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Frank-Walter Steinmeier bei der Ordinationsfeier des Abraham Geiger Kollegs in Wroclaw.

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Homepage: Segen und Verantwortung

Zur Ordinationsfeier des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs in Wroclaw sprach unter anderem auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier

Die Entscheidung für ein Studium in Potsdam sei eine großer Vertrauensbeweis für Deutschland. Mit diesen Worten richtete sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) an fünf Rabbiner und Kantoren des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs, die am Dienstag im polnischen Wroclaw (ehemals Breslau) in ihr Amt eingeführt wurden. In der Synagoge zum Weißen Storch wurden erstmals seit Kriegsende Rabbiner in Polen ordiniert. Am Potsdamer Geiger Kolleg werden seit 1999 liberale Rabbiner und Rabbinerinnen ausgebildet. Mit der Institutionalisierung der Ausbildung im vergangenen Jahr an einer staatlichen deutschen Hochschulen kam auch eine konservative Ausbildung hinzu. In Wroclaw fand bereits die 6. Ordinationsfeier des Kollegs statt; im Jahre 2006 führte die Potsdamer Rabbinerschule in Dresden erstmals seit der Schoah liberale Rabbiner in ihr Amt ein. Das Vertrauen, das die aus aller Welt stammenden Rabbinerschüler in Deutschland nun wieder setzen, sei Segen und Verantwortung zugleich, sagte Steinmeier am Dienstag nun in der Breslauer Synagoge. „Wir wollen, dass die Jüdischen Gemeinden zum Teil des alltäglichen Lebens im Mittelpunkt unserer Gesellschaft werden“, sagte der Bundesaußenminister. „Es ist eine gute Nachricht, dass der Zivilisationsbruch der Schoah nicht das Ende des jüdischen Lebens in Deutschland bedeutet hat und sich in den letzten Jahren immer mehr Juden für ein Leben in unserem Land entscheiden“, so Steinmeier. In Deutschland dürfe es keinen Platz für Antisemitismus geben. Steinmeier war nach Breslau gereist, um selbst dabei zu sein, wenn sich der Kreis von Breslau nach Potsdam und zurück schließt, mit jungen Kantoren und Rabbinern, die ihre Wurzeln in Deutschland, in Südafrika, Frankreich, Russland und anderen Ländern haben, deren Studienjahre nach Israel führten und die nun in Polen ordiniert werden. Mit der Ordinationsfeier in der Synagoge am Rande der Innenstadt  wird an die lange Tradition des Reformjudentums in Breslau erinnert: In diesem Jahr würde das Jüdisch-Theologische Seminar der niederschlesischen Stadt 160 Jahre alt. Es war nach Angaben des Geiger-Kollegs die weltweit erste akademische Ausbildungsstätte für Rabbiner. Bis zu der 1938 von den Nationalsozialisten erzwungenen Schließung wurden hier 119 Rabbiner ordiniert. Auch Abraham Geiger, der Namensgeber des Potsdamer Instituts, war ein Breslauer Absolvent. Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, äußerte in Breslau ihre Sorge um die Zukunft der deutschen Juden. „Der offene, kaltherzige Judenhass, der uns hemmungslos entgegenschlägt, hinterlässt mich fassungslos“, sagte sie. Doch die Ordinationsfeier sei ein Tag, der in die Zukunft weise: „In eine gute Zukunft für das Judentum in Deutschland, in Polen, in Europa und der Welt.“ Steinmeiers Anwesenheit signalisiere den fundamentalen Wandel, auf dem die Juden in Deutschland ihre Zukunft aufgebaut haben: „Die politische Elite, alle Staatsgewalten, stehen fest und verlässlich an der Seite der jüdischen Menschen.“ Zwischen diesem zivilisatorischen Ideal und der gesellschaftlichen Realität klaffe zwar eine Lücke. „Beim Überwinden dieses Spaltes spielen aber Brückenbauer eine entscheidende Rolle.“ Knobloch setze ihre Hoffnung in die Zukunftsträger aus Potsdam: die Rabbiner Julia Margolis, Nils Ederberg, Jonas Jacquelin, Fabian Sborovsky sowie die Kantoren Aviv Weinberg, Sofia Falkovitch und Alexander Zakharenko. (mit epd)

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