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Lassen für ihre Semesterarbeit andere singen: Christian Leonhardt, Natascha Christmann, Anh Thu Tran und Thomas Lindner (v.l.) gründen den Generationenchor.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Singen ohne Berührungsängste

Am Donnerstag wird der Generationenchor gegründet. Dort sollen Alt und Jung zusammen musizieren

Viele Chöre gibt es in Potsdam, aber dieser soll einzigartig werden. Im Generationenchor Potsdam sollen Jugendliche, junge Erwachsene und Senioren miteinander singen. „Wir suchen Euch“ steht auf den Plakaten, die zum Gründungstreffen der neuen Singgemeinschaft aufrufen. Das findet am kommenden Donnerstag, dem 16. Januar, im Waschhaus statt.

Die Idee zu dem Projekt hatten vier Studenten der Potsdamer Fachhochschule. Sie studieren alle im dritten Semester und absolvieren gerade den Kurs Projektarbeit innerhalb ihres Studienfachs Kulturarbeit. Dabei gab es die Hausaufgabe, ein ganz reales Kulturprojekt durchzuführen. „Zunächst haben wir am Konzept gefeilt, und das wollen wir jetzt auch umsetzen“, sagt Christian Leonhardt bei einem Treffen der vier Organisatoren. Weil sie alle so begeistert und überzeugt sind von ihrer Idee, ist das Projekt mittlerweile größer und umfangreicher geworden, als es für den Kurs nötig wäre, sagt er. Fünf Monate soll die Probenphase dauern, die mit mindestens einem öffentlichen Konzert endet. Das soll am 12. Juli im Treffpunkt Freizeit stattfinden.

In der Vorbereitungsphase haben die vier Studenten – Thomas Lindner und Anh Thu Tran, beide 29 Jahre alt, Natascha Christmann, 25 Jahre alt, und der 26-jährige Christian Leonhardt – viele Potsdamer Chöre, von der Singakademie bis hin zum Männerchor, besucht und dort für ihr Vorhaben geworben. Bisher haben etwa 40 Sänger der Generation Senioren sowie zehn Jugendliche zugesagt. „Wir würden uns über viel mehr Sänger freuen, vor allem über junge Leute“, sagt Leonhardt. Und wie in fast allen Chören fehlen vor allem Männerstimmen. Was gesungen wird, entscheiden die Chormitglieder selbst, jeder darf Vorschläge machen. „Von Rock bis Volkslied, wir sind da ganz offen“, sagt Leonhardt. Eine Dame habe beispielsweise „Die Gedanken sind frei“ vorgeschlagen. „Sie arbeitet mit Demenzkranken, das Lied erlaubt in diesem Zusammenhang eine ganz andere Auslegung“, sagt Thomas Lindner, der während seines Zivildienstes mit älteren Menschen zu tun hatte.

Am 23. Januar findet ein Kennenlerntreffen statt, dann werden auch die Lieder ausgesucht. Ab 13. Februar wird wöchentlich geprobt. Selbstverständlich darf man auch noch zu Beginn der Probenzeit dazukommen. Die Proben, immer donnerstags von 17 bis 19 Uhr, finden im Waschhaus-Kesselhaus statt, das sie mietfrei nutzen können. Chorleiter Simon Theisen aus Brandenburg an der Havel haben sie über eine Ausschreibung gefunden. Wer mitsingen will, sollte am besten schon über etwas musikalische Vorbildung verfügen. „Wir wollen, dass am Ende etwas qualitativ Anspruchsvolles entsteht und präsentiert werden kann“, sagt Leonhardt.

Doch es geht ihnen bei all dem nicht nur um das gemeinsame Singen. Es geht darum, sich zu begegnen. „Wir wollen, dass junge und alte Menschen über die Musik zueinanderfinden, das ist ja im Grunde ein soziales Projekt“, sagt Natascha Christmann. Diese beiden Generationen seien die, die im Alltag am wenigsten Kontakt zueinander haben. „Dann sitzt man in der Tram still nebeneinander“, sagt sie, das sei doch furchtbar. „Ich wünsche mir weniger Berührungsängste.“

Um diese abzubauen, wird in den Proben nicht nur gesungen. In der Pause ist Zeit zum Quatschen, auch angeleitete Gesprächsrunden soll es geben. Außerdem wird das Projekt filmisch begleitet, ein Bericht angefertigt und anschließend ausgewertet – gemeinsam mit Hermann Voesgen, Professor für Kulturarbeit an der Fachhochschule. „Und wer weiß, vielleicht wird es ja so toll, dass wir weitermachen oder andere zu ähnlichen Projekten inspirieren“, so Leonhardt.

Einer hat bereits großes Interesse gezeigt. Sozialminister Günter Baaske (SPD) konnten sie als Schirmherren gewinnen, er will auch bei der Auftaktveranstaltung dabei sein. Vielleicht bringt der Promifaktor auch Glück für den Antrag auf Projektfördermittel, den die Organisatoren bei der Stadt stellten. Gibt es keine Fördermittel, müssen sie Spenden sammeln. Das Geld brauchen sie für Noten, Flyer, Technik. Auch ein E-Piano brauchen sie noch, denn im Waschhaus gibt es kein Klavier. Vor allem aber wollen sie Chorleiter und Korrepetitor halbwegs angemessen für deren Arbeit bezahlen können. „Wir studieren schließlich Kulturarbeit, wir wissen, dass sich das gehört“, sagt Leonhardt.

Das erste Treffen für Sänger von 14 bis 28 Jahren und ab 60 Jahren findet am kommenden Donnerstag um 17 Uhr im Waschhaus in der Schiffbauergasse statt. Die Teilnahme am Projekt ist kostenlos.

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