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Besenreine Übergabe. Heute um 14 Uhr wollen die Besetzer das Audimax der Universität endgültig verlassen.

© Manfred Thomas

Von Jan Kixmüller: Umzug statt Abzug

Die Besetzer verlassen nun das Audimax der Uni, wollen aber die Foyer-Räume nicht freigeben

Der Abzug der Studierenden, die neun Wochen das Audimax der Uni Potsdam besetzt gehalten haben, gestaltet sich nicht so reibungslos wie gedacht. Denn nach wie vor reden die Besetzer und die Uni-Leitung offensichtlich aneinander vorbei. Während die Besetzer angekündigt haben, nach der Freigabe des Audimax’ für ihre weitere politische Arbeit in den Foyer-Räumen unter dem Hörsaal zu verbleiben, geht die Uni-Leitung davon aus, dass auch diese Räume bis zum heutigen Freitag geräumt werden. Man erwarte eine komplette Beendigung der Besetzung zur Konstituierung des Runden Tisches. „Denn ein Runder Tisch impliziert Friedenspflicht für die Verhandlungspartner“, erklärte Universitäts-Präsidentin Sabine Kunst. Der Runde Tisch, der heute stattfinden sollte, wurde allerdings gestern Nachmittag kurzfristig von den Studierenden wieder abgesagt.

Zuvor hatte Uni-Präsidentin Kunst den PNN gesagt, dass das Verbleiben von Studierenden im Foyer ein weiteres Konfliktpotenzial berge. In einem offenen Brief an alle Uni-Mitglieder schrieb Kunst, dass es für die andauernde Besetzung nach ihrer Kenntnis keine Legitimation durch eine studentische Vollversammlung gebe. „Ich habe vor diesem Hintergrund gegenüber den Protestierenden erklärt, dass die Universitäts-Leitung die Besetzung des Audimax nicht länger toleriert“, so Kunst. Nach Rücksprache mit der Landesregierung hatte sie die Besetzer aufgefordert, das Audimax bis heute zu räumen.

Die Studierenden, die sich für bessere Studienbedingungen einsetzten, haben indes in den Foyer-Räumen des Audimax’ ihre Streikzentrale eingerichtet. Auch an Schlafmöglichkeiten wurde gedacht. Die Besetzer sprechen von Umzug, nicht von Abzug. Max Grasnick von den Protestierenden sagte den PNN, dass die Foyerräume erst einmal besetzt bleiben sollen. „Hier behindern wir auch nicht den Lehrbetrieb, was wir im Audimax übrigens auch nicht getan haben, Lehrerveranstaltungen konnten stattfinden.“ In den Foyer-Räumen soll der Protest weitergeführt, inhaltlich vertieft und ausgeweitet werden. Man wolle mit der Uni-Leitung sobald wie möglich über den Verbleib in diesen Räumen ins Gespräch kommen. Der Student verwies noch einmal darauf, dass das Angebot, die Foyerräume zu nutzen von der Uni selbst kam. Allerdings sei das Angebot dem AStA erst einen Tag vor Ablauf des Ultimatums am 20. Dezember zugefaxt worden. Die Hochschul-Leitung hingegen sagt, sie habe das Raumangebot verbunden mit der Forderung der Freigabe des Audimax’ bis zur Weihnachtspause bereits am 17. Dezember unterbreitet.

Eine Bedingung der Studierenden für die Freigabe des Audimax’ war unter anderem auch die Abschaffung von Anwesenheitspflichten für Studierende in Lehrveranstaltungen. Nachdem Uni-Präsidentin Sabine Kunst angekündigt hatte, sich in der Senatssitzung am 14. Januar mit einem entsprechenden Antrag für die Abschaffung der Anwesenheitspflicht bei Lehrveranstaltungen einzusetzen, hatten die Besetzer ihren Abzug angekündigt. Gegenüber den PNN bekräftigte Kunst ihre Haltung. „In dieser Frage gibt es keinen Dissens mit den Studierenden, auch ich bin der Meinung, dass eine reine Anwesenheitspflicht zur Beurteilung der Studienleistung nicht herangezogen werden kann.“ Die studentischen Aktivisten nehmen die Präsidentin nun beim Wort. In einem Flugblatt fordern sie alle Studierenden auf, die Anwesenheitslisten in Lehrveranstaltungen einzusammeln und vor der Senatssitzung am 14. Januar symbolisch zu verbrennen.

Die Absage des Runden Tisches begründeten der Studierendenausschuss AStA damit, dass sich in der kurzen Vorbereitungszeit keine Moderation gefunden habe. Zu lange sei offen gewesen, ob die Universität die Kosten übernehme, wozu sie sich nun bereit erklärt habe. Der Start des Runden Tisches sei nun auf 22. Januar verschoben worden. Thema soll dann „Qualität der Lehre – Was ist eine gute Lehrveranstaltung“ sein. Geplant sind laut Uni vorerst sechs bis acht Zusammenkünfte. Der Runde Tisch werde paritätisch mit Vertretern der Studierenden und der Lehrenden besetzt. Für den Diskurs der Parteien wurde als Mediator Prof. Erhard Stölting gewonnen, der von 1994 bis 2007 Soziologie an der Universität Potsdam lehrte. Die zusätzliche Moderation sei von den Studierenden verlangt worden. Bis zum Ende des Wintersemesters sollen konkrete Ergebnisse vorliegen. Auch wurde von der Uni-Leitung ein Blog im Intranet der Universität eingerichtet. Hier sollen die Protokolle der Sitzungen des Runden Tisches zu finden sein. Der Blog biete zudem allen Universitätsangehörigen die Gelegenheit, sich konstruktiv in die Diskussion und die Problemlösung einzubringen.

Die CDU-nahe Studentenliste RCDS hat indes die anstehende Freigabe des Audimax’ begrüßt. „Es ist sehr erfreulich, dass den Studenten nun wieder der größte Hörsaal der Uni zur Verfügung steht und der reguläre Lehrbetrieb wieder aufgenommen werden kann“, sagte Lucas Müller, Vorsitzender des RCDS Potsdam. Er kritisierte, dass der wochenlange Belagerungszustand die kostspielige Ausweichlösung eines Zeltes am Neuen Palais nötig gemacht habe. Die Uni-Leitung solle auch prüfen, ob Schäden an der Einrichtung entstanden. „Aufgrund der eindeutig uneinsichtigen Haltung der Besetzer sollte die Uni-Leitung auch keine Kompromisse hinsichtlich der Bereitstellung von weiteren Räumen eingehen“, so der RCDS.

Bundesweit gehen die Streikaktionen von Studierenden weiter. An der FU-Berlin und der Uni-Trier sind noch Hörsäle besetzt. Das Aktionsbündnis Bildungsstreik kündigt weitere Proteste an. Am 30. Januar soll es eine „bundesweite Demonstration“ in Frankfurt/Main geben. Anfang Juni ist ein europäischer Bildungskongress an der Uni-Bochum geplant.

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