zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Nur die Liegewiese bleibt

Gestern endete vor Gericht langer Streit über Seegrundstück am Jungfernsee

Gestern endete vor Gericht langer Streit über Seegrundstück am Jungfernsee Neu Fahrland - Lisa Wallmuth weiß nicht so recht, wann sie zuletzt den Ort ihrer Kindheit betreten hat. An diesem verregneten Mittag steht sie zum ersten Mal wieder dort. Sie sieht das rote Flachhaus, in dem die 74-Jährige ihre Kindheit verbracht hat, blickt wie damals über den Jungfernsee hinweg. Sie muss sich entscheiden: Lässt sie sich auf eine Teilung des Seegrundstücks auf dem Großen Horn ein und bekommt das Haus zurück? Oder will sie weiter gegen die Familie Peplinski prozessieren um immer länger über altes DDR-Unrecht zu verhandeln? Am Verwaltungsgericht Potsdam geht es an diesem Dienstagvormittag um die Klage der Peplinskis gegen die Stadt Potsdam wegen ihres heutigen Wohnsitzes, der früher Lisa Wallmuths Vater gehörte. Es geht um die Frage: Ist die Rückübertragung des Grundstücks an Lisa Wallmuth rechtmäßig oder nicht? Rückblick: Nach dem 2.Weltkrieg hatte Wallmuths Familie die DDR in Richtung Bundesrepublik verlassen, das 1930 gebaute Haus samt dem 1996 Quadratmeter großen Grundstück am Wasser ging ins Volkseigentum über. 1962 zogen die Peplinskis dort ein und bekamen von den DDR-Behörden ein so genanntes dingliches Nutzungsrecht für das Anwesen zugesprochen. „Dies war wohl für damalige Verhältnisse ein recht ungewöhnlicher Vorgang“, sagt ein Sprecher beim Verwaltungsgericht. Normalerweise seien solche Verträge nur für kleinere Grundstücke herausgegeben worden. Doch Franz Peplinski war nicht Jedermann: 1952 bis 1956 arbeitete er als Vorsitzender des Rats des Bezirkes von Frankfurt (Oder), 1960 bis 1962 in selber Position im Bezirk Potsdam. Schon damals gab es in den DDR-Behörden aktenkundigen Widerstand gegen die Übertragung des Nutzungsrechts für ein derart großes Grundstück, heißt es im Gericht. Nach der Wende wollen die Wallmuths ihr Grundstück wieder. Der damals zuständige Landkreis Potsdam-Mittelmark gab ihnen Recht. Seitdem wehren sich der Sohn und die Frau des inzwischen verstorbenen Franz Peplinski gegen die Alteigentümer des Hauses, betonen ebenfalls ihre emotionale Bindung zu dem Anwesen. Bis gestern. Nach Begehung des Grundstücks in der Gerichtspause stimmen beide Parteien einem Vergleich zu: Lisa Wallmuth erhält ab 2006 das Haus, die Peplinskis können ihr links daneben für 50 000 Euro 500 Quadratmeter Rasenland abkaufen. Der Richter wünscht „gute Nachbarschaft.“ Henri Kramer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false