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Der Geoforscher Prof. Rolf Emmermann erhielt zum Abschied vom GFZ das Große Bundesverdienstkreuz

Wenn man in sein Curriculum Vitae schaut – die Kurzversion – fragt man sich kaum noch, wieso Prof. em. Rolf Emmermann (67) gestern mit dem höchsten Orden der Bundesrepublik, dem „Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“, ausgezeichnet wurde. Der Potsdamer Mineraloge, der von 1992 bis 2007 wissenschaftlicher Vorstand des GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) war, hat nicht nur das mittlerweile weltweit renommierte Forschungsinstitut auf dem Telegrafenberg begründet. Er war auch wissenschaftlicher Vorstand des Kontinentalen Tiefbohrprogramms der Bundesrepublik Deutschland (KTB) und später Leiter dessen internationalen Äquivalents. Er war im Vorstand des Deutschen Komitees für Katastrophenvorsorge, war Präsident der Gesellschaft Deutscher Naturforscher, Vorsitzender des Lenkungsausschusses des Tsunami-Frühwarnsystems und, und, und. Wie gesagt, wir betrachten nur seine Kurzbiographie.

Das „normale“ Bundesverdienstkreuz kann so jemanden wie Emmermann kaum noch ehren. Das hat er ohnehin schon, neben dem Verdienstkreuz des Landes Brandenburg und der Kertz-Medaille der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft. Also bekam er gestern zu seiner offiziellen Verabschiedung am GFZ von Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) die nächst höhere Auszeichnung. Und sehr, sehr viel Worte des Lobes und der Würdigung. Von Tatendrang, Motivation, Visionen, Chancen und großer Überzeugunsgkraft sprach Schavan, die ihre Anrede mit „Lieber Emmermann...“ begann. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hatte zuvor in dem hoffnungslos überfüllten großen Hörsaal auf dem Telegrafenberg ähnliche Superlative bemüht: unermüdlich sei Emmermann, nicht unerhebliche Wachstumsimpulse habe er hervorgebracht, Brücken geschlagen und gar das All mit Satelliten erobert.

Das Ordensband lag Emmermann dann sichtlich schwer auf der Brust, tief gerührt wand der sich an die 600, vielleicht 700 Gäste, so dünn kannte man seine Stimme bisher noch gar nicht. Er selbst sei ganz überrascht, wenn er nun höre, was er in den vergangenen Jahren alles gemacht hat. Doch all dies, vergisst er nicht zu erwähnen, wäre ohne Kollegen und Mitarbeiter nicht möglich gewesen.

Emmermanns Begeisterung für die Erde fing schon als Kind an. Der 1940 geborene Sohn eines Preussag-Ingenieurs verbrachte seine Kindheit in Hannover. Oft waren Gäste des Vaters im Hause, die als Geophysiker rund um den Globus tätig waren. Sie brachten, aus Afrika oder Südamerika kommend, abenteuerliche Geschichten mit – etwa von der Suche nach neuen Erdölfeldern. „So wurde mein Interesse geweckt, Wissenschaft damit zu verbinden, die Erde kennen zu lernen“, erinnert sich der Geoforscher heute.

Direkt nach dem Abitur studierte er Geowissenschaften. Über die Promotion und Habilitation an der Technischen Universität Karlsruhe und eine Professur an der Universität Gießen gelangte Emmermann dann nach der Wende nach Potsdam. Wie er heute sagt, empfand er es als ein Privileg, auf dem traditionsreichen Telegrafenberg ein Institut für Geowissenschaften aufbauen zu dürfen. „Hier wurde Wissenschaftsgeschichte geschrieben, nicht nur in der Astrophysik und Meteorologie, sondern auch in den Geowissenschaften.“ Und an der Fortsetzung dieser Geschichte schrieb Emmermann in den folgenden Jahren mit.

Die Frage nach den Energieressourcen stand für ihn immer im Zentrum. So hatte er etwa die Nutzung der Teersande zur Ölgewinnung schon als Option gesehen, als noch kaum jemand daran dachte. In den letzten Jahren dann hieß es, Geoforschung unter den Bedingungen des Klimawandels und knapper werdender Energieressourcen zu betreiben. Wobei er die Potenziale der Erdwärme, aber auch die unterirdische Lagerung des Treibhausgases Kohlendioxid als Forschungsprojekte am GFZ forcierte.

Eine zweite Schiene von Emmermann war immer schon die Katastrophenvorsorge. Als Weihnachten 2004 im Indischen Ozean der Tsunami über die Küsten fegte, waren Emmermann und seinen Kollegen die Konsequenzen schnell klar. Kaum 14 Tage vergingen, bis das Konzept für ein Frühwarnsystem stand, das derzeit unter Federführung des GFZ entsteht. Emmermann blickt aber auch vor die eigene Tür. Vor einem Starkbeben im Raum Köln hat er immer schon gewarnt. Er weiß eben, dass 1356 Basel komplett von einem Erdbeben zerstört wurde. Und, dass einem Beben der Stärke sechs einige Rheinbrücken in Köln nicht standhalten würden, dass Schäden von zehn Milliarden Euro und mehr zu erwarten wären.

Umso wichtiger ist dem Forscher die Beobachtung der Erde mit Satelliten. Ein Steckenpferd, das er schon als GFZ-Chef vorantrieb – Grace und Champ heißen die großen GFZ-Satelliten. Mittlerweile haben die Missionen im All auch noch eine weitere wichtige Rolle. Nicht nur die Aktivität der Erde, sondern das gesamte Erdsystem, Ozeane und Wettergeschehen, lassen sich mit den Satelliten überwachen. In punkto Klimawandel eine unermesslich wichtige Datenquelle. 2009 soll der Satellit „EnMap“ unter Federführung des GFZ ins All geschossen werden, um das Erdsystem kontinuierlich zu analysieren. Schon ein Jahr später soll ihm die Mission SWARM zur Untersuchung des Erdmagnetfeldes folgen.

Rolf Emmermann scheint in den Jahren seinem Forschungsobjekt ähnlich geworden zu sein. Er ruht nie, auch nicht im Ruhestand. Aus einem Festvortrag zur Verleihung des ersten brandenburgischen Nachwuchsforscherpreises machte er unlängst eine Tour d''Horizon durch die Dinge, die unsere Erde bewegen – und die Menschen noch bewegen werden. Inklusive der drängenden Frage, ob sich das Erdmagnetfeld in nächster Zeit umkehren könnte. Und jetzt kommt Galileo. Emmermann hat immer schon den nächsten Schritt im Kopf. Nun plant er mit Kollegen eine Bodenstation für die Daten des europäische GPS-Systems Galileo – in Potsdam natürlich.

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