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Die Stadtwerke verkaufen? Eine klare Mehrheit in der Potsdamer Stadtpolitik erteilt solchen Gedankenspielen von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) eine Absage.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Klare Mehrheit gegen Stadtwerke-Verkauf

Jakobs-Vorstoß sorgt für viel Kritik / Stadt: Extra-Mittel vom Land nicht für Investitionen verwendbar

Kritik von allen Seiten für Oberbürgermeister Jann Jakobs: Mit seinem Gedankenspiel, den Stadtwerke-Konzern zu verkaufen, um aus seiner Sicht zu niedrige Landeszuschüsse für Potsdam zu kompensieren, sorgt der Sozialdemokrat über Parteigrenzen hinweg für Kopfschütteln bei Stadt- und Landespolitikern.

Die schärfsten Worte fand am Montag Anita Tack (Linke), Verbraucherschutzministerin im Land und zugleich Stadtverordnete in Potsdam. Mit seiner Drohung gegen die rot-rote Landesregierung in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ habe Jakobs „völlig die Bodenhaftung verloren“. Sein Jammern „auf hohem Niveau“ sei der Beweis, dass Potsdam „seit längerer Zeit“ über seine Verhältnisse lebe. Dem Ansehen der Landeshauptstadt im Rest von Brandenburg erweise Jakobs damit einen „Bärendienst“, erklärte Tack. Potsdams CDU-Chefin Katherina Reiche sagte den PNN, es sei „fahrlässig“ ohne Konzept über ein solches Szenario in einem Interview „zu fabulieren“. Erschrocken sei sie über das „zerrüttete Verhältnis zwischen Stadt und Landesregierung“, so Reiche.

Jakobs hatte in dem Interview erklärt, Potsdam als wachsende Stadt brauche mehr Schulen oder Kindergärten. Falls das Land nicht mehr Mittel ausschütte, müsse die Stadt für dringende Investitionen Eigentum veräußern, so Jakobs. Bei Immobilien sei die Grenze erreicht. „Also bliebe uns nur, die Stadtwerke oder Teile davon zu verkaufen.“ Am Montag hieß es dazu in einer weiteren Erklärung aus dem Rathaus, die Äußerungen von Jakobs seien nicht als Drohung zu verstehen, sondern als „Ultima Ratio“. Jakobs sagte: „Es geht nicht darum, städtisches Tafelsilber zu verkaufen.“ Jedoch müsse das Finanzierungssystem für die kreisfreien Städte in Brandenburg reformiert werden. Es sei ihm ein „wichtiges Anliegen“, die Stadtwerke „zu erhalten“, so Jakobs.

Eine Mehrheit für einen Verkauf fände Jakobs ohnehin nicht. Potsdams SPD-Chef Mike Schubert sagte, „mit uns wird es keine Privatisierung geben.“ Solche Debatten verunsicherten Kunden und Mitarbeiter der Stadtwerke. Allerdings sprach auch Schubert von einer „prekären Lage“ der Städte in Brandenburg, weswegen deren Finanzierungssystem verändert werden müsse. Auch kleinere Fraktionen im Stadtparlament sprachen sich gegen den Stadtwerke-Verkauf aus. Allein der Gedanke daran sei „strafbar“, weil die Stadt auf die Gewinne des Unternehmens nicht verzichten könne, erklärten die Potsdamer Demokraten. Die Fraktion Die Andere empfahl Jakobs, lieber dem Land damit zu drohen, das Areal für die Garnisonkirche nicht kostenlos zur Verfügung zu stellen, weil Potsdam „wichtigere Aufgaben“ als den Bau einer barocken Stadtkulisse habe. Kritik an Jakobs Ausführungen kam auch von den Grünen: „Wir würden eher über Sinn und Größenordnung von Investitionen diskutieren.“ „Unbegreiflich“ sei es aus Sicht der Grünen aber auch, dass Linke und SPD jüngst im Hauptausschuss verhindert hätten, dass Potsdam zusammen mit den anderen kreisfreien Städten gegen die zu geringen Zuweisungen klagt. Dagegen sagte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, der Gang vor das Verfassungsgericht sei „nicht der richtige Weg“ – auch angesichts zusätzlicher Finanzmittel in Millionenhöhe, die das Land für Potsdam allein in diesem Jahr zur Verfügung stelle.

In der Tat erhält die Stadt laut dem Landesfinanziministerium pro Potsdamer in diesem Jahr 751,30 Euro – 100 Euro mehr als noch 2011. Damit würden die Schlüsselzuweisungen für Potsdam allein in diesem Jahr von 102,3 Millionen Euro auf 117,9 Millionen Euro steigen. Mit den Mitteln könne die Stadt auch Investitionen vornehmen, sagte ein Ministeriumssprecher. „Dies ist aber nur theoretisch richtig“, sagte dagegen Stadtsprecher Stefan Schulz. Praktisch könne Potsdam die gestiegenen Zuweisungen nur für Investitionen verwenden, wenn ein ausgeglichener Stadthaushalt vorliege. Das aber sei nicht absehbar. Zugleich sänken die explizit für Investitionen ausgewiesenen Zuweisungen von 16 Millionen Euro pro Jahr auf acht Millionen Euro im Jahr 2019 – die fehlenden Millionenbeträge für neue Infrastruktur müsse Potsdam ausgleichen, so Schulz. „Allein darauf hat der Oberbürgermeister hinweisen wollen.“

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