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Landeshauptstadt: Villa-Jacobs-Areal im Wartestand

Stadtwanderung: Entwicklungspotenzial am Jungfernsee noch ungenutzt

Stadtwanderung: Entwicklungspotenzial am Jungfernsee noch ungenutzt Von Hella Dittfeld und Günter Schenke Nauener Vorstadt. Das Gelände der ehemaligen Villa Jacobs ist immer noch nicht verkauft. Der Vertrag zwischen der Stadt und dem Springer-Vorstand Mathias Döpfner, der den im Jahre 1981 abgerissenen Persius-Bau originalgetreu wieder errichten will, ist bisher nicht zustande gekommen. „Wir stehen noch in Verhandlungen“, sagt Potsdams Beigeordnete für Stadtentwicklung und Bauen, Elke von Kuick-Frenz. Die Stadtverordnetenversammlung hatte im Sommer 2003 grünes Licht für den Verkauf gegeben; der Vertrag hätte demnach schon lange unter Dach und Fach sein können. Der dortige Kleingartenverein „Am Jungfernsee“ rechnete bereits zum Ende der Vegetationsperiode 2003 damit, dass er die 21 Parzellen räumen muss. Die Entschädigungssumme dürfte sich insgesamt auf etwa eine viertel Million Euro belaufen. Ob der neue Eigentümer dafür aufkommen will oder muss, scheint indes noch ungeklärt zu sein. Als sich am Sonnabend eine interessierte Schar von über 40 Teilnehmern zu einer geführten Wanderung in die Bertinistraße aufmachte, um sich über Geschichte und Gegenwart der dortigen Villen zu informieren, da war von Aufbruchstimmung in der Kleingartensparte an der Villa Jacobs tatsächlich noch nichts zu spüren. Eine weiße Schneedecke kündete von Winterruhe und verhüllte auch den „Steinbruch“, der nach dem Abriss der Villa Jacobs zu DDR-Zeiten übrig geblieben ist. Die pensionierte Lehrerin Helga Renner konnte nur noch an den Fuß des Turmes der einst so schönen und mit buntem Leben erfüllten Bauwerkes im florentinischen Stil führen. In der Villa, die damals im intensiv bewachten Grenzgebiet zu Westberlin lag, hatte sich ein desertierter Rotarmist versteckt und sich durch Schüsse seiner Festnahme widersetzt. Das war Grund genug die 1835 durch Ludwig Persius für den Zuckerfabrikanten Friedrich Otto Jacobs erbaute Villa abzureißen. Stehen geblieben sind lediglich noch Wirtschaftsgebäude. Mit dem fröhlichen Treiben in dieser Ecke, war es allerdings schon länger vorbei. Ende des 18. Jahrhunderts hatte der Jacobsvorgänger, Sekretär eines königlichen Kammerherrn Giovanni Alberto Bertini, der auch Namensgeber der Straße ist, dort ein Café und einen Bierausschank eingerichtet und für 1200 Reichstaler Sportstätten ausgebaut. Die gesamte vornehme Potsdamer Gesellschaft pilgerte zu Bertini und ließ es sich am Ufer des Jungfernsees wohl sein. Auch Jacobs, der das Grundstück 1834 erwarb, führte ein offenes Haus und hatte nicht nur Friedrich Wilhelm IV. öfter zu Gast, sondern auch geistige Koryphäen Berlins. Darüber und über die anderen Villen, zum Beispiel die Gutmann-Villa, die zwar inzwischen gesichert ist, aber immer noch zum Verkauf steht, wusste Helga Renner gut informiert zu plaudern. Der Mitbegründer der Dresdner Bank, der jüdische Bankier Eugen Gutmann, war übrigens auch ein Freund der Geselligkeit und führte sogar eine Armenküche, die bis zu hundert Personen täglich versorgte. Zu haben ist auch immer noch die Villa Hagen, die wie alle ungenutzten Gebäude weiter verfällt. Baugeschehen soll es dagegen auf dem Grundstück der Stark-Villa geben, deren riesiges Grundstück an die Höhenstraße grenzt. Dort sei der Bau von Stadtvillen geplant, nachdem das Areal 2003 von den Erben verkauft werden konnte. Fast alle der alten Villengrundstücke reichten bis ans Wasser, und so zeigte sich Helga Renner zuversichtlich, dass mit Neuerschließung des Stark-Grundstückes auch die Mauer, hinter der einst die DDR-Grenzer ihre Boote vertäut hatten und hinter der sich jetzt die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft niedergelassen hat, verschwindet. Denn vor dem Krieg habe sich dort ein wunderschöner Rosengarten befunden. Auch an der Villa der Familie Mendelssohn-Bartholdy am Anfang der Bertini-Straße tut sich etwas. Die Familie hat sie nach der Enteignung durch die Nationalsozialisten zurückübertragen bekommen und im Vorjahr mit der Restaurierung begonnen. Als mahnendes Gedenken bleibt sicher der Betonklotz erhalten, an dem ein Stahlseil quer über den See gespannt und als Schiffssperre hochgezogen werden konnte, um Republikflucht über das Wasser zu verhindern. In neuem Glanz präsentieren sich vorerst nur der Ulmenhof und die Meierei im Neuen Garten, die als Brauhaus nun die an den Seegestaden pilgernden Hungrigen und Durstigen aufnimmt. Hier hatte die Wanderung begonnen und gezeigt, was entstehen kann, wenn Zeit, vor allem aber viel Geld dem Verfall Einhalt gebieten kann. Die Verhandlungen um den Verkauf des Geländes der Villa Jacobs dürften durch eine Mitteilung des Software–Unternehmers und SAP-Mitbegründers Hasso Plattner einen Schub bekommen haben. Plattner will sich nämlich in der Nachbarschaft auf eigenem Grund und Boden ein Privathaus bauen. Frühestens im Herbst könnte Baubeginn sein - vielleicht zusammen mit dem der Villa Jacobs. „Die Kleingärtner können sich auf noch eine Vegetationsperiode einstellen“, meint Elke von Kuick-Frenz.

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