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Die Bewohnerinnen und Bewohner der Siefertstraße müssen Reparaturen in der Regel selbst bezahlen, die Verwaltung reagiert nicht.

© Birka Pannicke/Birka Pannicke

Vermieter nicht erreichbar: Hilferuf aus der Potsdamer Siefertstraße

Bröckelnde Schornsteine, kaputte Heizungen, marode Fassade: Das Haus in der Siefertstraße 5 - 8 hat viele Reparaturen nötig, doch die Hausverwaltung reagiert nicht, und das schon seit Monaten.

Roman Lindebaum öffnet die Tür zum Dachboden und zeigt auf den Schornstein unter dem Dachgestühl: „Da bröselt es schon länger.“ Über den gesamten Schornstein zieht sich ein Wasserschaden, schwarze Rußstreifen sind aus dem Mauerwerk gewaschen worden. Auch in einige der Dachbalken ist Nässe eingezogen. „Es gab zwar mal eine Begehung, aber passiert ist danach nichts“, sagt Lindebaum.

Er und die anderen Bewohnerinnen und Bewohner der Siefertstraße 5 - 8 sind ratlos und frustriert, denn die Besitzerin des Hauses, die Hedera Bauwert GmbH aus Berlin, ist praktisch nicht erreichbar. Auf Beschwerden werde nicht reagiert und Reparaturen nicht durchgeführt, so Lindebaum, Familien blieben bei Minusgraden auf defekten Heizungen sitzen. Meist bleibe ihnen nur übrig, die Reparaturen aus eigener Tasche zu bezahlen.

Selbst die Anwälte bekommen keine Antwort.

Bewohner Roman Lindebaum beklagt die vielen offenen Reparaturen im Haus.

„An die kommen wir gar nicht mehr ran“, sagt Mieter Bernd Meyer, der seit 1988 hier wohnt. Drei Parteien haben bereits ihre Anwälte eingeschaltet, um Hedera Bauwert dazu zu bewegen, die Kosten für die Reparaturen zu übernehmen. „Aber selbst die Anwälte bekommen keine Antwort“, sagt Lindebaum. Angesichts ihrer Notlage hat sich die Hausgemeinschaft mit einem Hilferuf an die Stadt gewandt und darum gebeten, die nötigen Reparaturen per Ersatzvornahme durchzuführen und Hedera Bauwert in Rechnung zu stellen.

Mängel gibt es in fast jeder der 15 Wohnungen: Marode Fenster, ein kaputter Badeofen, ein tropfendes Toilettenrohr, korrodierte Wasserleitungen, kaputte Heizungen. „70er Jahre-Heizkessel laut Inspektion aus Perspektive der Sicherheit nicht mehr zulässig – keine Reaktionen vom Vermieter“, heißt es in einer zwei Seiten langen Mängelliste für beide Aufgänge.

„Viele Firmen, die früher Dienstleistungen im Haus gemacht haben, haben damit aufgehört, weil sie nicht von der Hedera Bauwert GmbH bezahlt wurden“, sagt Lindebaum. „Ich hatte eine Havarie an der Gastherme und habe bei der Verwaltung niemanden erreicht“, sagt eine Mieterin, die ihren Namen nicht nennen möchte. Auch sie musste in Vorleistung gehen.

Umstrittener Besitzer

Die Hausgemeinschaft schaut mit Sorge in die Zukunft: Viele befürchten, dass sie aus ihrem Heim vertrieben werden könnten. Welche Pläne Hedera Bauwert mit der Immobilie hat, ist unklar.

Das Haus hat eine Reihe von Besitzerwechseln hinter sich: In den 90er-Jahren gehörte es der Gewoba, die auch die letzten größeren Sanierungen durchführte. 2001 wurde es dann an Semmelhaack verkauft, 2012 an die Cecilienberg Properties GmbH, danach an die C&L Ludwig Immobilienverwaltungsgesellschaft, 2022 an Hedera Bauwert. Seitdem habe sich die Kommunikation mit der Hausverwaltung massiv verschlechtert, so Lindebaum.

Chef von Hedera Bauwert ist der umstrittene Immobilienunternehmer Ioannis Moraitis, der unter anderem durch die Proteste gegen die Kündigung des Berliner Gemüsehändlers Bizim Bakkal Bekanntheit erlangte. Gemeinsam mit dem Oberlinhaus entwickelt Hedera Bauwert aktuell die ins Stocken geratene Erweiterung des Oberlin-Campus‘ in der Glasmeisterstraße.

Die PNN konfrontierten Moraitis mit den Vorwürfen, doch dieser möchte sich zu dem Sachverhalt nicht öffentlich äußern.

Stadt springt nicht ein

Mittlerweile hat sich die Stadtpolitik eingeschaltet: Der SPD-Stadtverordnete Tiemo Reimann setzt sich ebenfalls für eine Ersatzvornahme durch die Stadt ein. „Es gibt hier gravierende Schäden, denen der Vermieter nicht nachkommt“, sagt Reimann. „Das ist ein Zustand, den man nicht einfach so hinnehmen kann, hier leben Kleinkinder und Über-80-Jährige.“

Doch die Stadt sieht keine Möglichkeit für eine Ersatzvornahme: „Um hier eingreifen zu können, fehlt uns die Rechtsgrundlage“, sagt Stadtsprecher Markus Klier auf Nachfrage der PNN. Die Bauaufsichtsbehörde könne nur handeln, wenn baurechtswidrige Zustände festzustellen wären, die eine Fortsetzung der Wohnnutzung nicht vertretbar erscheinen ließen: „Das würde zutreffen, wenn eine Wohnung dauerhaft nicht beheizbar wäre oder auf unabsehbare Zeit kein fließendes Wasser bereitstünde“, so Klier. Hierzu lägen der Stadt jedoch „keine konkreten und belastbaren Informationen“ vor. 

Die Stadt empfiehlt der Hausgemeinschaft stattdessen, sich an den Mieterverbund Brandenburg oder den Mieterverein Potsdam zu wenden. Reimann irritiert das: „Ich sehe keinen Grund, warum hier keine Ersatzvornahme durchgeführt getan werden sollte“, sagt er. „Die Grundversorgung ist nicht mehr sichergestellt.“ Lindebaum weist zudem auf Brandgefahren hin: „Die Schornsteine wurden schon lange nicht gewartet, Abgaskontrollen finden auch nicht statt.“ Bis es zu einer Havarie komme, sei es nur eine Frage der Zeit.

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