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Landeshauptstadt: Wo die Sonne im Weinglas untergeht

Themen geheim: Platzeck lud Kanzler Schröder zum „privaten Abendessen“ ins Kleine Schloss

Themen geheim: Platzeck lud Kanzler Schröder zum „privaten Abendessen“ ins Kleine Schloss Babelsberg - Die drei Geherinnen schauen, als trauten sie ihren Augen nicht recht: Wer rechnet schon beim abendlichen Fitnesslauf durch den Babelsberger Park mit einer Begegnung mit dem Bundeskanzler? Doch es ist tatsächlich Gerhard Schröder, der da im dunkelblauen Anzug auf dem Rasen vor dem Kleinen Schloss steht, gemeinsam mit Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck und dessen Lebensgefährtin Jeanette Jesorka den Sonnenuntergang über dem Tiefen See bestaunt und den sportlichen Frauen noch launig zuruft: „Sie sollen rennen und nicht spazieren gehen!“ Auch der Kanzler war zuvor gegangen, ließ sich in seiner Limousine nicht bis vors Kleine Schloss chauffieren. Als der Ministerpräsident Hand in Hand mit seiner Lebensgefährtin auf ihn zueilt, wehen Wortfetzen hinüber: Das sehe er gern, es sei eben Frühling – so oder ähnlich sagt es Schröder. Und muss seinen Blick sogleich aufs gegenüberliegende Ufer richten: Gleich dort, wo jetzt das neue Theater wächst, ist Platzeck aufgewachsen. Das wolle er dem Kanzler zeigen, hatte der Ministerpräsident vorher gesagt. Als Kind sei er zum Kleinen Schloss noch hinüber gerudert, schon damals war es ein Lokal. Den Bootsanleger gibt es heute nicht mehr, dafür „den wohl schönsten Platz in Potsdam“: Einen Tisch im Turmzimmer, durch dessen Fenster „die Sonne direkt im Weinglas untergeht“. Und für welche Gesprächsthemen ist solch stimmungsvolles Ambiente nötig? Darüber schweigen Platzeck und Schröder – so einhellig, wie ihre Meinung zum China-Waffenembargo dieselbe zu sein schien. Man treffe sich zum „privaten Abendessen“, das ist die offizielle Sprachregelung. Andere Gäste jedenfalls können den Kanzler und den Ministerpräsidenten an diesem Abend nicht stören: Offiziell haben Arndt Gilka-Bötzow und seine Frau Claudia, die das Kleine Schloss betreiben, montags Ruhetag. An diesem Abend wird dennoch gearbeitet. Bauernravioli mit Spinat als Vorspeise, Lammschulter oder Rinderroulade als Hauptgericht und als Dessert hausgebackene Engadiner Nusstorte wird die gebürtige Schweizerin Claudia Gilka-Bötzow zubereiten, dazu ein Bruno Rocca Barbaresco Jahrgang 1995 aus dem Piemont – laut Arndt Gilka-Bötzow ein „dichter“ Wein „mit Tabak und Holz“ im Geschmack. Für schwere Themen? Sicher ist nur eines: Worüber die drei sportlichen Damen reden, wenn sie nach Hause kommen. Sabine Schicketanz

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