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Für den Überfall auf ein Juweliergeschäft in Potsdams Innenstadt droht dem Angeklagten eine Strafe von drei Jahren - mindestens.

© dpa (Archiv)

Prozess nach Juwelier-Überfall in Potsdam: Überfall gut geplant, Flucht aber nicht

Einem Mann aus Polen drohen mehr als sechs Jahre Haft. Er soll einen Potsdamer Juwelier überfallen und Schmuck für 40 000 Euro gestohlen haben.

Potsdam - Überfall wie ein Profi, Flucht wie ein Dilettant: Einem 27-jährigen Polen drohen mehr als sechs Jahre Gefängnis, weil er im April ein Juweliergeschäft in Potsdam überfallen, zwei Mitarbeiterinnen mit einer Softair-Pistole bedroht und Schmuck im Wert von rund 40 000 Euro gestohlen hatte. Der mehrfach vorbestrafte Täter konnte bereits kurze Zeit nach dem Überfall gefasst werden, weil er mit seinem Fluchtauto an einer Tankstelle anhielt, obwohl er bereits von der Polizei verfolgt wurde. Vor dem Landgericht Potsdam legte er am Mittwoch ein umfassendes Geständnis ab.

Dem Gericht schilderte Karol J., was ihn zu der Tat bewegt hatte: Im Februar 2016 war der gelernte Schlosser und Schweißer in Polen aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er wegen Einbrüchen und Diebstählen mehr als drei Jahre in Haft gesessen hatte. Da er mit der Polizei kooperiert und zur Aufklärung anderer Straftaten beigetragen hatte, hatte er nach der Entlassung laut eigener Aussage viele Feinde in seiner Heimatstadt Krakau und wollte deshalb dringend umziehen. Zudem hatte er 10 000 Euro Schulden.

Zufällig Potsdam

Recht bald fasste er den Plan, seine Geldsorgen durch einen Diebstahl in Deutschland zu beenden. Unter Vorwand besuchte er seinen in Magdeburg lebenden Bruder und entschied sich eher willkürlich für Potsdam, um dort eventuell in ein Lager oder in ein Juwelier-Geschäft einzubrechen.

„Ich hatte nur vor, einen Einbruch zu begehen, ich hatte nicht die Absicht, anderen Menschen etwas anzutun“, gab Karol J. zu Protokoll. Als er jedoch realisierte, dass ein Einbruch in die von ihm ausgekundschafteten Gebäude für ihn allein nicht zu bewerkstelligen war, entschloss er sich doch zu einem Raubüberfall. „Ich hatte nur noch den Gedanken im Kopf, dass ich dieses Geld brauchte.“

Er wartete, bis kein Kunde mehr im Juwelier-Geschäft war

Er entschied sich für ein Juwelier-Geschäft in der Brandenburger Straße: Hier hatte er zuvor genau geschaut, wo der teuerste Goldschmuck lag. Zuvor hatte er sich ein Auto, einen Schneidbrenner, Dietriche und einen sogenannten Multi-Jammer zum Stören von Alarmanlagen und Handys besorgt. Am frühen Nachmittag des 28. April stellte er sich gegenüber des Geschäftes auf die Brandenburger Straße und wartete, bis kein Kunde mehr im Laden war. Dann ging er rein.

„Als er mit hochgezogener Kapuze in den Laden kam, und hinter sich die Tür zumachte, wusste ich schon: Jetzt passiert was“, erinnerte sich eine der Mitarbeiterinnen, die den Überfall miterlebte.

Ruhig und ohne Hektik zog Karol J. seine täuschend echte Waffe, richtete sie auf eine der Mitarbeiterinnen und erklärte auf Deutsch, dass dies ein Überfall sei. Er fragte nach einem Schlüssel für die zuvor ausgekundschaftete Vitrine, doch die beiden geschockten Frauen rührten sich nicht. Daraufhin schlug er die Glastür mit einem Gummihammer selbst ein, packte den Schmuck in eine Sporttasche und floh aus dem Laden.

War die Polizei tatsächlich hinter ihm her?

So gut vorbereitet die Tat war, die Flucht war es nicht: „Ich bin einfach losgefahren und wollte so schnell wie möglich nach Krakau“, so Karol J. Auf der Autobahn kurz hinter Potsdam begann ein Polizeiauto hinter ihm herzufahren, doch er habe nicht abschätzen können, ob dies Zufall sei oder der Wagen tatsächlich hinter ihm her war. Um dies zu überprüfen, fuhr Karol J. an eine Tankstelle. Der Polizist folgte ihm, stieg aus und nahm den Flüchtenden ohne Gegenwehr fest.

Im Nachhinein bereue er seine Tat, insbesondere, dass er den beiden Frauen Angst gemacht habe, wiederholte Karol J. bei seinem Geständnis mehrmals. Auch entschuldigte er sich ausdrücklich bei einer der Mitarbeiterinnen, die als Zeugin bei der Verhandlung anwesend war.

Dies wurde von der Staatsanwaltschaft als strafmildernd gewürdigt, strafverschärfend seien jedoch das professionell geplante Vorgehen und die zahlreichen Eigentumsdelikte, die Karol J. zuvor bereits in Polen und Großbritannien begangen habe. Zudem sei nicht erkennbar, dass sich der Täter nach seiner Haftentlassung in Polen tatsächlich in einer hoffnungslosen Notlage befunden habe, da er noch Ersparnisse und die finanzielle Unterstützung seiner Familie besessen hatte. Die Staatsanwaltschaft forderte daher eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten wegen schweren Raubes. Die Verteidigung hob hingegen die umfängliche und frühe Geständigkeit des Täters sowie seine widerstandslose Festnahme hervor. Allerdings legte sich die Verteidigung nicht auf ein genaues Strafmaß fest und schlug eine leicht geringere Strafe von etwa fünf Jahren Haft vor. Das Urteil wird voraussichtlich am 13. September erfolgen. 

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