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Landeshauptstadt: Sightseeing ohne roten Faden

Innenminister Jörg Schönbohm bereiste gestern die „rote“ Landeshauptstadt – und verstand sich prächtig mit Jann Jakobs

Innenminister Jörg Schönbohm bereiste gestern die „rote“ Landeshauptstadt – und verstand sich prächtig mit Jann Jakobs Von Thorsten Metzner Was für ein Tag für Sightseeing in Potsdam! Die Sonne brennt, und es schmeckt allen – das frisch gezapfte leichte Malz-Bier im Brauhaus in der Meierei am Neuen Garten, wo sich Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und sein Gast nebst Gefolge nach einer kurzen Besichtigung zur Mittagspause unter freiem Himmel zurückziehen. Ja, Jörg Schönbohm hat gute Laune und erstaunlich viel Zeit mitgebracht – von morgens bis abends ist er an diesem Mittwoch in Potsdam unterwegs. Nicht, zumindest nicht offiziell, als CDU-Wahlkämpfer, der nach der Brandenburg-Wahl am 19. September Matthias Platzeck als Ministerpräsident ablösen will, sondern als Innenminister des Landes – zuständig für die Kommunen. Es ist also eine „Bereisung“, so das Amtsdeutsch, auch wenn Schönbohm den Begriff gar nicht mag. „Das klingt ja wie Beschulung.“ Der schwarze Spitzenkandidat im „roten Potsdam“, das einst von seinem Kontrahenten Platzeck regiert wurde? Doch für die heiße Phase des Wahlkampfes, für die zunehmenden Spannungen zwischen ihren Parteien, verstehen sich das rote Stadtoberhaupt und der Innenminister und CDU-Parteichef erstaunlich gut. Man scherzt, ist guter Dinge. Schönbohm hat Jakobs – das Timing im Innenministerium stimmt – natürlich ein Geschenk mitgebracht: Die Genehmigung des Haushaltes für das laufende Jahr 2004, obwohl dort weiterhin ein strukturelles 29-Millionen-Defizit klafft. Woher die plötzliche Großzügigkeit kommt? Ist die strenge Kommunalaufsicht plötzlich milde geworden? Es sei „wirklich anzuerkennen“, lobt Schönbohm, dass Potsdam bei der Konsolidierung der Stadtfinanzen wichtige Fortschritte gemacht habe. Jakobs, dem bisweilen aus der Stadt-CDU ein zu weicher Sparkurs vorgeworfen wurde, hört es mit sichtlichem Vergnügen. Zumal Potsdam als erste der vier großen Städte Brandenburgs das grüne Licht der Kommunalaufsicht bekommt. Da haben auch Frankfurt (Oder) und Brandenburg (Havel), die beiden CDU-regierten, noch einiges zu tun. Aber auch Jann Jakobs weiß zu schätzen, was Potsdam an Schönbohm hat, und dass sein Einfluss wichtig ist. Nicht nur aus Dank, weil der Innenminister die Eingemeindung von Golm nach Potsdam gegen massive Widerstände in der eigenen Partei durchdrückte. Auch bei heißen Eisen – wie etwa dem umstrittenen Aufbau der Garnisonkirche – hängt vieles von Schönbohm ab. Jakobs: „Es ist wichtig, dass Innenminister, Ministerpräsident und Oberbürgermeister an einem Strang ziehen.“ Versöhnliche Töne, selten geworden bei dem immer lauteren Parteiengezänk. Der Käse-Wurst-Salat – Jakobs und Schönbohm haben das gleiche gewählt – ist verzehrt. Es geht weiter, zur Baustelle des neuen Hans-Otto-Theaters an der Schiffbauergasse, ins Käthe-Kollwitz-Heim für betreutes Wohnen, zum Kindertreff am Stern, in die Kinderklinik im Ernst von Bergmann, ja sogar ins Stern-Center eilt Jörg Schönbohm an diesem Mittwoch. Ins Stern-Center? Komisch. Der rote Faden der „Bereisung“ Potsdams will sich irgendwie nicht erschließen. Es müssen Orte sein, die ein Innenminister schon immer mal besuchen wollte, aber leider nur dazu kommt, wenn er mal Zeit hat. Im Wahlkampf?

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