insolvenzverwalters.

Der Insolvenzplan sieht laut „Wirtschaftswoche“ auch eine Neuausrichtung im operativen Geschäft vor. Das Unternehmen soll sich demnach künftig stärker auf den Verkauf von Modeartikeln und weniger auf Spiel- oder Schreibwaren konzentrieren. Ein Modernisierungsplan für die Filialen sieht unter anderem „ein umfassendes Gastronomieangebot“ vor.

Schon vor zweieinhalb Jahren, als Karstadt vor der ersten Insolvenz stand, gehörte das Potsdamer Haus zunächst zu den Schließungskandidaten. Erst nach Verhandlungen mit dem damaligen Vermieter - das Stadtpalais gehörte zum Portfolio eines Londoner Immobilienfonds - und deutlichem Nachlass der Miethöhe war der Erhalt der Filiale gesichert.

Von einer Krise in die nächste

Die Warenhauskette schlittert seit Jahren von einer Krise in die nächste. Zuletzt hatten die behördlichen Auflagen in der Corona-Krise das Geschäft belastet, der Konzern griff nach Staatshilfen, dann litten die Filialen an der Zurückhaltung der Verbraucher nach dem russischen Überfall auf die Ukraine.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffs auf die Ukraine seien aber nur zu einem kleinen Teil für die Pläne verantwortlich, erklärte der Gesamtbetriebsrat jetzt. Vielmehr sei es die fehlende Strategie für eine regionale Ausrichtung gewesen, kritisierte die Arbeitnehmervertretung. Bei der Entscheidung zur Schließung von Filialen seien vom Unternehmen unterschiedliche Gründe genannt worden, etwa die Mietbelastung, der Zustand der Gebäude, der Investitionsbedarf, die Bevölkerungs- und Kaufkraft-Entwicklung an den Standorten und die wirtschaftliche Entwicklung eines Warenhauses.

Zudem machten hausgemachte Probleme dem Konzern zu schaffen, der der milliardenschweren Signa-Holding des österreichischen Investors René Benko gehört, der Karstadt und Kaufhof zusammengeführt hatte. Vor zwei Jahren hatte Galeria Karstadt Kaufhof bereits im damaligen Insolvenzverfahren gut 40 von damals 172 Filialen geschlossen, wobei rund 5000 Mitarbeiter ihre Stellen verloren. (mit AFP/dpa/Reuters)

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