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Aus dem GERICHTSSAAL: Vom Ex-Freund verfolgt und bedroht

Prozess um massives Stalking am Potsdamer Amtsgericht. Mutmaßlicher Täter bestreitet alles

Er lauerte ihr trotz gerichtlichen Kontaktverbots fast täglich auf, bedrohte sie und schwor dann doch wieder die ewige Liebe: So beschrieb die 32 Jahre alte Potsdamerin Wiebke S. (*Namen alle geändert) am Dienstag im Potsdamer Amtsgericht das massive Stalking durch ihren Ex-Freund. Die psychischen Belastung scheint noch immer groß – sie weinte bei ihrer Aussage. Schon einmal musste sie die Zeit schildern, wegen deren Folgen sie noch heute psychologisch behandelt wird. Doch der erste Prozess gegen ihren früheren Lebensgefährten Amir M. war wie berichtet im vergangenen November geplatzt, er wird jetzt neu aufgerollt.

Neben Stalking werden dem 35 Jahre alten Angeklagten auch Körperverletzung und Brandstiftung vorgeworfen – vor einem Jahr soll er den Chevrolet des neuen Freundes von Wiebke S. angezündet haben. Der erste Prozess war abgeblasen worden, nachdem der Imbissverkäufer nach eigenem Bekunden in seiner iranischen Heimat wegen Verweigerung des Wehrdienstes festgenommen worden war und erst jetzt wieder freikam. Die Vorwürfe seiner Ex-Freundin, mit der er ein gemeinsames, jetzt sieben Jahre altes Kind hat, bestritt er am Dienstag. So habe er niemals gesagt, er wolle den neuen Lebensgefährten von Wiebke S. umbringen, erklärte der Iraner, der schon seit mehr als 15 Jahren in Deutschland lebt. Vielmehr seien die Behauptungen erfunden, seine frühere Freundin auch nicht psychisch krank und ohnehin alles „nur gespieltes Theater“. Sie hingegen berichtete über die frühere Beziehung, dass diese von der Eifersucht und dem Jähzorn des Ex-Freundes sowie von strengen islamischen Regeln geprägt gewesen sei. Schon damals habe sie unter dem Druck und immer häufiger auch unter Angstzuständen gelitten, wegen derer sie kurze Zeit sogar in die Psychiatrie musste und monatelang arbeitsunfähig war. Zu konkreten Anklagepunkten – etwa einem mutmaßlichen Wutausbruch im Krankenhaus, in dem Wiebke S. arbeitet – äußerte sich Amir M. meist ausweichend: „Ich kann mich daran nicht erinnern.“ Das komme auch daher, dass er nach der Trennung häufig betrunken gewesen sei.

An manchen Tagen soll er mehrfach, trotz einer gerichtlichen Kontaktsperre, seine frühere Freundin angesprochen haben, ihr auch mit Selbstmord gedroht haben, wie sie schilderte. Er sagte zu den häufigen Kontakten: „Potsdam ist eben klein, natürlich sieht man sich da.“ Zudem sei es ihm immer nur um sein Kind gegangen. Auch eine Einwilligung in das Kontaktverbot bestritt er – die Unterschrift auf dem Papier sei nicht seine, ließ Amir S. im Gerichtssaal von seinem Übersetzer erklären. Ohnehin fühle er sich auch vom Gericht diskriminiert, weil er nicht ausreden dürfe, sagte Amir S. – eine Aussage, die Richterin Constanze Rammoser-Bode von sich wies. Ebenso beschwerte sich Amir S., seine Ex-Freundin und ihr Mann sollten aufhören, ihn zu provozieren. Sie hätte „böse“ über ihn gelacht. Daraufhin gab der Staatsanwalt zurück: „Lachen ist keine Straftat.“

Der Prozess soll am Donnerstag fortgesetzt werden, ob dann schon ein Urteil gesprochen werden kann, ist allerdings ungewiss. Wie Freunde von Wiebke S. am Rande der Verhandlung sagten, habe sie heute noch große Bedenken, ihr Kind allein zu lassen – aus Sorge, Amir S. könnte es entführen. Henri Kramer

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