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Street Art Festival im Stern-Center Potsdam: Mehr als nur Graffiti

Bis zum 24. Juni findet im Potsdamer Stern-Center das „Street Art Festival“ statt. Bei dem können Besucher mitmachen.

Potsdam - Vorsichtig balanciert ein Mann über den Baumstamm, der über den reißenden Wildbach führt – jetzt bloß keinen falschen Schritt! Doch das Foto ist schon im Kasten und der waghalsige Besucher kann trockenen Fußes über das Wasser zurückgehen – denn sowohl der Baum als auch der Stamm und der Wald drumherum sind lediglich aufgemalt.

Es ist nur eines von mehreren 3D-Bodenbildern, die eigentlich flach sind, aber optisch Tiefe vortäuschen, die derzeit im Sterncenter zu beliebten Fotomotiven avancieren. Sie sind Teil des am Donnerstag eröffneten „Street Art Festivals“, das bis zum 24. Juni im Stern-Center stattfindet und zahlreiche Workshops für Besucher und Schulklassen anbietet.

Die ganze Welt ist eine Leinwand

Doch was ist Street-Art eigentlich? Seit über zehn Jahren bringt das Phänomen frischen Wind in die Kunstszene, denn die Künstler malen nicht in Ateliers und stellen ihre Arbeiten nicht in Museen aus, sondern erklären schlicht die ganze Welt zu ihrer Leinwand: So entstehen mitten in der Öffentlichkeit auf Häuserwänden, Bürgersteigen oder sogar auf Baumrinden zum Teil riesige Freiluftgemälde.

Die Urform von Street-Art ist natürlich Graffiti, aber: „Wir wollen vermitteln, dass Street-Art mehr ist als Graffitis und Tags“, sagt Projektleiterin Nadine Horn. Einen Eindruck davon vermittelt eine kleine Ausstellung, die eine Übersicht über wichtige Street-Art-Größen sowie Festivals wie das „Burning Man“ oder „Living Walls“ in den USA geben. Der bekannteste Street-Art-Künstler ist der Brite Banksy, obwohl niemand weiß, wer sich hinter ihm verbirgt: Mit seinen subversiven und oft politischen Schablonen-Graffitis und Kunstaktionen erregte er viel Aufsehen, so schmuggelte er beispielsweise eine gefälschte Höhlenmalerei in das British Museum, das einen jagenden Steinzeitmenschen mit Einkaufswagen zeigt.

Eine Idee des Stern-Center-Managements

Eine ältere Besucherin des Stern-Centers geht interessiert durch die Ausstellung und fotografiert eine Bodenmalerei, die einen täuschend echten Abgrund unter einer abgebrochenen Eisdecke zeigt. „Das gefällt mir am besten!“, sagt sie. Den Begriff Street-Art höre sie hier zum ersten Mal: „Ich finde gut, dass das den Leuten hier näher gebracht wird.“

Bei dem Festival, das auch noch in zwei weiteren Einkaufscentern bundesweit gastieren wird, handelt es sich um eine Idee des Stern-Center-Managements. Es richtet sich an alle Besucher, nicht nur die Jüngeren. „Jeder hat schon mal von Street-Art gehört, viele wollen es gerne mal ausprobieren“, sagt Nadine Horn. Außerdem gehe es darum, die Gäste des Einkaufscenters zu überraschen: „Shoppen muss erlebbar gemacht werden.“

"Sterni"-Schriftzug an der Wand

Zur Ausstellung gehört auch eine große Skulptur, die aus dem englischen Wort „I“, einem Herz und einer großen Tafel besteht: Hier zeichnet Workshopleiter Ronald gerade den Graffiti-Schriftzug „Sterni“ an die Wand. Gemeint ist natürlich das Stern-Center, nicht das oftmals so bezeichnete Sternburg-Bier. Bevor er die Grundlagen für das künstlerische Malen von Schrift an Schulklassen vermittelt, führt er erst mal in die Ursprünge von Graffiti ein, nämlich Hip-Hop: „Graffiti ist eines der vier Elemente von Hip- Hop, zusammen mit Rap-Gesang, Breakdance und Hip-Hop-Musik.“

Im Workshop können alle Interessierten sich dann selber auf Leinwänden mit Acrylfarbe ausprobieren und ihre Werke mit nach Hause nehmen. „Die Leute sollen sich austoben“, sagt Nadine Horn. Natürlich nur in den Workshops, denn dass die Besucher plötzlich anfangen, in echter Street-Art-Manier die Wände des Stern-Centers zu verschönern, ist nicht geplant. In den Workshops gehe es nicht darum, zu lernen, wie man Züge oder Ähnliches ansprayt, sondern eher um den Kunstaspekt von Street-Art, sagt Horn – und der wird auf ganz normalen A3-Blättern vermittelt. „Die Kids bekommen hier keine Spraydosen in die Hand.“

"Kunst kommt von Können"

Noch sauberer geht es ein paar Meter weiter zu, wo neben einer metergroßen Spraydose mehrere Sitzsäcke mit iPads bereitstehen, auf denen bereits mehrere Jugendliche mit den Fingern ein Zeichenprogramm bedienen. Auf den Bildschirmen davor entstehen bunte Linien und Muster, die Entwürfe können ausgedruckt werden. Mit dem anarchischen Ansatz von Street-Art hat das zwar nicht mehr viel zu tun, aber den Besuchern scheint es zu gefallen. Vor allem die live gemalten 3D-Bodenbilder kommen gut an.

Am meisten habe ihn das riesige Bodenbild der Arche Noah beeindruckt, das in der Ausstellung zu sehen ist, sagt ein älterer Besucher : „Das ist auf jeden Fall Kunst für mich, Kunst kommt von Können.“ Dagegen finde er manches, was derzeit bei der Documenta in Kassel als Kunst ausgestellt werde, regelrecht „grausam“.

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